schwatzgelb.de: Wenn wir über Training und seine Philosophie sprechen: Warum sind holländische Trainer Ihrer Meinung nach solch ein Exportschlager?
BvM: Ich glaube, das ist Zufall. Es gibt ja immer Wellenbewegungen. Ich habe ja auch lange vor der WM gesagt, dass Deutschland auch spielerisch eine sehr gute Mannschaft hat. Da bin ich ausgelacht worden. Aber die Viererkette brauchte ihre Ruhe. Und es gibt Ballack, Frings, Schweinsteiger, Podolski und Klose, und da vergesse ich sicher noch ein paar. Das sind gute, kreative Spieler. Das ist im Moment so. Vielleicht ist das bei den Trainern genau dasselbe.
Ich weiß nicht, ob vor zehn Jahren auch so viele holländische Trainer im Ausland waren. Im Moment ist es auffällig, dass so ein kleines Land so viele Trainer im Ausland hat. Ich habe darüber aber noch nie nachgedacht. Ich weiß nur, dass die Trainerausbildung in Holland sehr lange dauert. Da gab es früher viele Proteste, dass die viel zu ernst war. Aber alle sehen nun, dass die Ausbildung sehr gut ist. Vielleicht sind wir Holländer auch etwas frecher und arroganter. Johan Cruyff sagt immer, dass Arroganz sehr positiv sein kann. Aber Arroganz kann auch negativ sein. Positive Arroganz muss bedeuten: Wir stehen hier und wir machen das jetzt. Holländer haben oft die Meinung: „Wir wissen alles besser.“ Man muss aber auch etwas stur sein und seinen eigenen Weg gehen, dabei aber trotzdem auch gut zuhören.
Früher dachte ich, dass ich alles am besten wüsste. Keiner wusste es besser als ich. Ich habe aber gelernt, zuzuhören. Trotzdem gehe ich meinen Weg. Wenn mich dann unterwegs einer nach Hause schickt, dann ist mir das egal. Wenn man nicht zufrieden mit mir ist, dann gehe ich. Aber auf meine Weise.
schwatzgelb.de: Bei Degen hatten wir immer das Gefühl, Sie seien oft so sauer auf ihn, weil Sie wissen, dass er mehr kann, es aber nicht zeigt.BvM: Das hast du sehr gut gesagt.
schwatzgelb.de: Im Moment sind eher die Spieler im Fokus der Fans. Man fragt sich, warum die nicht laufen. Der Trainer wird ihnen das kaum verboten haben.BvM: Wenn du als Spieler völliger „Besitz“ des Publikums bist und jeden Tag solche Sachen liest, dann wirst du nicht besser. Wenn dann irgendwas passiert, dann fühlst du das in deinen Beinen. Dann willst du, aber es geht nicht. Ich kenne Kollegen, deren Frauen nicht mehr aus dem Haus gehen wollen, weil alle über den Mann schimpfen. Ich kenne Kinder, die in der Schule beschimpft wurden, weil der Vater Trainer oder Spieler ist. Man darf das nicht unterschätzen. Ich will nichts schönreden. Aber dass eine Mannschaft ein bisschen verunsichert ist, das ist völlig normal. Mich hat eigentlich gewundert, dass wir in Nürnberg eine für diese Situation sehr gute Leistung gebracht haben. Unter solchen Umständen kann man nicht von jetzt auf gleich umschalten. Wir haben viele junge Spieler, die alle sehr gut spielen können. Aber auf deren Schultern lastet schon so viel Verantwortung.