Mal von der Taktik und den Stärken/Schwächen abgesehen, hängt die individuelle Defensivleistung eines Spielers an zwei Faktoren: Fitness und Willen. Gündogan war letzte Saison nach der langen Pause definitiv nicht fit, konnte er gar nicht sein und man hat es auch gesehen. So erging es ja auch Bayern in Barcelona. Man hatte vier zentrale Mittelfeldspieler, alle gesund, aber aus unterschiedlichen Gründen nicht (mehr) fit: Alonso, Lahm, Schweinsteiger, Thiago. Barca konnte immer wieder recht ungehindert durchs Mittelfeld kombinieren. Wenn die Fitness fehlt, fehlt das Timing, fehlt das Vertrauen in den eigenen Körper, fehlt der Mut im Zweikampf und fehlt die Luft, die paar Meter extra zu gehen.
Was den Willen angeht, da habe ich bei Gündogan auch den Eindruck, dass ihm die letzten paar Prozent in der Defensivleistung fehlen. Ob xEr recht damit hat, dass er im Kopf schon woanders ist, kann ich nicht beurteilen, wäre aber möglich. Defensivarbeit tut weh und wenn ein Offensivspieler stark defensiv mitarbeitet, ist er beim Gegenangriff erst mal nicht in Offensivposition und muss erst mal einen Zusatzsprint einlegen. Das war eines der großen Verdienste von Heynckes, dass er aus 2011/2012 gelernt hatte und denjenigen, die nicht mitarbeiten, mit der Tribüne gedroht hat. Es geht dabei ja nicht um wilde Grätschen. Manchmal helfen ein paar Schritte nach hinten, um den Kollegen zu unterstützen oder einen Passweg zu zu machen. Mir fällt das im Moment bei Thiago auf, dass er sehr schnell auf Defensive umschaltet und voll mitmacht. Vorher hatte er eher mal das Kroos- oder Özilsyndrom, nach Ballverlust auszutraben und dann stehen zu bleiben.