Der FC Bayern hat seine Saison tatsächlich mit drei Titeln gekrönt. Das Einzige, was dem neutralen Zuschaue noch bleibt, ist eine sanfte Verneigung.
Selbst wenn man das Wort »Triple« einfach nicht mehr hören kann. Selbst wenn man beim Erklingen des »Super-Bayern«-Gesangs Würgereflexe unterdrücken muss. Selbst wenn man diesen »Mia san mia«-Unsinn nicht mehr ertragen möchte. All die Rekorde, das Grinsen von Schweinsteiger, Müller und Co., den feixenden Tymoshchuk, den Reden schwingenden Rummenigge – den ganzen FC-Bayern-Party-Kram eben. Selbst dann ist man dem FC Bayern in dieser Saison zu Dank verpflichtet.
Denn wie oft mussten wir uns Papas Geschichten über die legendäre Fohlenelf aus Gladbach anhören? Wie oft erzählte uns Opa von den Wunder-Bayern der Siebziger? Und haben wir nicht schon alle Lobgesänge auf den HSV der frühen Achtziger gehört, wiedergegeben und geglaubt. Ja, das alles waren wunderbare Fußballmannschaften. Sie haben Stile geprägt, Wunder vollbracht und die Bundesliga mit zu dem gemacht, was sie heute ist: eine Unterhaltungsmaschine.
Netzer, Hrubesch, Roth
Doch all diese Mannschaften vereint eine Sache: Ein Großteil der heutigen Fangeneration hat sie niemals spielen sehen. Und so haben wir jahrelang darauf vertraut, dass unsere Eltern und Verwandten, die da von früher sprachen, von Netzer, Bulle Roth und Horst Hrubesch, auch die Wahrheit erzählten. Mit glänzenden Augen berichteten sie von Dingen, von denen wir sowieso keine Ahnung zu haben schienen. Der schlichten Schönheit einer überragenden Mannschaft, auf die sich alle einigen konnten.
Das ist jetzt vorbei, denn mit dem FC Bayern der Saison 2012/13 hat auch die Fußballgeneration Y endlich ein Vorbild. Und so werden wir später im Schaukelstuhl lehnen, Pfeife schmauchend die Füße in Richtung Kamin strecken und unseren Enkeln von der Unberechenbarkeit eines Thomas Müller erzählen. Von der Feldherrenbrust Bastian Schweinsteigers, den Zirkuspferden Robben und Ribery. Und von Philipp Lahm, der maschinenartig ein Weltklassespiel nach dem anderen abriss. Von Javi Martinez, den wir anfangs für überteuert hielten und heute für das Doppelte holen würden. Von Manuel Neuer, dem Torwart mit den tausend Händen. Von Dantes Haaren. Von Mandzukics Eisengesicht. Vom tanzenden Jupp Heynckes. Vom Reden schwingenden Rummenigge und wahrscheinlich sogar auch vom feixenden Tymoshchuk.
Denn dieser FC Bayern steht verdient an der Spitze des europäischen Fußballs. Selten hat eine Mannschaft eine Saison so dominiert und dabei in weiten Teilen auch noch wunderschönen Fußball gespielt. Alles war in Bewegung, alles im Fluss – dieser Eindruck überdauert Jahrzehnte, wahrscheinlich sogar uns selbst.
Und selbst wenn man diese ganzen verdammten Lobeshymnen auf den FC Bayern einfach nicht mehr lesen möchte. Selbst wenn man den Verein aus tiefstem Herzen verabscheut. Selbst dann muss man sich im stillen Kämmerlein kurz verneigen und sagen: Danke für diese Saison, FC Bayern München!