hier mal ein kleiner Bericht über die "tolle" Nachwuchsarbeit des FC Bayern, ich stelle das mal hier rein, vielleicht interessiert es den ein oder anderen...
Die Basis bröckelt
Jahrelang schmückte man sich beim Junior-Team des FC Bayern mit den Erfolgen der ersten Jahre dieses Jahrtausends. Vier Deutsche Meisterschaften im Nachwuchsbereich von 2001 bis 2004 waren Beleg für forcierte Jugendarbeit beim Rekordmeister. Aber nicht nur Meisterschaften zählen. Wichtiger für den Verein war, dass auch junge Talente wie Hargreaves, Schweinsteiger, Rensing und Guerrero den Weg aus der Jugend bzw. den Amateuren nach oben nahmen und dort zu Leistungsträgern wurden.
In den letzten beiden Jahren setzte aber eine schleichende Entwicklung ein, die jetzt erst ihre Auswirkungen so richtig erkennen lässt. Der Jungbrunnen versiegt. Ganz unmerklich schlichen sich die Nachwuchsteams des Lokalrivalen TSV 1860 an die Rivalen von der Säbener Strasse heran. In dieser Saison nun setzt der Löwe zum Sprung an und vernascht die Bazis.
Die Meistermannschaft des FC Bayern, die 2004 Deutscher Meister der A-Junioren wurde, war der letzte starke Jahrgang. Darunter hatten die Löwen schon überall die Nase vorn, gewannen die Lokalderbies und standen in den Abschlusstabellen der Nachwuchsligen teilweise deutlich vor dem Lokalrivalen. Im letzten Jahr wurden dann die A-Junioren klar abgehängt und der Vorsprung durch ein deftiges und leistungsgerechtes 4:1 im Stadtduell am vergangenen Sonntag klar untermauert.
Auch die letzte Bastion des Junior-Teams, der lokale Führungsanspruch in der Regionalliga Süd, wurde von den Löwen am letzten Samstag genommen. Erstmals seit langen Jahren liegen die Löwen nun auch in dieser Liga vor dem ungeliebten Nachbarn. Und es deutet nichts darauf hin, dass sich dies kurzfristig ändern wird. Beeindruckend vor allem, wie sich die jungen Löwen in allen Spielklassen mit erfrischendem Offensiv-Fußball und behender Spielfreude an die Spitzen der Ligen spielten im Gegensatz zum behäbigen Breitwand-Fußball der Bayern mit langen Verzweiflungspässen auf die Stürmer.
Bei Bayern begegnet man dieser Entwicklung mit dem gebetsmühlenartigen Hinweis, dass nicht die Platzierungen in der Meisterschaft zählen, sondern das Junior-Team vor allem daran gemessen werde, Spieler aus dem eigenen Nachwuchs nach oben zu den Profis zu bringen. Doch auch hier versiegt die Quelle langsam. Zwar wurde im Sommer Andreas Ottl mit einem Profivertrag ausgestattet. Wer ihn über die letzten beiden Jahre regelmäßig bei den Amateuren gesehen hat, musste sich über diese Beförderung schon ein wenig wundern. Er soll aber wohl mehr die vorgeschriebene Quote von deutschen Spielern im Kader unterstützen, die man mit den Lizenzverträgen für die beiden Torhüter Schlösser und Dreher nur mühevoll erfüllte. Ottl besetzt zudem die Rolle als Feigenblatt für erfolgreiche Jugendarbeit und einziger geborener Münchner im Profi-Team.
Künftig sieht es weniger zukunftsorientiert aus. Waren die Bayern in der letztjährigen U20-Nationalmannschaft noch mit vier Spielern aus der eigenen Jugend vertreten (Mauersberger, Ottl, Stegmayer und Thomik), ist im aktuellen Kader der DFB-U20 kein Spieler der Bayern-Jugend mehr vertreten. Zwar findet man dort Florian Müller vom FC Bayern II, doch kommt der nicht aus der Bayern-Jugend. Er wurde zum Saisonbeginn von Union Berlin geholt. Und beim Lokalderby am letzten Sonntag zeigte kein Spieler der U19 des FC Bayern, dass er in der nächsten Saison ein Kandidat für Hermann Gerlands Regionalliga-Team werden könnte.
Bei den U19-Junioren hat man durchaus Talente, doch kommen diese nicht aus der eigenen Jugend, sondern wurden gerade erst von außerhalb geholt. Der hochtalentierte Stefano Celozzi kam zum Saisonbeginn gemeinsam mit Stürmer Deniz Yilmaz aus Ulm, Daniel Sikorski aus St. Pölten in Österreich. Um mit Toni Kroos einen sehr talentierten 15-jährigen aus Rostock zu verpflichten, muss sogar Uli Hoeness persönlich in die Verhandlungen eingreifen und ein Freundschaftsspiel der Profis im Ostseestadion zugestehen.
Ist das eventuell Ausdruck von perspektivischen Versäumnissen innerhalb des Junior-Teams und der Schnittstelle zu den Profis? Einige Punkte geben hier Anlass zu Bedenken:
Mangelnde Planung für das Regionalliga-Team
Für Kenner des Nachwuchs-Fußballs war schon länger erkennbar, dass vor allem im Angriff eine große Problemzone besteht. Borut Semler war mit gerade einmal 8 Toren in 30 Spielen erfolgreichster Torschütze noch vor Guerrero, der aber nicht mehr zur Verfügung steht. Mit Kilicaslan, Atak und Thomik haben zudem drei Angreifer den Verein verlassen. Das war absehbar, nicht aber die schwere Verletzung von Semler, der damit bis zum Beginn der Rückrunde ausfallen wird. Allerdings kam diese zu einem Zeitpunkt in der letzten Saison, der noch viel Zeit für die Suche nach passendem Ersatz bot. Als einziger Neuzugang für die neue Saison wurde lange Zeit Daniel Sikorski präsentiert. Erst spät merkte man, dass dies wohl doch etwas wenig für die Regionalliga sein könnte und begab sich auf hektische Stürmersuche. Fündig wurde man schließlich in der 4. Liga Österreichs und verpflichtete kurz vor Saisonbeginn Stefan Maierhofer. War der Angriff mit diesen beiden und dem lt. Werner Kern ewigen ‚schlampigen Genie’ José Ortiz nicht gerade üppig besetzt, herrscht jetzt der blanke Notstand. Maierhofer fällt verletzungsbedingt rund 2 Monate aus. Ortiz war schon immer verletzungsanfällig und stand auch nicht in allen Spielen zur Verfügung. Zuletzt im Spitzenspiel bei Darmstadt 98 wurde mit dem 17jährigen Sikorski gerade mal noch ein Stürmer aufgeboten. Der war auf diesem Niveau leider hoffnungslos überfordert. Nur darf Hermann Gerland es sich nicht zu leicht machen, wenn er seit Saisonbeginn die schwachen Angriffsleistungen bemängelt. In Zusammenarbeit mit Werner Kern hat er es selbst versäumt, hier rechzeitig Verstärkung zu holen. Auf einen Mann von außen war man angewiesen, weil in der eigenen U19 kein erfolgversprechender Stürmer zu finden war.
Keine Perspektive zu Magaths Profis
Ein Grund, warum man sich so schwer tut, talentierte Spieler zu holen, könnte die neuerdings wieder mangelnde Perspektive nach oben sein. Felix Magath eilte aus Stuttgart zwar der Ruf voraus, den Nachwuchs zu fördern. Das schien aber eher aus finanzieller Not geboren. In München wurde in der letzten Saison bis auf eine Ausnahme (Ottl durfte einen Tag aus Personalmangel bei Magath trainieren) kein Amateur oder A-Junior zum gemeinsamen Training mit den Profis gerufen. Magath begründete dies immer mit dem zu großen Kader. Wie gering sein Interesse am eigenen Nachwuchs tatsächlich ist, zeigen nicht nur seine extrem wenigen Besuche bei den Spielen der Amateure im Grünwalder Stadion. Dort wurde selbst Hitzfeld häufiger gesichtet. Als er jüngst bei einem Pressetermin nach Michael Stegmayer gefragt wurde, sprach sein ratloses Gesicht Bände. Michael Ballack musste ihm auf die Sprünge helfen und ihm sagen, dass Stegmayer ein hoffnungsvoller Spieler der eigenen Amateure sei. Immerhin hat Stegmayer sämtliche Nachwuchsteams des DFB bis zur U20 durchlaufen und ist einer der wenigen perspektivischen Spieler in Deutschland auf der linken Außenbahn.
Nachdem letzte Saison der zu große Kader als Entschuldigung galt, wollte man ihn in dieser Saison auf 22 bis 23 Spieler reduzieren. Rummenigge dazu auf der Homepage des FC Bayern am 3. 5. 2005:
Rummenigge kündigte gleichzeitig auch an, dass neben den punktuellen Verstärkungen vermehrt dem eigenen Nachwuchs die Chance gegeben werden soll, „beim FC Bayern Fuß zufassen“. Und das ganz im Sinne von Trainer Felix Magath, wie Rummenigge erklärte: „Wir haben mit Felix vor kurzem eine Personalplanung gehabt, und er ist eigentlich der Meinung, dass 22, 23 Spieler die richtige Größe ist. Weil er möchte auch diesen jungen Spielern in unserer Nachwuchsabteilung, die mit aller Gewalt nach oben wollen, die Chance geben.“
Dass der Bayern-Coach dabei auf die Unterstützung des Vorstandes zählen kann, scheint selbstverständlich, denn langfristig könnte sich der Jugendstil auch finanziell bezahlt machen. So verspricht Rummenigge seinem Trainer dann auch: „Ich finde das honorig, dass ein Trainer nicht immer nur Stars verlangt, sondern auch mal auf die Nachwuchsarbeit setzt und diese Geduld werden wir haben.“
http://www.fcbayern.t-com.de/de/aktuell/news/2005/03933.php?fcb_sid=5acc9c2380ff9ad77c7f2d75e6c23a36
Kurz darauf wiederholte Rummenigge diese Aussage im Blickpunkt Sport. Man wolle künftig drei Spielern diese Chance geben. Auf Nachfrage des Moderators nannte er die Namen Ottl, Steinhöfer und Niedermeier. Bei letzterem hatte er sich offensichtlich vertan, er meinte wohl eher Jan Mauersberger, Stammspieler bei den Amateuren.
Mit Beginn der Vorbereitung auf die neue Saison erhielt zunächst Ottl den zuvor genannten Quoten-Vertrag. In Abwesenheit der Nationalspieler durften mit Mauersberger, Ortiz und Steinhöfer drei Amateure wenigstens ein paar Tage gemeinsam mit den Profis trainieren.
Danach war es aber wie abgeschnitten. Magath trainierte lieber mit nur 7 Profis, statt einige Nachwuchsspieler während der durch Länderspiele seiner Profis bedingten Absenzen für ein paar gemeinsame Trainingseinheiten nach oben zu holen. Dokumentiert wurde die Nichtbeachtung des eigenen Nachwuchses dadurch, dass man lieber Torhüter Jan Schlösser und Torwart-Trainer Bernd Dreher einen Lizenzvertrag gab, um die vorgeschriebene Quote von 12 deutschen Spielern zu erfüllen, als talentierte Nachwuchsspieler wie Mauersberger, Stegmayer oder Steinhöfer mit einem solchen auszustatten.
Von einer systematischen Förderung der talentiertesten Amateure ist also nichts zu sehen, die Tür scheint zugeschlagen. Magath fährt offensichtlich auch lieber mit dem gerade erst von einer Leistenoperation genesenen Salihamidzic zum Punktspiel nach Nürnberg, statt den freien Platz im Kader an einen Nachwuchsspieler zu vergeben und den mal auf der Bank an die Bundesliga heranschnuppern zu lassen.
Hört man sich ein wenig in der Beraterszene um, machen sich auch dort Bedenken breit. Angesichts der geringen Bereitschaft Magaths, Nachwuchsspieler zu fördern, raten viele inzwischen ihren Schützlingen ab, zu den A-Junioren oder den Amateuren des FC Bayern zu wechseln. Die, vornehm ausgedrückt, sehr gewöhnungsbedürftige Art von Hermann Gerland trägt natürlich noch ein Übriges dazu bei.
Den Kreis schließen aktuelle Gerüchte dieser Woche, dass sich Felix Magath beim Länderspiel Dänemark gegen Georgien den 20-jährigen dänischen Innenverteidiger Daniel Agger angesehen haben soll. Mit geschätzten vier bis sechs Millionen Euro Ablösesumme (hat noch Vertrag bis 2007) ein wahrhaftiges Schnäppchen! Dabei bilden mit Niedermeier (19 Jahre) und Mauersberger (20) die beiden Innenverteidiger der eigenen Amateure die Basis für die bisher beste Abwehr der Regionalliga. Doch statt den eigenen vielversprechenden Nachwuchs wirklich intensiv zu fördern, sieht man sich lieber im Ausland um.
So ist es kein Wunder, dass in den letzten 14 Monaten geradezu eine Landflucht weg von den Amateuren eingesetzt hat. Dieser Trend wird wohl anhalten