Mitunter mutet es schon merkwürdig an, wie sehr die Wahrnehmung von öffentlichen Meinungsmachern geprägt wird. Voller Hingabe bringen selbst halbseriöse Medien wie der Spiegel, gepusht vom Podolski-Trubel, Endloslisten von angeblichen Bayern-Fehleinkäufen, wo sich dann selbst Namen wie Grassow und Oberleitner wiederfinden, die nie für etwas anderes als die Bank gekauft wurden.
Allofs dagegen ist der medial erklärte Transfergott, der einen Coup nach dem anderen landet - ähnlich wie vorher Leverkusen, wo ja in der öffentlichen Wahrnehmung ausschliesslich Weltklassebrasilianer verpflichtet, wurden - einer besser als der andere. Das stimmte so natürlich nicht: da gab es auch respektable Flops, die aber in der allgemeinen Euphorie untergingen (ist ja auch normal und verständlich). Ähnlich verhält es sich jetzt bei Werder. Offenbar hat sich das von Lemke penetrierte Bild des kleinen, sympathischen Nordlichts, dass bei ungleichen (und vor allem UNGERECHTEN) Voraussetzungen mit viel weniger Geld viel viel tollere Transfers tätigt. Ein Hit jagt den nächsten und alle fühlen sich wohl, während beim bösen Uli nur das (selbstverständlich vom Himmel gefallene oder noch besser ergaunerte Geld) in sinnlosen Millionenkäufen verpulvert wird.
Im allerbesten kann man auch noch das Märchen bedienen, nachdem Hoeneß aus reiner Boshaftigkeit Spieler en masse kauft, nur um die Konkurrenz zu schwächen - die ach so böse Konkurrenz aus den kleinen gallischen Dörfern, die sonst natürlich den arroganten FC Bayern im Nu überflügeln würden. Und wenn es das nicht ist, kommen die ganz Schlauen: jawohl, Bayern macht dem deutschen Fussball die Talente kaputt und zwar mit Absicht. Die sind so, doch. Denn wer erinnert sich nicht an...na?...und jetzt alle, zwo, drei vier: CALLE DEL HAYE!!!!
Den Mann, der ohne jeden Zweifel eine Weltklassekarriere vor sich hatte, bis, ja bis der böse Uli kam und den Niedergang der Gladbacher Borussia durch diesen einen Transfer im Handstreich besiegelte. Ein weiteres Beispiel ist Michael Sternkopf, ein weiterer Coup, um gleichzeitig ein Talent kaputtzumachen und einen brandgefährlichen Konkurrenten (hier den KSC) eklatant zu schwächen.
Tatsache ist doch: wer genügend Klasse und Einstellung mitbringt, schafft es in München. Wer das nicht hat, sondern "nur" Talent, der packt es nicht - wie bei jedem grossen Verein. Gut kicken zu können ist eben zuwenig, um es bei einem Verein mit höchsten Ansprüchen zu schaffen. NATÜRLICH hat sich der FCB und damit Uli eklatante Flops geleistet, sogar beinahe mit System. Zwei Spielertypen haben es hier eigentlich mit wenigen Ausnahmen lange Zeit nicht geschafft:
Ausländische Stürmer, die direkt aus jenen Ligen kamen (die Serie wurde mit Makaay und Toni zum Glück beendet) und Südamerikaner, die direkt von eben da verpflichtet wurden. Da sieht es nach wie vor stockfinster aus. Um es klar zu sagen: Uli ist kein Transfergott, er ist ein Club- bzw Unternehmensmacher. Die Transferpolitik ist im Grossen und Ganzen gut, aber nicht unfehlbar.
Aber das ist sie in Bremen auch nicht, weil sie es gar nicht sein kann. Ab einem bestimmten Niveau ist JEDER Club Zwängen unterworfen. Es müssen Märkte erschlossen und/oder bedient werden, Sponsoren wollen zufrieden sein, die Fans wollen Namen, deren Trikots sie kaufen. Gleichzeitig aber auch junge Talente, mit denen man sich identifizieren kann und selbstredend brauch eine Mannschaft mit internationalem Anspruch ständig Reizpunkte, jede Position brauch Konkurrenz etc. Da KANN nicht jeder Transfer sitzen, denn Unwägbarkeiten wie Charakter, Sozialverhalten in neuer Umgebung und das zwischenmenschliche Verhältnis zu Kollegen und Trainern lassen sich nunmal nicht exakt berechnen (zum Glück). Und da hat auch der überall höchstgelobte SV Werder genügend Leichen im Keller:
was ist denn mit Wome, Nery, Silva, Zidan, Andersen und besonders Carlos Alberto um nur ein paar Beispiele aus jüngeren Jahren zu nennen? Totalflops, die richtig Geld gekostet haben. Eine Graupe wie Alberto muss sich Hoeneß in den letzten Jahren jdf nicht vorwerfen lassen, der Mann (also Alberto) hat inklusive Gehalt und Anwaltskosten ein Loch von fast 10 Mio Euro gerissen, was ER sicher nicht mehr reinholen wird. Der wird doch kein Spiel mehr für Bremen machen. Und auch die Bremer Idylle ist doch ein Märchen (ich habe 4 Jahre in Allofs-Bremen gelebt, kenne einige Ex-Spieler aus der "guten alten" Rehagelzeit persönlich und kriege auch durch meinen Vorberuf noch genug mit). Da geht es kein Stück anders zu, als bei anderen grossen Clubs. Die gleichen Regeln, die gleichen Anforderungen, die gleichen Eskapaden und die gleichen persönlichen Animositäten:
warum fragt eigentlich niermand Thomas Schaaf, warum er Manuel Friedrich auch nach seiner schweren Verletzung nie den Hauch einer Chance gab? Nix, nada. Der suchte völlig frustriert den Weg heim nach Mainz und wurde immerhin Nationalspieler. Ein Simon Rolfes, selbstausgebildet, galt schondamals als Riesentalent, er bekam keine enzige Chance - heute wäre Werder wohl froh, ihn zu haben.
Damit will ich nicht sagen, dass Schaaf ein schlechter Trainer ist, er ist sogar ein sehr sehr guter. Ich will auch nicht Allofs Transferpolitik kleinreden, die ist schon meistens gut, manschmal auch sehr gut. WAS mich aber elendigst nervt, ist dieses Getue, dass in München Politik und Show geboten wird, in Bremen dagegen grundehrlicher Sport aus dem Arbeitermilieu. Das sind Willi-Lemke-Ammenmärchen, die noch nie gestimmt haben und heute weniger stimmen denn je. Transferpolitik und Innenleben laufen in Bremen GANZ GENAUSO ab, wie in München, nur die Verkaufe unterscheidet sich. Die Verantwortlichen wissen das auch, weshalb Hoeneß und Allofs auch durchaus grün miteinander sind. Nur die Fans bauen sich halt gern ihren eigenen, illusionsbehafteten Mythos. Dabei könnte man doch in Bremen mit stolzgeschwellter Brust sagen: wir sind auch ein grosser Verein und können das beweisen (Meister, Pokalsieger, Europacupsieger)! Tut Allofs ja auch, die Lemkeklassenkampfheinis werde ja zum Glück auch immer seltener.
Auf Schalke dagegen...aber den Exkurs spar ich mir jetzt.