Schalke wieder in Schwung
Gelsenkirchen. Schalke 04 ist rechtzeitig vor dem Champions League-Hit am Mittwoch gegen den AC Mailand wieder in Schwung gekommen. Dabei war der 2:0-Sieg gegen Hannover 96 am Samstag eine im Bundesligageschäft überaus seltene Demonstration einer Mannschaft, die für ihren Trainer spielt.
"Das ist ein Zeichen dafür, dass die Arbeitsatmosphäre bei uns so schlecht ist", sagte Ralf Rangnick zum einen ironisch, weil er eine Kampagne gegen sich vermutet. Zum anderen war der Trainer aber auch sichtlich bewegt, weil die Mannschaft nach dem Führungstor um ihn einen Jubelkreis gebildet hatte. Aber das war nur ein Teil der Befreiung aus der Schalker Krise.
In den Tagen vorher hatte sich für jeden spürbar ein Explosionsgemisch gebildet, das zunächst in ein spielerisches Feuerwerk und später dann in verbale Treueschwüre mündete. Teil eins dokumentierte sich vor 60 881 Zuschauern in der Veltins-Arena nicht nur in den zwei Toren von Lincoln und Kevin Kuranyi in der 58. und 66. Minute. Es gab auch noch zwei Pfostentreffer und einen Kopfball ans Lattenkreuz sowie zahlreiche Chancen. Außerdem schob Lincoln den Ball bei einem Foulelfmeter noch lässig in die Arme von Hannovers Keeper Robert Enke. Das zeigt, dass Schalke weitaus höher hätte gewinnen können und müssen.
Doch spielerische Überlegenheit und die vielen vergebenen Chancen waren später kaum in der Diskussion - der erste Erfolg nach vier Unentschieden war nach dem Schlusspfiff eher ein Vehikel, um Trainer Ralf Rangnick nachdrücklich den Rücken zu stärken. "Wir brauchen nicht über den Trainer zu reden - er ist unglaublich gut für uns" meinte zum Beispiel Torschütze Lincoln. Und Kevin Kuranyi, der Schütze des zweiten Schalker Tores, erklärte: "Der Trainer hat viel mit der Mannschaft geredet - er hat viel Positives gesagt. Jetzt haben wir ihm durch guten Fußball wieder etwas zurückgezahlt."
Der, dem die Solidarität galt, gab seinen Schützlingen auch etwas zurück. "Ich hatte nie Zweifel am Charakter der Mannschaft", sagte Ralf Rangnick. "Ich finde es schäbig, was da zum Teil in der Öffentlichkeit gelaufen ist, aber das hat auch Kraft gegegeben. Dadurch ist so eine Art Wagenburg-Mentalität entstanden." Aus diesem Verteidigungsring stürmten die Schalker am Samstag also in die Offensive.
Wie so etwas von einem auf den anderen Tag nach zuletzt zum Teil grottenschlechten Spielen möglich ist, vermochte niemand so recht zu analysieren. "Ich weiß es nicht", zuckte Schalkes Manager Rudi Assauer mit den Schultern. "Es gab nichts Außergewöhnliches zu essen, es ist nicht anders trainiert worden, wir waren im gleichen Hotel und, und, und ..."
Eventuell munterten ja auch die Klänge der Samba-Trommeln, die Schalkes Brasilianer mit ins Traininsglager genommen hatten, die Mannschaft auf. Aber auf solchen Zauber mochte sich Ralf Rangnick nicht einlassen. "Vielleicht lag der Unterschied ja einfach darin, dass wir erstmals in dieser Saison in Führung gegangen und nicht in Rückstand geraten sind", meinte der Trainer.
Letztlich aber waren die Gründe für den Sieg gegen Hannover den Schalkern egal. Wichtig war, dass der Erfolg offensichtlich viele Irritationen, die es um Trainer Ralf Rangnick gegeben hatte, beseitigen konnte. "Die Geste der Mannschaft nach dem Führungstor hat gezeigt, dass es keinen Riss zwischen Trainer und Mannschaft gibt", bekräftigte Rudi Assauer. Und Kevin Kuranyi freute sich: "Jetzt haben wir erst einmal Ruhe, und die können wir vor dem Champions League-Spiel gegen den AC Mailand auch dringend brauchen." Ob der Nationalspieler am Mittwoch, wenn es gegen Milan geht, jedoch dabei sein kann, schien am Wochenende noch ziemlich fraglich, denn seine Freundin Viktorija erwartet das erste Kind und steht kurz vor der Entbindung. "Wenn der Anruf kommt, fahre ich sofort runter nach Stuttgart", bekräftigte Kuranyi.