Ich glaube nach wie vor nicht, dass die Verwarnung wegen dem Coaching Serena so völlig aus der Bahn geworfen hat. Was sie aus der Bahn geworfen hat, war, dass Osaka erneut viel stärker war als sie und sie vom stylistischen Matchup her keine Chance hatte viel auszurichten. Sie ist vor den eigenen Zuschauern aus dem Stadium gebombt worden und als sie mit letztem Aufbäumen und imensem Aufwand endlich ein Break geschafft hatte, hat Osaka sofort ganz humorlos geantwortet. Serena war mit ihrem Latein völlig am Ende. Sie konnte spüren, dass hier eine Gegnerin ist, die jünger, schneller und fitter ist und keine Probleme hat ihr Power-Tennis zu neutralisieren und mit noch mehr Power zurückzuschlagen.
Man sieht das immer wieder. Wenn ein Favorit merkt, dass auf spielerischer Ebene nicht mehr viel geht, dann fängt plötzlich die Hollywood-Show an. Die einen machen dann den sterbenden Schwan und nehmen Verletzungspausen (Djokovic, Nadal), die anderen fangen plötzlich minutenlange Diskussionen mit dem Schiedsrichter an (Serena, Wozniacki, Putintseva) und manche auch einfach beides (Azarenka, Cornet). Im Wesentlichen geht es nur darum, irgendwie den Rhythmus des Gegners zu brechen und ihn in seiner Konzentration zu stören. Osaka musste die ganze Zeit dumm rumstehen und sich ihre Gedanken machen, während Serena ihre Show abgezogen hat. Die Zuschauer, die auch gemerkt haben, dass nicht viel für Serena geht, sind plötzlich wieder voll da gewesen. Das ist alles knallhart einkalkuliert gewesen. Solche Sachen "passieren" ja komischerweise immer nur, wenn jemand auf der Verliererstrasse ist.
Womit Serena nicht gerechnet hat, war die Game Penalty. Das hat sie auch so aufgeregt, da sie sich plötzlich bewusst wurde, dass sie sich selbst mehr geschadet hat als ihrer Gegnerin, und das war ja nicht das Ziel der ganzen Nummer.
Die Pressekonferenz nachher war dann ganz grosses Kino. Sie kämpft also für Frauenrechte, da John Mcenroe sich vor 30 Jahren daneben benehmen durfte. Immerhin hat der damals, wenn Lendl ihm was auf die Mütrze gegeben hat und er einen Anfall bekommen hat, nie behauptet, dass er, weil er ein Vater ist, niemals schummeln würde.