Eintracht Braunschweig
Nach nur einem Jahr ist Eintracht Braunschweig schon wieder in der 3. Liga. Der Zweitliga-Aufsteiger der Saison 2019/2020 konnte sich in der 2. Bundesliga nicht behaupten und steckte nahezu die ganze Saison im Abstiegskampf. Als Mitte der Rückrunde ein Aufwärtstrend zu erkennen war, dachten die Beobachter eigentlich, dass die Niedersachsen den Kopf noch aus der Schlinge ziehen können, doch letztlich fuhr der Verein nach einem befreienden 4:0-Sieg über den VfL Osnabrück nur noch zwei Zähler aus den letzten sechs Saisonspielen und musste schließlich gar den direkten Wiederabstieg verkraften.
Es war der zweite Abstieg binnen drei Jahren. 2018 erwischte es die Löwen schon einmal - damals noch relativ unvorbereitet. Und während der Verein den Wiederaufstieg in Angriff nehmen wollte, erlebten die Braunschweiger stattdessen die schlimmste Saison der jüngeren Vereinsgeschichte. Der neue Trainer Henrik Pedersen erwies sich als Vollflop, die Eintracht lag zur Winterpause schon nahezu uneinholbar zurück auf dem letzten Tabellenplatz. Dem Bundesliga-Teilnehmer der Saison 2013/2014 drohte die Regionalliga. Nur einer starken Aufholjagd war es zu verdanken, dass der Verein am letzten Spieltag hauchdünn aufgrund des besseren Torverhältnisses den Klassenerhalt schaffte.
So wie damals soll es nun natürlich in Jahr eins nach dem Abstieg nicht laufen. Die Braunschweiger probieren es auch nicht mit einem Trainer-Experiment, sondern jemandem, der die 3. Liga schon bestens kennt. Michael Schiele beerbte im Sommer Daniel Meyer, der den Abstieg nicht verhindern konnte. Drei Jahre war Schiele der Chef an der Seitenlinie bei den Würzburger Kickers, beide Vereine stiegen 2020 gemeinsam in die 2. Liga auf. Nach nur zwei Spielen in der 2. Liga war für Schiele jedoch Schluss und auch sein späteres Engagement beim SV Sandhausen war nur von kurzer Dauer. Nun also der Weg zurück in die Gefilde, in der Schiele bereits nachgewiesen hat, gute Arbeit leisten zu können.
Anders als die Mit-Absteiger aus Osnabrück und Würzburg hat die Eintracht keinen radikalen Umbruch zu bewältigen. Der Kader wurde allerdings massiv verkleinert - so haben immerhin auch 17 Spieler den Verein verlassen. Nicht mit in die 3. Liga wollten Sechser Yassin Ben Balla (FC Ingolstadt), Angreifer Fabio Kaufmann (Karlsruher SC) und Innenverteidiger Oumar Diakhite (SV Sandhausen), der im Winter kam und der Braunschweiger Defensive neuen Halt gab. Die Angreifer Marcel Bär (1860 München) und Njegos Kupusovic (Türkgücü München) treffen in der kommenden Saison auf ihren Ex-Klub. Zu verschmerzen sind die meisten anderen Abgänge: Nico Klaß kam in Braunschweig nicht wirklich klar und kehrte zu RW Oberhausen zurück. Manuel Schwenk wechselte zu Holstein Kiel II, Leon Bürger zu Carl Zeiss Jena, Ersatztorwart Felix Dornebusch in die Niederlande zu Fortuna Sittard. Youngster Matthias Heiland zog es in die USA. Felix Burmeister, Robin Ziegele und Dominik Wydra sind noch ohne Verein, das war kürzlich auch noch Felix Kroos, der nun aber seine Karriere beendete. Auch die Leihspieler Patrick Kammerbauer (SC Freiburg), Dong-won Ji (1. FSV Mainz 05) und Suleimah Abdullahi (1. FC Union Berlin) stehen nicht mehr im Eintracht-Kader.
Demgegenüber stehen lediglich zehn Neuzugänge. Bei der Suche nach neuen Spielern schien Sportdirektor Peter Vollmanns Horizont nur bis Osnabrück zu reichen. Denn in Maurice Multhaup (rechtes Mittelfeld), Bryan Henning (defensives Mittelfeld) und Luc Ihorst (Stürmer) verpflichtete die Eintracht gleich drei Akteure, die in der vergangenen Saison beim VfL spielten. Ihorst gehört allerdings Werder Bremen, wie im Vorjahr Osnabrück hat auch Braunschweig den Youngster nun ausgeliehen. Außerdem holte der Verein Mittelstürmer Benjamin Girth, der zuletzt zwar bei Holstein Kiel spielte, während dieser Zeit aber auch schonmal an die Osnabrücker ausgeliehen war. Girth kennt sich mit dem Toreschießen in der 3. Liga in jedem Fall aus: Beim SV Meppen sowie eben in dem halben Jahr in Osnabrück schoss der Angreifer in 52 Spielen 28 Tore. In der 2. Liga lief es da wesentlich schlechter, hier traf der 29-Jährige viermal in 41 Partien. Neben Ihorst und Eigengewächs Yari Otto, haben die Braunschweiger auch noch Routinier Nick Proschwitz im Kader - das liest sich für den Angriff schon mehr als ordentlich.
Für das defensive Zentrum kam Robin Krauße vom FC Ingolstadt nach Braunschweig. Krauße scheint in der Vorbereitung unter Schiele gesetzt zu sein und hat auch schon reichlich Erfahrung in den vergangenen Jahren gesammelt. Von der TSG Hoffenheim II kam Rechtsverteidiger Luis Görlich. Aus der eigenen Jugend zog die Eintracht Linksverteidiger Jannis Kleeberg und Torhüter Lennart Schulze Kökelsum hoch. Außerdem kehrten Michael Schultz und Torwart Yannik Bangsow von ihren Leihen bei Viktoria Köln zurück. Schultz spielte eine starke Rückserie in Höhenberg und die Kölner hätten ihn gerne fest verpflichtet - da machte Braunschweig aber nicht mit. Schultz dürfte auch unter Schiele im Abwehrverbund gesetzt sein.
Ansonsten ist jede Menge Routine und auch Qualität geblieben. Das Tor hütet Jasmin Fejzic, in der Innenverteidigung ist Brian Behrendt ebenso noch da wie Niko Kijewski links daneben. Benjamin Kessel, Danilo Wiebe und Lasse Schlüter haben in der Vergangenheit ebenfalls gezeigt, dass sie über ausreichend Qualität verfügen. Sechser Jannis Nikolaou könnte den Verein wohl noch verlassen - bleibt er, wäre er ebenfalls eine enorme Stärkung. Und Martin Kobylanski ist grundsätzlich wohl einer der feinsten Kicker der Liga - sofern denn sein Kopf mitspielt und er sich auch auf die gegenwärtige Situation einlassen kann. Einfach ist er nicht immer.
Fazit: Einen Absturz wie vor drei Jahren wird es in dieser Form mit Sicherheit nicht noch einmal geben. Damals war der Kader komplett neu und der Trainer überfordert. Die Voraussetzungen sind andere. Mit Blick auf die Mannschaft hätte die Eintracht sicher schon im Vorjahr nicht zwingend absteigen müssen. Doch verschiedene Faktoren kamen zusammen. Viele Spieler kennen sich aber bereits, zudem hat der Trainer seine Qualitäten nachgewiesen, trotz der schlechten Ausbeute in Sandhausen. Girth ist ein guter Drittliga-Stürmer, muss aber auch mit den passenden Bällen gefüttert werden. Die Neuzugänge überzeugen mich aber nicht komplett, immerhin ist Osnabrück im Vorjahr eben auch abgestiegen und auch das hatte seine Gründe. Braunschweig wird ein gehöriges Wörtchen um den Aufstieg mitreden, aber ich glaube irgendwie nicht daran, dass es schon in dieser Spielzeit gelingt, den erneuten Abstieg zu begradigen. Die Eintracht wird Vierter.