Ach, das ist doch auch Blödsinn, jetzt das große Geflame anzufangen. Hummels war 3 Jahre hier, seine Leistungen waren nicht Weltklasse, aber sie waren insgesamt gut. Wir machen am Ende ein kleines Transferplus, es gibt keine bösen Worte des Spielers Richtung Verein und umgekehrt auch nicht. Die ganz große Liebesbeziehung ist es im zweiten Anlauf nicht geworden, aber eine schlechte Zeit hatte man nun auch nicht miteinander. Dass man ihm gesagt hat, er hätte eh keine Chance in der neuen Saison, glaube ich keine Sekunde. Sowas gibt es nirgends, vor allem nicht, wenn man auf jeden Fall plant, Boateng abzugeben. Dass man ihm einen harten Konkurrenzkampf angesagt hat, schon.
Das Unternehmen Hummels ist halt sehr ego-geprägt, war es schon immer. Das geht beim Papa los und endet bei der Ehefrau. Ich bin mir auch sicher, dass der grösste Reiz für Mats selbst beim damaligen Wechsel war, dem FC Bayern endgültig zu beweisen, dass es ein Fegler war, ihn seinerzeit gehen zu lassen. Der wollte dem FCB und sich selbst auch etwas beweisen, auch im BVB-Trikot hatte ich immer den EIndruck, dass für ihn der FCB eine Sache war, die einfach unerledigt war. Auf den Spieler Hummels bezogen hat das Ego auch durchaus gute Seiten: Hummels ist auf dem Platz immer bereit, Verantwortung zu übernehmen, er ist das Gegenteil eines "Verpissers" und geht ja auch durchaus kritisch mit den eigenen Leistungen um. Gleichzeitig funktioniert er aber nur dann, wenn er auch eine absolut zentrale Rolle im Team spielt - das ist einfach sein Anspruch an sich selbst, aber eben auch an andere. Hummels als ganz normales Kadermitglied oder gar Teil einer Rotation funktioniert einfach nicht. Früher gab es viele solcher Spieler: Beckenbauer, Breitner, Matthäus, Effe, Sammer, Overath...die tickten alle genauso. Heute ist das seltener geworden.
Trotzdem ist das nichts Schlechtes, wenn denn die Leistung entsprechend ist, das Team diese Rolle akzeptiert und der Trainer überhaupt so einen Spieler will - und deckungsgleiche Vorstellungen vom Geschehen auf dem Platz hat. Manche Trainer wollen ganz genau so einen Spieler, das kann eine absolute Win-Win Situation ergeben. Andere (heute eher die Mehrheit) wollen einen Spieler mit Führungsanspruch auf allen Ebenen eher nicht. Bei Hummels hat es bisher genau ein Trainer geschafft, die Charaktereigenschaften von Hummels komplett gewinnbringend zu nutzen: Klopp. Bei seinen anderen vier Trainern Tuchel, Ancelotti, Kovac und Löw gab es immer wieder mal Probleme (mit Löw gab es dann nach 2-3 Jahren Anlaufzeit irgendwann eine vernünftige Arbeitsebene). Und wenn es so ist, dass es die klassische Hummels-Rolle im Kader nicht gibt, dann macht es vielleicht auch keinen Sinn für beide Seiten, weil am Ende niemand wirklich zufrieden ist. Das ist auch nicht schlimm, manchmal passt es eben nicht so richtig zusammen.
Vielleicht gelingt es Favre und Hummels, da die richtige Ebene zu finden. Vielleicht ist Favre ganz froh, wenn er etwas Verantwortung an den Führungsspieler Hummels abgeben kann. Gelingt das, dann kann der BVB sicher enorm von ihm profitieren. Dann muss man das auch anerkennen und sagen: alles richtig gemacht, Mats. Gelingt das nicht, wird es eben auch da schwierig. Ich sehe Hummels nicht als Teamcancer, so soll das nicht rüberkommen. Aber ich sehe ihn eben als einen Spieler, der eine ganz besondere und auch herausgehobene Rolle brauch, um voll funktionieren zu können. Kriegt er die, wird es weder sportlich, noch sozial irgendwelche Probleme geben. Bekommt er die nicht, sieht es anders aus. Favre ist kein Menschenfänger a la Klopp, aber doof ist er auch nicht. Wenn der Transfer auch sein Wunsch war, wird er sich schon seine Gedanken gemacht haben. War es nur die Idee von Watzke und Hummels selbst, wird es wohl eher nicht so gemütlich.
Persönlich wünsche ich ihm, dass er beim BVB den Platz findet, den er braucht. Weil er hier absolut ordentliche Arbeit abgeliefert hat und ein toller Fußballer ist. Bei uns gibt es die Planstelle, die er sich vorstellt und braucht zur Zeit nicht, also trennt man sich eben, so lange man sich noch problemlos in die Augen sehen kann. Da wurde niemand vergrault und da flieht auch niemand, manchmal läuft es eben so. Also mach's gut, Mats
. Es war nicht alles gut, aber noch viel weniger schlecht und den Versuch war es allemal wert. Man sieht sich dann wieder als sportliche Konkurrenten - nicht als Feinde.