Muss man eigentlich unbedingt einen Schuldigen finden?
Ich geb mal auch meinen Senf dazu ... und gehe die Beteiligten durch.
Räikkönen hat gewiss nichts verkehrt gemacht. Er startet besser als der vor ihm liegende Pilot und allgemein ist es dann besser, wenn man versucht außerhalb vorbei zu gehen, da viele Piloten sich beim Start in die Mitte konzentrieren ... in Verstappens Fall im Kampf gegen die Piloten auf Platz 1 (Vettel) und 3 (Ricciardo). Wann immer man einen Piloten sieht, der versucht beim Start in der Mitte an einem vor ihm liegenden Piloten vorbei zu gehen, so sieht man auch dass es hier eng werden kann.
Beispiel:
Räikkönens Wahl links von Verstappen die Lücke zu nehmen war korrekt, zumal Verstappen leicht in die Mitte gezogen war. Angeblich soll Glock behauptet haben, dass Räikkönen noch nach links hätte ziehen können? Das ist Unfug, denn Räikkönen konnte nicht damit rechen, dass Verstappen wieder nach links zieht (macht bei der Anfahrt der Kurve wenig Sinn), da er erschwert darauf achten konnte, ob Vettel den Verstappen nach links drängt. Zudem war Räikkönen mit seinem Vorderreifen schon an dem von Verstappen vorbei, bevor es dann zu eng wurde. Räikkönen konnte da nicht viel machen.
Auch Hamilton orentierte sich nach außen, als er besser startete als Ricciardo vor ihm. Alonso hingegen zog nach innen neben Bottas und somit knapp hinter Hülkenberg, welcher auch ordentlich wegkam. Alonso startet nunmal auch zuweilen aggresiv und holte sich so eine gute Linie zum Anbremsen gegen Hülkenberg und Ricciardo.
Verstappen die Schuld zu geben ist auch nicht viel sinniger. Klar, die Tatsache dass er nach links gezogen ist sorgte schließlich dafür, dass er mit Räikkönen kollidierte. Eindeutig ist aber auch, dass Verstappen - der erst leicht nach rechts tendierte - nach links fuhr, weil Vettel über die Bahn zog. Wer nun glaubt, dass Verstappen gleichzeitig darauf achten kann, wie weit Vettel in seine Bahn zieht und wo genau Räikkönen durch seinen Rückspiegel huscht ... der stellt schon sehr hohe Ansprüche.
Wir haben in dieser Saison schon häufig Start-Berührungen gesehen, bei denen Fahrer A dem Fahrer B auswich und wonach es für Fahrer C recht eng wurde. Kein Fahrer steigt dabei in die Eisen, weil ein Pilot ihm in den Weg fährt.
Manchmal ist es halt einfach eng. Wie z.B. 2012, als gerne Grosjean die Schuld für Startunfälle gegeben wurde ... aber manchmal war halt einfach Pech dabei, wie z.B. in Monaco als Grosjean dem Alonso auswich und Schumacher schon neben ihm war.
Bleibt als letzter noch
Vettel. Hat jener Schuld? In gewisser Weise ja, denn nur wegen seines Rüberziehens kam es überhaupt dazu, dass Verstappen mit Räikkönen kollidierte. Aber dann müsste man Räikkönen genauso schuldig sprechen, denn er hätte ja auch schlechter starten können. Vettel ist gewissermaßen schuldig im Sinne davon, dass er die Hauptursache für den Startunfall war ... aber schuldig als dass er für sein Startverhalten bestraft werden sollte? Ich denke nicht.
Nun, es ist durchaus gang und gäbe beim Start hinüber zu ziehen. Dies sieht man insbesondere in der ersten Reihe. In den nächsten Startreihen sind die Piloten dahingehend weniger aggresiv ... es gibt dort zu viele Faktoren ... zu viele Fahrer im Getümmel die besser oder schlechter starten könnten. Anderenfalls gibt es sonst vielleicht einen Startcrash wie der in Singapur im Vorjahr mit Hülkenberg.
Meistens geht das gut ... manchmal geht es katastrophal schief, wenn die Piloten in der ersten Startreihe aggresiv gegen den anderen Piloten rüberziehen. Legendär der Crash der beiden Teamkollegen Glock und Zuber in der GP2 vor 10 Jahren.
Ja ... "das macht jeder" (wie hier auch erwähnt Hamilton gegen Stroll in Monza). Ja ... das ist normalerweise auch kein Problem.
Ein entscheidender Punkt wird dabei aber leicht vergessen .... es war nass.
Bei trockener Piste haben die Fahrer beim Start ein gutes Gefühl, ob sie gut vom Fleck wegkommen oder nicht. Sie spüren ob sie zuviel Schlupf haben und können einschätzen wie wahrscheinlich es ist, dass andere Fahrer besser gestartet sind. Wer weiter hinten im Feld ist sieht dies auch anhand der anderen Piloten.
Wer schlechter weggkommt schießt selten quer über die Bahn ... weder Ricciardo und Bottas in diesem Rennen noch andere Piloten im Trockenen.
Bei feuchter Piste ist sowas aber schwerer einzuschätzen. Da fehlt es an Erfahrungswerten (bzw. Gefühl) was nun ein guter Start ist und was nicht. Vettels Referenz waren damit quasi nur Ricciardo im Rückspiegel (kam auch nicht besser weg) und Verstappen neben ihm, den er vielleicht im Augenwinkel gesehen hat. Dass jemand anders so viel besser vom Fleck kommt (also insbesondere Räikkönen), daran dachte Vettel nicht. Zum einen konnte er es nicht sehen, zum anderen konnte er es schlecht "fühlen" (die Qualität des eigenen Starts in Relation dazu was möglich war) ... ergo rechnete er einfach nicht damit.
Vettel rechnete nicht mit Räikkönen und sah ihn nicht. Er nahm an, dass Verstappen links von sich kein Fahrzeug hat (weil Verstappen ähnlich gut bzw. leicht besser gestartet war) und wollte dementsprechend nur für einen Boliden Platz lassen, um die erste Kurve besser anbremsen zu können als Verstappen.
Man könnte nun also formulieren, dass Vettels Startverhalten den Witterungsverhältnissen nicht angemessen war. Aber das ist schon sehr lang gesponnen bzw. zu weit hergeholt, als dass man daraus Vettel einen Strick drehen müsste, um eine Bestrafung oder ähnliches zu fordern. In dem Sinne wirds daher als "Rennunfall" abgetan.
Ja, Verstappen hat nicht unrecht, indem er sagt Vettel sei ein zu hohes Risiko gegangen. Das Risiko so quer rüber zu ziehen ist nunmal ein anderes, wenn die Strecke feucht ist. Ja ... solche Starts sieht man im Trockenen immer wieder (ob das überhaupt was bringt ist ne andere Frage) ... aber die Situation ist bei trockener Piste eine andere als bei nasser.
In Anbetracht der Streckenverhältnisse war Vettels Manöver riskant. Aber ein gewisses Risiko sieht man bei vielen Zweikämpfen. Kann gut gehen ... muss aber nicht.
Vettel ist nunmal einer, der lieber um einen Sieg kämpft (vor Verstappen bleiben), als einen zweiten Platz sicher ins Ziel zu bringen (sicher gehen, auch wenn Verstappen den Start gewinnt). Risiko kann belohnt werden, aber es kann auch nach hinten los gehen.
Für einen WM-Kampf war es vielleicht zuviel Risiko ... aber damit muss Vettel alleine klar kommen.
Zugegeben ... es hätte auch ein interessantes Rennen werden können, wenn nach der ersten Runde die Reihenfolge "Räikkönen, Verstappen, Vettel, Hamilton, Alonso, Ricciardo, Hülkenberg, Bottas" geheißen hätte.
@Max_well
Wie du aus diesem Startcrash schließt, dass Mercedes hinter den Kulissen die Formel 1 kontrolliert, dass die Red Bull Piloten gegen Ferrari-Fahrer härter vorgehen als gegen Mercedes-Fahrer und dass geheime Absprachen vorlägen, damit es hierzu kommt ... also ... äh.
Meine Güte ... das ist ja abenteuerlich.
Lies dir dein Geschriebenes nochmal durch und denk nochmal drüber nach. Wenn dann noch jemand nach Belegen für deine Theorien fragt und keine Antworten kommen, dann brauchst du dich nicht fragen, wenn du hier im Thread weniger ernst genommen wirst.