Hübsches und unterhaltsames Rennen finde ich.
Da waren viele spannende Zweikämpfe und Strategie-(Fern)duelle dabei. Alonso gegen Sainz, Sainz gegen Russell, Russell gegen Gasly. Hamilton gegen Hülkenberg, Hamilton gegen Ocon. Hülkenberg gegen Bottas. Und besonders Leclerc gegen Magnussen die beide mal schneller als das jeweilige Gegenüber waren und sich gegenseitig überholten.
Viele Teams die da besser oder schlechter aussahen und dicht beieinander lagen. Teams mit Fahrern die vorne mitmischen (Alonso, Russel, Sainz) oder sich weiter hinten im Feld mühen (Stroll, Hamilton, Leclerc).
Da waren mehrere interessante Momente im Rennen, die aber leider von der Regie kaum eingefangen wurden. Wie oft hat sich Hülkenberg abgekämpft, aber sich dann beim Überholmanöver in Kurve 1 leicht verbremst, so dass der Gegner gekontert hat? Sowohl gegen Bottas als auch gegen Albon ist ihm das z.B. passiert.
Erneut fällt die Kombination aus Ferrari-Aufhängung und Hülkenberg durch höheren Reifenverschleiß auf. Gegen Ende seines ersten Stints hat er viel viel Zeit verloren.
Während die Regie in Baku noch Mühe hatte überhaupt Action auf der Strecke zu finden, hatte sie diesmal Mühe einen Zeitpunkt zu finden, bei dem man mal ne Wiederholung bzw. Zeitlupe bringen konnte. Vieles wurde gewissermaßen übersehen.
Langweilig war es nunmal an der Spitze.
Perez hätte in Miami die WM-Führung übernehmen können ... aber dem Anspruch eines WM-Führungen mochte er nicht gerecht werden. Er ist der einzige, der Verstappen im WM-Kampf gefährlich werden kann, aber in Miami hatte er nicht wirklich das Zeug dazu. Wenn nicht irgendein Team irgendwo 5 oder mehr Zehntel auf der Strecke findet, dann ist der Red Bull schwer aufzuhalten. Er ist im Vergleich zur Konkurrenz auf wenig Drag und Rennspeed getrimmt, nimmt die Reifen nicht zu hart ran. Man braucht schon Monaco, damit ein besserer Startplatz gegen Red Bull verteidigt werden kann. Es gibt nicht mehr so viel Dirty Air wie früher, um einen nur geringfügig schnelleren Boliden auf Abstand zu halten.
Und Perez? Wenn der Teamkollege von Platz 9 startet und zu Beginn noch n Platz verliert und ein klein wenig aufgehalten wird ... dann darf der Anspruch irgendwo sein, dass man vorne sich ein Polster heraus fahren kann ... damit man nicht später irgendwann abgefangen wird.
Aber das ist ja nicht das erste Mal, dass wir sehen, wie Perez vorne fährt und von einem weiter hinten startenden Verstappen noch eingeholt wird.
Interessant ist in dem Zusammenhang, was Anthony Davidson während des Rennens bei Sky erzählte. Verstappen und sein Renningenieur unterhielten sich viel darüber, wie der Abstand zur Spitze wäre. Ergo konnte er sich gut ausrechnen wie sehr er seine Reifen rannehmen muss/darf, um gegen Ende alsbald in Schlagdistanz zu sein.
Perez andererseits bekam über Funk keine Information darüber, wie sein Abstand zu Verstappen wäre, von dem man ja ausgehen konnte, dass dieser sein Hauptkonkurrent um den Sieg sein würde/werde. Also schaute er nur, dass er das Rennen kontrollierte und nen gefahrlosen Abstand zu Alonso rausfährt.
Fahrer wie z.B. Verstappen, Alonso und Hamilton machen sich während des Rennens über vieles Gedanken, fangen an Strategie-Vorschläge zu machen oder Anweisungen der Box zu hinterfragen (wie z.B. auch Leclerc und Vettel bei Ferrari nun und damals).
Perez ist nunmal eher ein "Sagt mir welche Rundenzeit ich fahren soll und ich fahre sie"-Typ. Und Perez hat ja schon zuweilen gezeigt, dass er ziemlich konstant eine Rundenzeit-Vorgabe umsetzen kann.
Wäre es nicht sein Teamkollege Verstappen, der da mehrere Plätze hinter ihm auf versetzter Strategie startet und vorne erwartet wird, sondern wäre es ein anderer Fahrer ... dann hätte man Perez vielleicht mehr Informationen gegeben, wie der Abstand zum designierten Hauptkontrahenten um den Sieg bestellt ist.
Doch es gibt keine Diskussion bei Perez und seiner Seite der Box "Wie schaffe ich es vor Max zu bleiben?", während Verstappen immer wissen will, wie er ein Rennen gewinnen kann.
Das soll nicht unbedingt heißen, dass Red Bull Perez unfair behandeln würde. Aber ich denke, dass Perez nicht so sehr gepusht hat, wie er vielleicht hätte pushen können. Vielleicht kann er damit leben. Vielleicht schaut er sich das Rennen nochmal an und denkt sich "Wenn ich um die WM fahren will, dann darf ich solche Chancen nicht liegen lassen.".
Verstappens Sieg zeichnete sich so schon ab, als er nur knapp 5 Sekunden hinter Perez lag ... trotz mehrerer Überholmanöver und härterer Reifen. Und als beide nach Perez' Boxenstop ähnliche Zeiten fuhren, da war Verstappens Sieg quasi besiegelt.
Für manche ist das dann "Formula Gähn", oder für Casual Zuschauer gewissermaßen langweilig, wie hier ja manche beschreiben.
Wie schon letzte Saison wären auch diese Saison und einige Rennen an der Spitze verdammt spannend, wenn die beiden Red Bull nicht dabei wären.
Wer nun nur schaut, wer am Ende auf dem Treppchen oben steht, der verpasst vieles.
Ach übrigens, ein Highlight im Sinne "Wissen wie die Situation im Rennen ist." war da gewissermaßen Lance Stroll, der auf harten Reifen startete. Der mühte sich in Zweikämpfen mit Gasly und Russell und fragte am Funk dann etwas verwundert, wie das Rennen denn stehe. Er hatte kaum Ahnung wer um ihn herum unterwegs ist, gegen wen er kämpft, welche Strategie die anderen fahren ... usw.
Russell war auf deutlich frischeren Reifen unterwegs und Stroll versuchte ihn (eher sinnloserweise) hinter sich zu halten, was ihm da eher Zeit kostete.
Von seiner Box kam auf Nachfrage aber auch nur "pace is good, keep pushing".
Apropos keine Zeit verlieren im Zweikampf.
Geradezu pervers wirkte das beinahe, wie Verstappen auf Russell und Gasly auflief.
Russell wollte keine Zeit verlieren, er hatte selbst DRS und vermutlich genug Speed auf der Geraden, um Verstappen hinter sich zu halten, wenn er die Kurven etwas weiter innen verteidigt hätte ... auch wenn Verstappen am "harvesten" ohne Ende war, und sich die ERS-Energie aufsparte.
Doch er wehrte sich nicht wirklich, um keine Zeit auf Gasly zu verlieren.
Als Verstappen dann ein sehr halbherziges Überholmanöver gegen Gasly anging, da ließ dieser eeeeewig die Tür sperrangelweit offen, damit Verstappen geradezu vorbei spazieren kann. Nicht dass die beiden nebeneinander durch die Kurve fahren und er somit an Schwung verliert (oder so). Aber durch dieses "Vorbeiwinken" selbst verlor Gasly dermaßen viel Zeit und Schwung, dass Russell ihn kassierte.
Obgleich sie gegen Verstappen um eine Position kämpften ... das hatte irgendwie sehr stark den Charakter von Überrundungs-Manövern, bei denen man im Kampf um Punkte nicht viel Zeit verlieren will.
Auch ein Highlight des Rennens:
Roger Federer hat sich
ganz schön verändert.