Können wir den feststellen, dass die Einführung des "Cost Caps" ein Reinfall war, wenn diese Saison genauso dominant, oder vielleicht sogar noch dominanter als letzte Saison verläuft?
Es ist schön und gut, dass die Backmarker jetzt nur noch einmal pro Rennen überrundet werden, und nicht 3 mal, und dass der Kampf um Platz zwei an manchen Wochenenden umstrittener ist als sonst, aber wenn wir auf das schauen, was wirklich zählt, nämlich der größte Erfolg, dann erleben wir die größte Dominanz aller Zeiten.
Mich würde das alles nicht so sehr stören, wenn man nicht extra die Regularien geändert hätte, und eben das vermaledeite "Cost Cap", was es den anderen Teams definitv unmöglich macht, die Lücke zu schließen. Aber den Teams sind die Hände gebunden, es ist wie 2014 mit dem "Engine Freeze"...
Der Cost Cap ist sportlich betrachtet über die Saison hinderlich, langfristig aber für ein wettbewerbsreiches Feld enorm wichtig, um Hersteller und große Marken in die Formel 1 zu bringen, ohne dass sich diese völlig verausgaben müssen, sich wieder zurückziehen und arme Privatiers zurücklassen. Es gibt da sicherlich einige andere Effekte, aber ich finde das schon an sich sinnvoll.
Wir müssen aber den Cost Cap vom technischen Reglement und den Restriktionen für Windkanal und CFD trennen. Hierin liegt, wie oben schon mal geschrieben, das größte Problem. Im Grunde war die Annahme, dass eine inverse Stundenverteilung ausreicht, damit sich die Teams leistungstechnisch annehmen. Das ist eine rein quantitative Betrachtungsweise, so und so viele Stunden bringen so und so viele Zehntelsekunden. Wie sich aber meines Erachtens nach immer mehr zeigt, ist die qualitative Betrachtungsweise vernachlässigt wurden. Ein gutes Konzept zu haben, führt dazu, dass man früher die Entwicklung in der Saison beenden kann und mehr Zeit darauf verwenden kann, sich neue Dinge einfallen zu lassen. Genau das passiert bei RB sehr stark. Man hat wenige Stunden, also überlegt man sich konzeptionell sehr genau, was man machen kann; und beobachtet die Konkurrenz (weiter siehe unten).
Sollte die Saison wieder so erbärmlich langweilig werden, ist die Schuld einzig und allein bei Mercedes und Ferrari zu suchen. Ferrari hat es 2022 durch schleppend laufende Entwicklung vergeigt und Mercedes hat sich 2 Jahre lang verzettelt.
So sehr ich auch Red Bull und die entsprechenden Protagonisten nicht mag, man muss einfach zugeben, dass diese eine grandiosen Job machen. Es geht halt unter, dass Red Bull nicht nur die neuen Regeln am besten begriffen hat, sondern auch in Sachen Entwicklung innerhalb der Saison den anderen Teams trotz geringerer Aero-Stunden einfachbimmer zwei Schritte voraus ist. Wenn sie mal etwas am Auto finden, wird das innerhalb von weniger Wochen beseitigt.
Ohne den Kostendeckel wäre das vielleicht noch schlimmer, weil RB dann die gleiche Anzahl an Windkanalstunden wie die anderen Teams hätte. Die wären dann noch weiter vorn.
Dieses Weit voraus ist genau das Problem. Man kann jetzt Newey, Wache und co. jedoch nicht verbieten, über diese Dinge nachzudenken. Genauso wäre es ziemlich schwierig, die Anzahl der Ingenieure zu skalieren (bestes Team = wenigste Entwicklungsingenieure). Was man, by the way, aber tun könnte, wäre, die Anzahl der Modifikationen zu beschränken, da diese bei jedem Event mittlerweile benannt werden müssen. Man könnte auch darüber nachdenken, die Modifikationen von Saison zu Saison zu beschränken, das wäre aber komplizierter. Wie dem auch sei, wir dürfen Cost Cap und Windkanal-/CFD-Stunden nicht gleich setzen.
Wenn es einen Cost Cap nicht gäbe, würden große Teams einfach mehr Ingenieure und Designer beschäftigen, die Lösungen intensiver bearbeiten bevor sie erst in CFD und dann im Windkanal getestet werden würden (beides sind Validierungstools, keine Entwicklungstools). Paradoxerweise würde dann der Bedarf an Stunden für beides erstmal sinken (bessere Konzepte funktionieren besser und müssen weniger häufig nachgebessert werden), was aber wieder Platz für mehr Lösungen schafft. Der Cost Cap verhindert außerdem, dass ich in der Saison beliebig viele (vermeintlich) validierte Teile herstellen kann oder wie im Fall von Mercedes einfach mal so in der Saison umswitchen kann.
Ich weiß ja nicht, die Formel 1 zeigt doch seit 2010, dass nur ganz wenige Personen mit ihrem technischen Verständnis ein Team wirklich nach vorne bringen können. Newey dominiert seit jeher den Aero Bereich, warum sich da wirklich noch kein beständiger Kontrahent auf gleicher Augenhöhe groß gemacht hat bleibt mir schleierhaft; entweder gibt es auf dieser Welt keine weitere Person mit diesem Verständis, oder die restliche Formel 1 suhlt sich in mangelhafter Vetternwirtschaft.
Und wenn sich so früh ein Konzept als klarer Favorit für die neuen Regularien gezeigt hat, und den anderen Teams dann ein Deckel drauf gelegt wird, ihre Eigenen weiter verfolgen zu können, ist doch der komplette Sport für den Arsch, mal forsch gesagt.
Es kann doch nicht sein, dass die Formel 1 seit 2010 von zwei Teams (zum Großteil) dominiert wird.
Naja, die Dominanz 2014-2021 ging mehr auf die geringere Relevanz der Aeroeffizienz zurück, insbesondere in den ersten Jahren. Das Motorsystem bot zunächst mehr Leistungsanteil als die Aerodynamik. Bis zuletzt konnte sich aber insbesondere Mercedes die aerodynamisch ineffizientere Charakteristik (Low Rake) leisten, da sie genug Leistung für den vielen Drag hatten. Das soll jetzt nicht heißen, dass sie nur wegen dem Motorsystem gut waren, aber es erlaubte ihnen eben ihre eigene, dominante Designphilosophie. 2010-2013 war RB wegen seiner Aeroeffizienz führend, ab 2022 wie bekannt auch. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass ein wesentlicher Anteil schon oft in der Aufhängung zu suchen ist. 1992 und 1993 dominierte Williams mit adaptiven Aufhängungen, 1994 und 1995 war MSC so enorm erfolgreich, weil ihm Benetton eine so stabile Plattform bot, ähnliches in den Dominanzjahren von Williams 1996 & 1997 oder McLaren 1998 und 1999. Vieles, nicht alles, geht dabei auf Newey zurück, z.B. wie intensiv hier diskutiert:
Mir missfällt diese verklärte, sich seit Jahren haltende, Erzählung, dass Red Bull seit Ewigkeiten mit und Dank Newey im Bereich Aerodynamik das dominierende Team sei und wohl viel mehr Erfolge gefeiert hätte, wenn man nicht mit Renault als Antrieb unterwegs gewesen wäre.
Ja, in den Jahren in denen Red Bull 3te oder gar 4te Kraft war, glänzte man nicht mit Top-Speed auf den Geraden, sondern eher auf Strecken die Ungarn und Monaco. Bei anderen Renault-befeuerten Teams sah man aber durchaus, dass der Antrieb für hohe Geschwindigkeiten taugte. Aber Red Bull fuhr nunmal mit extremer Anstellung und viel Flügel.
Da war keine "Newey-Dominanz", sondern die anderen Teams hatten einfach auf mehr Top-Speed und weniger Abtrieb gesetzt als Red Bull.
Nun ja, man kann jedoch eine gewisse Dominanz von Newey-Boliden nicht unbedingt von der Hand weisen (1992-1993, 1996-1997, 1998-1999, 2010-2013, 2022-23?, wenn ich jetzt nicht was vergessen habe). Sicherlich ist nicht alles oder auch nur die Mehrheit darauf auf Newey selbst zurückzuführen, aber wenn es um wenige Prozent Leistungsunterschied geht, kann man sicherlich eine Interaktion erkennen, die Newey beinhaltet. Neben viel Erfahrung gehört dazu sicherlich auch etwas Genie und gute Menschenkenntnis, exzellente Ingenieure zu fördern (etwa Oatley, Prodromou und jetzt Wache). Du wirst jetzt sicherlich, wie es deine Natur ist, Jahr für Jahr aufarbeiten und einige Sachen zeigen, wo er nicht entscheidend war. Das wäre alles richtig. Aber ich sage auch nicht, dass Newey immer allein der Garant für Erfolg ist. Wenn der Einfluss von Aeroeffizienz (Aero und Aufhängung) geringer ist, weil andere einen besseren Job machten, er sich vertat (siehe Video oben) oder das Reglement einen anderen Faktor bevorzugte (etwa die Dominanzjahre von Ferrari mit viel Testen oder von Renault mit Massedämpfern, neben den vielen Jahren wo Mercedes sein Low Rake fahren konnte, siehe oben), dann hilft allein auch Newey nichts. Dennoch, wenn alles passt, kann ein Entwicklungsteam um ihn, sicherlich zu Dominanz führen und hat es in der Vergangenheit auch.