Da im Threadtitel sogar extra "mögliche Spoiler" steht und der aktuelle Serienstand in diesem Thread eigentlich ohnehin kein Spoiler sein dürfte, schreibe ich einfach einen normalen Beitrag.
Die Serie ist okay, aber nicht mehr. Vor allem Bild, Ton und Schauspieler sind erneut großartig. Ansonsten macht sie aber mMn die gleichen Fehler wie GoT, nachdem die Bücher überholt worden waren. Dies war aber eigentlich zu befürchten, als Miguel Sapochnik als Showrunner bekannt gegeben wurde. Seine Episoden waren schon in GoT sehr schön gemacht, aber auch wenig klug.
Es ist nett, dass die Fans der Serie stets bessere Begründungen haben, als die Macher und die Darsteller. Die meinen nämlich:
"It's because she's so intelligent and in the end chooses to do the right thing, which is not to destroy. [...] And yet the choice not to destroy becomes even stronger. That's the mark of greatness and [a] truly inspiring moment — I think actually one that is particularly resonate in this context of what we're going through right now in our world with everything that's going on with Russia. The choice not to drop the bombs is the greater choice."
'House of the Dragon' star Eve Best and episode 9 director Clare Kilner unpack Rhaenys' explosive moment.
ew.com
Okay, man schreibt also eine Szene in die Serie, in der die Dame den kompletten Bürgerkrieg mit unzähligen Toten hätte verhindern können.. Aber sie macht es nicht, weil sie so klug (!!) ist.. Und weil sie nicht Putin ist. Nochmal: Die Dame hat nur Sekunden zuvor völlig humorlos hunderte Zivilisten mit dem Arsch ihres Drachen zerquetscht. Aber Grazie und Klugheit hindern sie daran, den anstehenden Bürgerkrieg zu unterbinden.
Am Ende gibt es aber keine Begründung für diese Szene, außer, dass die Macher einen richtigen Actionmoment in Folge 9 der Serie haben wollten. Die Szene ist übrigens auch von vorne bis hinten dumm. Drei Minuten zuvor wurde Rhaenys erklärt, dass es für sie unmöglich sei, zu ihrem Drachen zu gelangen. Dann - zwei Szenen später - das Massaker an den Zivilisten für eine Badass-Szene mit Drache, nur um dann so "intelligent" zu sein und rein gar nichts zu machen. Anschließend fliegt sie mit ihrem Drachen, der die Spannweite eines modernen Langstreckenfliegers besitzt, einfach durch die Kirchentür hinfort. Da diese Szene aber auch keine Auswirkungen auf die Handlung haben darf, ist sie letztendlich auch vollkommen irrelevant. Es soll nur "the most outrageous and explosive action of the season" sein. Ah ja.
Am Ende ist es halt eine von mehreren Szenen, die die Serie schon ziemlich runterziehen. Wobei die Erklärungen der Macher, ähnlich wie beim Ende von GoT, immer für einen Lacher gut sind. Viele Zuschauer fragen sich, warum die Figuren so dümmlich handeln müssen und die Macher erwidern, dass das so ist, weil sie so klug seien..
Und über die erste Staffel gab es eben einige solche Momente. Der Untergang des Crabfeeder, der sich jahrelang mit List und Tücke verteidigen konnte, nur um dann mit all seinen Männer in Sekunden draufzugehen, weil Daemon einen einfachen Jon-Snow-Gedächtnislauf auspackt. Dann die Entscheidung von Viserys sein Kind aus dem Bauch seiner lebenden Frau schneiden zu lassen, nur damit die Serienmacher schnell irgendeine Charakterentwicklung bekommen. Gleichzeitig zeigen die Serienmacher später die gegenteilige Entscheidung von Daemon bezüglich seiner nächsten Frau, die man durch die Zeitsprünge eh nicht kennen muss. Hier wollte man Daemon schnell ein wenig frauenfreundlicher zeichnen. Allerdings ist er ja nur eine (?) Folge zuvor völlig random nach Norden geflogen und hat dort seinen Drachen hinter einem Baum geparkt, um seiner Holden nach vielen, vielen Jahren irgendwo im nirgendwo auflauern zu können. Und da diese unbekannte Dame dann auch zufällig am gleichen Tag alleine an Daemon vorbeiritt, gab es halt mit nem kleinen Felsen auf die Fresse. Das ist wohl kunstvolle und vielschichtige Charakterentwicklung. Der einen Frau püriert er in Tobsucht mit einem Stein das Gesicht, der andere Frau schaut er melancholisch hinterher, bevor sich selbstbestimmt abfackeln lässt. *seufz* Niemand ist nur gut oder böse.. Selbst Daemon nicht.
Fazit: Natürlich gibt die Vorlage hier einfach weniger her, als es bei den ersten Staffeln von GoT der Fall war. Den Rhythmus zerstört man sich aber mMn mit den Änderungen für die Serie. Dazu kommt, dass man - trotz einer deutlich kleineren Geschichte - die Charakterzeichnungen wesentlich schlechter hinbekommt, als es bei der ersten Staffel der Originalserie der Fall war. Aus vielschichtig wird hier diffus. Das Budget und was man filmtechnisch daraus macht, ist aber beeindruckend. Auch die Kostüme und die erschaffene Welt sind immer noch unerreicht. Trotz der vieler Versuche anderer Streamingdienste hier mit eigenen Serien aufzuschließen.