Die siebte Staffel fand ich im allgemeinen noch ganz unterhaltsam und nicht so schlecht wie sie gemacht wird.
Ich kann den Standpunkt aus Sicht der reinen Serienseher verstehen. Aber (und das soll jetzt keine Kritik an dir* sein) wenn man zB nur mal fünf Minuten auf die Karte schaut, und damit auf die Welt, die man sechs Staffeln lang aufgebaut und etabliert hat, war die siebente Staffel das hanebüchenste und schlechteste Geschichtenerzählen, das ich je in so einer großen TV-Produktion gesehen habe.
In der letzten Szene der sechsten Staffel segelte Dany für eine epische Schlussaufnahme mit einer völlig überhöhten Armee nach Westeros. Es war die größte Armee aller Zeiten, die allen, was es in Westeros noch gab, haushoch überlegen war. Sie hatte 100.000 Dothraki incl. Pferden. Also ein gefürchtetes Reitervolk, das auf freien Feld fast unbesiegbar ist. Die Dothraki sind übrigens weit weniger stupide, als in der Serie dargestellt und vergleichbar mit den Hunnen. Auch sind sie von klein auf exzellente Bogenschützen (Gruß nach Winterfell). Dazu hatte sie mit den Unbefleckten 8.000 absolute Eliteinfanteristen. Außerdem hatte Dany bereits die Unterstützung aus Dorne und der Weite. Also den beiden südlichsten der sieben Königsländer. Die Weite ist zudem das mit Abstand bevölkerungsreichste, wohlhabendste und fruchtbarste Königsreich. Hier war Olenna aber die letzte ihres Hauses (und das auch nur halb) und die Gefahr eines Putsches stets vorhanden. Dazu hatte Dany mit Asha quasi noch die Opposition der Eiseninseln, eines weiten Königslandes.
So, was macht man jetzt? Man hat bereits den gesamten Süden des Kontinents auf dem Silbertablett und der Weg nach Norden steht danach weit offen. Segelt man also einfach nur geradeaus, landet in der Weite und sichert den gesamten Süden mit allen Vorräte und Reichtümern ab und vereinigt sich so völlig geschützt mit der Armee von Dorne und den Verbündeten der Weite. Nein? Sobald man nur das Ufer erreicht, hätte man bereits gewonnen. Nein? Okay. Man segelt also nach Norden und landet auf fucking Drachenstein. Einer kargen, kleinen Insel in der Schwarzwasserbucht. Also direkt in den Gewässern des Feindes und gegenüber von Königmund, der Hauptstadt des Feindes. Das wäre auch noch ganz gut gewesen, wenn man, wie schon Danys Vorfahren, einfach durchgesegelt wäre und Königsmund sofort eingenommen hätte. Man hätte auch damit gewonnen und fertig. Aber nein, man bleibt mit seinen über 100.000 Mann starken Landstreitkräften und 100.000 Pferden einfach auf dieser winzigen, kargen Insel in der Bucht vor Königsmund. Über Dinge wie, was es da so zu fressen gab, fragt man lieber nicht nach.
Man hat also die überlegenste Landarmee aller Zeiten und alles was man nicht hat ist die Seehoheit. Also hockt man sich eben auf diese kleine Insel vor die Flotte des Feindes. Und so passieren dann halt gaaanz überraschende Dinge. Euron versenkt Schiffe. Hui. Die Chefin von Dorne wird gefangen genommen und der gesamte Dornestrang endet in einer einzigen Minute Screentime. Asha wird ebenso erstmal aus der Serie geschrieben. In der Weite kommt der zu erwartende Putsch und Cersei hat plötzlich wieder Vorräte und Gold für die Goldene Kompanie. Jo eh.
Und nun kommt mein absoluter Tiefpunkt der Serie: Man sitzt also immer noch auf einer kleinen, kargen Kanalinsel mit einer überlegenen Landarmee fest. Gegenüber die kontinentale Küste. Quasi das französische Festland und die Hauptstadt Paris (in meinem Beispiel direkt an der Küste) fast in Sichtweite. Dazu hat man nur noch wenige Schiffe und der Feind hat gerade bewiesen, dass er die Seehoheit besitzt. Durch die eigene Lufthoheit hätte man aber etwas Spielraum und der direkte Weg an die Küste wäre immer noch frei. Was also tun? Richtig, man setzt seine Eliteinfanterie in die letzten Schiffe und greift.. tada.. Marseille an. Weil ein Berater dort einen Abwasserkanal kennt. Eurons Schiffe, die gerade irgendwo vor Spanien sind, ignoriert man einfach. Gott. Echt jetzt? Gut, und so wird es dann ganz überraschend. Der Feind, der Monate Zeit hat, zerstört mit seiner Seehoheit die Schiffe direkt nachdem man in Marseille an Land gegangen ist. Und somit waren die Unbefleckten dann die ganze siebente Staffel auf Casterlystein geparkt. Am Arsch der Karte. Ohne Vorräte und irgendwas. Nur um im Staffelfinale wieder einfach vor Paris/Königmund aufzutauchen. Zu Fuß, ohne irgendwas, quer durch das Stammland der Lannisters bzw. Frankreich. Ähm.. ja.
Über den genialen Plan einen Untoten für
Cersei zu fangen oder der Idee einen See mit einer kleinen Insel hinter der Mauer im eisigen Norden zu zeigen, der nur so halb zu gefroren ist und dann exakt in der Zeit ganz zufriert, in der es zweimal über den halben Kontinent geht, braucht ich gar nicht anfangen. Btw. Ich fand es schon, dass man in Folge 4 von Staffel 8 wieder nach Drachenstein zurückgkehrt ist. Erneut ohne an Euron zu denken. Echt humorvolle Anspielung auf Staffel 7. Und achja, zwischen Folge 4 und Folge 5 waren eigentlich Wochen, wenn nicht Monate. Gut, dass Euron Dany, Drogon und die hundert Unbefleckten auf Drachenstein nicht einfach irgendwann dazwischen abgeschossen hat. Er war ja nur mit 900 Schiffen direkt vor der kleinen, kargen Insel, während Dany depressiv rumhockte und langsam immer irrer wurde.
Mir haben die ersten Staffeln ja ehrlich ganz gut gefallen, aber spätestens seit Staffel 7 sind die Drehbücher einfach eine Frechheit. Man hat die Eckpunkte von Martin und die Wege dazwischen sind inzwischen komplett gaga und zudem auch ziemlich lieblos. Man merkt an allen Ecken und Enden, dass D&D einfach keinen Bock mehr auf GoT hatten. Im Übrigen ist genau deshalb auch jede Kritik an D&D gerechtfertigt. HBO wollte ja, nur D&D wollten nicht mehr. Sie selbst haben die Staffeln gekürzt und die Anzahl der Folgen verringert. Wenn dabei Murks rauskommt, ist es natürlich auch ihre Schuld.
*(Dass du nach zehn Jahren immer noch den gleichen Benutzertitel hast. Allein dafür jeden ehrlichen Respekt.)