So, Teil II
Samstag 18.09.2021 KV Oostende - Beerschot V.A. 3:1
Von Brügge aus ging es an die Nordsee. Morgens rein in den IC und ohne Zwischenhalt in nicht mal 20 Minuten nach Oostende. Mein Hotel hatte ich in Strandnähe gebucht. Da das Spiel erst am Nachmittag stattfand, sah ich mir zunächst mal die paar wenigen Touristenziele an. Viel hat Oostende nicht zu bieten, außer Hotel an Hotel. Es gibt noch einen ganz netten Park aber sowas ist eben auch eher was für Betagte und nicht für die Kategorie jung & dynamisch.
Da das Stadion auch in relativer Strandnähe steht, bin ich von meinem Hotel an der Promenade entlang. Zu meiner Überraschung war am Strand, trotz Sonne und +25 °C fast gar nichts los. Die Diaz-Arena selbst steht am Rande eines Wohngebiets und wird zukünftig noch vom ein oder anderen Hochhaus zugebaut. Die Rohbauten stehen schon und wer da keinen Meerblick abbekommt kann immerhin noch Profifußball sehen ohne dafür zahlen zu müssen. Erste Ernüchterung trat ein, als ich feststellen musste, dass man erst eine Clubkarte benötigte um sich am Imbiss eindecken zu können. War mir für die zwei Stunden aber zu viel Mühe, also wurde das Spiel ohne Bratwurst angesehen. Nach Begutachtung der Startaufstellung waren mir die meisten Spieler unbekannt. Bei Oostende sagte mir lediglich der von RB Leipzig ausgeliehene Fredrik Jäkel etwas. Bei Beerschot spielt mittlerweile der ehemalige VfB-Profi Raphael Holzhauser. Der wirkte so, wie der große Ex-Profi der seine Karriere unterklassig ausklingen lässt. Kaum Bewegung, viel lamentieren und alle Standards schießen.
Das Spiel selbst begann recht flott und war gut anzuschauen, was vor allem an Oostende lag. Nach 8 Minuten stand es bereits 2:0 wobei der Ball da effektiv vielleicht die Hälfte der Zeit lief, da der VAR zum Elfmeter einige Zeit benötigte. Torschütze zum 1:0 war Makhtar Gueye. Für mich die Entdeckung meiner Reise, weil das der Typ Mittelstürmer ist, den ich selbst bevorzuge. Richtige Kante aber auch technisch nicht ohne, wich viel auf die Flügel aus, und war immer anspielbar. Ich schätze mal lange wird der nicht mehr in Oostende spielen. Kam vorletzten Sommer für 1 Mio. aus St.-Etienne und brachte es in der Debutsaison auf 11 Tore in 31 Spielen. In dieser Saison sind es bereits 7 Hütten in 10 Einsätzen. Zur Halbzeit legte der Haus und Hof DJ dann noch Scooter auf. How much is the fish passt aber auch perfekt zur Location.
Zuschauermäßig war die ganze Sache wieder recht übersichtlich. Angeblich 3.000 Fans bei einer Kapazität von 8.500. Also mind. eine der Angaben ist geschönt worden
Beershot hatte übrigens nie wirklich eine Chance. Die gehen mit der Truppe in die 2.Liga, wenn die im Winter nicht super Material zulegen können. Das 3:1 war jedenfalls richtig schmeichelhaft. Am Ende gab es auch noch den einzigen Platzverweis den ich in meinen 7 Spielen sehen durfte. Gegen den Trainer von Beerschot. In der 95. Minute. Der musste nicht mal auf die Tribüne da der Schiri anschließend abpfiff. Auf dem Hinweg zum Stadion hatte ich mir schon überlegt, den Rückweg direkt am Wasser zurückzulegen. Als ich also am Strand ankam, die Schuhe auszog und an den Bretterhütten, die quasi die Strandkörbe darstellten, vorbei ging stand ich etwas blöd da: Kein Wasser. Hatte ich die Rechnung ohne die Ebbe gemacht. Na ja von meinem Plan mit dem Wasserspaziergang lies ich mich trotzdem nicht abbringen und legte die zusätzlichen Meter zurück, bis die Füße endlich im Meer standen. Nach ca. 3 km Rückweg war ich wieder im Hotel, wo eine deutsche Rentnergruppe nach der anderen eincheckte. Von meinem kurzfristig geschossenen Zimmer abgesehen, war der Schuppen wohl recht teuer. Zumindest bekam ein älterer Herr von seiner Gemahlin am nächsten Morgen einen riesen Einlauf auf offener Straße, weil er es gewagt hatte sich Schaufenster anzusehen statt einen Platz in der Frühstücksschlange zu besetzen. Über 20 € sollte das pro Person kosten, also nichts, was mich dazu bewegt hätte mich ebenfalls einzureihen.
Sonntag 19.09.2021 KV Kortrijk - KAA Gent 1:0
Der Sonntag war der nächste knifflige Punkt meiner Reise. In der ersten Rohplanung wollte ich eigentlich St.Truiden gegen Genk schauen und Abends das Spätspiel in Kortrijk. Da aber, wie im letzten Beitrag schon erwähnt, die Rad-WM in Brügge stattfand, strich ich das erste Spiel von der Liste. Morgens war ich also nochmal am Meer, bevor ich gegen Mittag mit Sack und Pack zurück zum Bahnhof ging. Wieder 20 Minuten Fahrtzeit später stand ich erneut in Brügge. Kurzerhand wurde der Koffer am Bahnhof eingeschlossen und der Weg zum Ziel der Rad-WM angetreten. Neben Bühne und ein paar Ständen der Sponsoren gab es genau einen Imbissstand, der allerdings für alle Besucher ausreichte. Nach einem ersten skeptischen Blick auf die kurzen Schlangen bezogen stellte ich nämlich auch hier fest, dass man zunächst eine Karte holen und die aufladen musste, bevor das Futter herausgegeben wurde. Auch darauf verzichtete ich und weiß immer noch nicht so richtig, wo das Problem liegt da einfach Kreditkartenzahlung zu erlauben. Zurück zum sportlichen. Zunächst konnte ich mir einen netten Platz auf Höhe der Ziellinie sichern, von wo ich gleichzeitig die Leinwand mit aktuelen TV-Bildern sehen konnte. Einzelzeitfahren hat natürlich den Vorteil, dass die fast alle einzeln ankommen (Ausnahme jemand wird in dem Moment eingeholt) und quasi durchgehend etwas passiert. Deshalb verlies ich nach den ersten Zielankünften meinen Platz und marschierte weiter Richtung "Auslaufzone". Zwischen ein paar Menschen hatte sich eine Lücke gebildet so dass ich direkt ans Absperrgitter kam, wo rein zufällig auch die deutschen Betreuer auf ihre Schützlinge warteten. Den Platz hielt ich, so dass ich einige Zeit später auch die beiden deutschen Teilnehmer Max Walscheid und Tony Martin noch aus nächster Nähe sehen konnte. Gegen Ende hin zog ich mich dann in den Nähe meines alten Platzes zurück. Dort konnte ich mit ansehen, wie die Launen der Zuschauer, nachdem vor dem letzten Fahrer mit Remco Evenepoel und Wout van Aert zwei Belgier vorne lagen, sich bei den Zeiten vom Italiener Filipo Ganna von
über
zu
veränderten. Am Ende gewann Ganna mit 6 Sekunden Vorsprung
Nachdem ich also noch die Siegerehrung verfolgt hatte, ging es fix zum Bahnhof und von dort auf in Richtung Kortrijk. Damit war auch der Wechsel vom schönen grünen Flandern hin zum grauen, tristen Flandern eingeleitet. Kortrijk bildet nämlich zusammen mit Tournai, Mouscron und Menen auf belgischer, sowie Lille auf französischer Seite den ersten europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit. Also viel Industrie und demzufolge nicht mehr ganz so hübsch, wie meine ersten Stationen. In Kortrijk hatte ich gleich ein ganz schickes Hotel am Bahnhof. Dort war allerdings nur Zeit zum Klamotten abladen und schon musste der Weg zum Stadion anvisiert werden. Ungefähr 30 Minuten Fußmarsch und mehrfaches Nachfragen später war ich am Stadion. Das Stadion selbst, vor allem Abends, sieht man schon von weitem. Alledings ist das Gelände auf zwei Seiten zugebaut, so dass man einen recht großen Umweg gehen muss, wenn man, wie ich, auf der falschen Seite ankommt. Das Gelände selbst hatte seinen Charme. Vor dem Stadion waren mehrere Holzhütten und Imbisswagen aufgestellt, was ein wenig an Weihnachtsmarkt erinnerte. Nachdem ich zunächst mitten im Fanblock und anschließend wieder auf der falschen Seite des Stadions stand (Schilder sind auch überbewertet), fand ich schließlich meinen Platz. Ich hatte schon bei der Reiserecherche festgestellt, dass die Dächer der einzelnen Tribünen von Pfeilern gehalten werden die zwischen den Plätzen stehen. Also hatte ich versucht einen Platz zu wählen, wo die Dinger mir nicht die Sicht verdeckten. Leider musste ich dann feststellen, dass es nicht möglich war, nicht von der Konstruktion in der Sicht eingeschränkt zu werden. Gut, man hätte sich in die ersten Reihen setzen können, aber da war der Blick auch mau. Das Spiel selbst war dann relativ zerfahren und das Drumherum fast besser als der Fußball, da beide Fangruppen ordentlich Stimmung machten. Überhaupt war ich überrascht, dass Gent so viele Auswärtsfans dabei hatte. Insgesamt 5.000 Zuschauer bei einer Kapazität von nicht mal 10.000 ließen das diesmal auch angenehm voll wirken. Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. Kortrijk erzielte früh das 1:0 per Elfmeter, Gent kam in der 2.Halbzeit ebenfalls noch zu einem Strafstoß, den Roman Bezus aber am Tor vorbei schob. Ansonsten waren Chancen Mangelware und ich ärgerte mich schon, dass ich mir Gent ein paar Tage später nochmal antun müssen würde. Auf dem Heimweg war auch in Kortrijk, wie schon in Brügge, Abends nichts los auf den Straßen. Also wirklich nichts, quasi unheimlich nichts
Im Hotel wurde dann noch fix die Unterkunft für den nächsten Tag gebucht und die Strecke geplant, die mich auf die andere Seite der Grenze, nach Frankreich, bringen sollte ...
Fortsetzung folgt.