Bevor die Schweizer wieder tief blicken lassen, schiebe ich mal Teil III meines Reiseberichtes nach
Montag 20.09.2021 kein Spiel
Der Montag war frei und ich hatte geplant den Tag in Lille zu verbringen. Im Nachhinein wäre nochmal nach Brügge und einen weiteren Rad-WM-Tag einlegen vielleicht spannender gewesen aber na ja ... Ich verlies früh mein Hotel in Kortrijk und stieg in den IC nach Lille. Das Wetter am Morgen war eher mäßig und es nieselte etwas. Übrigens der einzige Tag, an dem ich kein Sommer-Wetter hatte. Die Zugfahrt sollte nicht lange dauern, etwa eine Stunde. In Lille angekommen verlies ich direkt den Bahnhof und begab mich auf den Weg zum Hotel, was nur ca. 5 Min. Fußweg entfernt war. Direkt vor dem Bahnhof wurde ich aber schon das erste Mal von einer jungen Frau nach Essen angesprochen. Ein paar Meter weiter kamen dann zwei Kinder mit derselben Anfrage und weiter nochmal eine etwas betagtere Frau. Sehr nervig, vor allem weil man immer den eigenen Kram im Blick behalten muss. Diese Bettelei ist an deutschen Bahnhöfen in Großstädten ja ähnlich und weil das in meinem Fall schon übermäßig viele, für den kurzen Weg, waren fiel mir erstmal auf, dass es so etwas in Belgien gar nicht gab. Dort wurde ich weder in Brügge noch Oostende oder Kortrijk angequatscht bzw. sah etwas das in Richtung Obdachloser o.ä. ging (In Brüssel sah es dann aber ähnlich aus, wie in den französischen Städten). In Lille war wahrscheinlich auch deshalb eine ganze Menge Polizei unterwegs und auch ein paar Soldaten die zwischen dem normalen Bahnhof und dem "Euro-Bahnhof" patrouilierten. Ich hielt also meine sieben Sachen fest und steuerte das Hotel an. Fix eingecheckt und das Zimmer begutachtet. Alles soweit okay für den kurzen Aufenthalt wobei ich subjektiv einschätzen würde, dass deutsche Hotels sauberer sind als die gleichrangigen französischen. Da ich für den Tag kein großes Ziel hatte, schnappte ich meinen Rucksack und wollte die Sehenswürdigkeiten der Stadt erkunden. Ich stand mit
@Cudi in Kontakt, der vorher von Lille schwärmte. Eine Einschätzung die ich nur bedingt teile
Lille hat schon seine schönen Seiten, viele Geschäfte und kleine Gassen. Leider war vieles geschlossen, Montag eben. Ich beschloss also das Kastell aufzusuchen, was etwas außerhalb gelegen ist. Man musste über einen kleinen Kanal und kam so auf eine Art Insel. Da erwartete mich erstmal ein großer Rummel, auf dem allerdings nicht wirklich etwas los war (zu früh?). Ich lies den Rummel links liegen und begutachtete erstmal den Park, in dessen Mitte das Kastell lag. Wirklich schön anzusehen, wie die alten Verteidigungsmauern, die Wassergräben und die Natur sich dort ineinanderfügten. Nachdem ich das Kastell umrundet hatte, wollte ich durch den Eingang einen Blick ins Innere reinwerfen. Draußen vor der ersten großen Mauer stand ein großes Plakat. Alles französich, aber den Teil mit der französichen Armee hab ich verstanden. Egal, trotzdem mal gucken. Vor mir lief ein älterer Herr. Tourist, ganz klar. Der steuerte zielgerichtet auf die Schranke zu, die den Weg zur Brücke, und damit zum Kastell-Inneren selbst, schloss. Ich mit Abstand hinterher. An der Schranke angekommen, sprangen auch schon vier bewaffnete Männlein aus einem Häuschen am Rand. Die griffen sich sofort den Herren und geleiteten ihn ganz nach draußen, während sie mich gar nicht beachteten. "Richtig so!" dachte ich mir, "blöder Tourist!" und machte auf den Hacken kehrt. Wollte schließlich nicht auch mit Geleitschutz zurück, und kannte ja den Weg
Anschließend ging es wieder zurück in die Stadt. Ein wenig herumschauen, ohne große Besonderheiten. Zum Abschluss ging ich noch Einkaufen, in einer großen Mall zwischen den beiden Bahnhöfen. Diesmal, ohne Koffer und weniger wie auswärtig wirkend, wurde ich nirgends angequatscht. War mir ganz recht. Nach dem Einkauf ging es dann ins Hotel. Der Fußmarsch hatte ganz schön geschlaucht, also mal den TV angeworfen. Circa 50 Kanäle und 49 davon französisch. Überhaupt haben es die Franzosen ja nicht so mit dem Englisch. Ich blieb dann bei einem französischen Sportsender hängen. Dort lief die Partie Frankreich-Paraguay von der WM 1998. Man, man, man so schlecht hatte ich das damals gar nicht in Erinnerung ...
Dienstag 21.09.2021 Valenciennes - Bastia 2:1
Der Dienstag stand im Sinne der 2. Liga. Ich packte Morgens meine Sachen und ging zum Zug. Anders als in Belgien hält der Zug hier überall und ab drei Häusern hat man in Frankreich das Recht auf einen Bahnhaltepunkt
Sparfuchs (Part I) wie ich war, hab ich in Valenciennes auf das Hotel am Bahnhof verzichtet und ein wirklich günstiges Apartment gebucht, das etwas näher am Stadion lag. Leider hab ich Blödbommel dabei einen wichtigen Teil vergessen: Apartments haben keinen check-in bei dem man sein Gepäck aufgeben konnte. Ich musste also erstmal zwei Stunden Zeit totschlagen, bevor in meinen Kram ablegen konnte. Da mir der Koffer nach wenigen Minuten auf den Zeiger ging, verbrachte ich die restliche Zeit mit Essen in einem Park. Als die Zeit dann ran war, ging ich zu der Adresse des Apartments. Dort angekommen betrachte ich erstmal einen riesigen Berg Müll neben dem Eingang, hübsch arrangiert mit dem drumherum wachsenden Unkraut. WTF! Gleich Handy gezückt und Stornierung beantragt. Der Kerl am anderen Ende der Leitung versuchte zunächst alles runter zu spielen. Es würde alles den Nachbarn gehören und sie hätten darauf keinen Einfluss, weil ihnen nicht die Häuser sondern nur wenige Wohnungen darin gehören würden. Ich solle doch mal klingeln, die Damen von der Reinigung wären noch vor Ort und könnten mir alles zeigen. Ich schaute also nach der Klingel die, natürlich, komplett im Eimer war. Zu meinem Glück war auch das Schloss der Haustür kaputt und ich konnte den Flur betreten.
Dort stieß ich auch schon auf die Damen vom Reinigungstrupp, die gerade mit demselben Kerl telefonierten, der mich vorher beschwichtigen wollte. Die Damen, dem Englischen nicht mächtig, zeigten mir also die Wohnung. Zu meiner ehrlichen Überraschung, sah das Ding wirklich top aus. Alles wie beschrieben und selbst der übertrieben große Flatscreen im Wohnzimmer war vorhanden. So kann man sich also täuschen.
Ich ordnete also meinen Krempel und dann machte ich mich auch schon wieder auf dem Weg zum Stadion. Eine gute halbe Stunde zu Fuß und damit auch die halbe Stadt erkundet. Valenciennes hat, soweit ich das sehen konnte, nichts spektakuläres zu bieten, weswegen man extra dorthin fahren müsste. Die Innenstadt ähnelt, mit den geschäftigen kleinen Gassen, Lille sehr, weshalb ich mich nicht großartig damit aufhielt. Das Stade du Hainaut wirkt dann etwas surreal von Außen. Die silberne Außenhülle ist etwas gewöhnungsbedürftig aber auch interessant:
Ich hatte mir natürlich vorher schon ein Ticket gesichert. Unterrang, Höhe Mittellinie, und auch recht günstig (Preis gerade nicht zur Hand). Sparfuchs (Part II) fand das super und schlug zu. Ich also, nach einer ersten Umrundung von Außen, hinein ins Stadion. Es passen 25.000 Zuschauer rein, aber selbst zur Eröffnung 2011 gegen den BvB kamen nur knapp über 22.000 Leute. Zum Abendspiel gegen Bastia waren es dann etwas über 4.600. Nach meiner Erkundungstour wollte ich meinen Platz einnehmen und wunderte mich schon etwas, dass doch relativ viele Menschen in dem Bereich waren. Nach ein paar Minuten der Beobachtung musste ich feststellen, dass der Fanblock von Valenciennes nicht hinter einem der Tore, sondern auf dem Unterrang der Gegentribüne ist. Eben dieser Gegentribüne, für die ich eine Karte hatte. 'Schöner Mist' dachte ich mir und sah mir die Sache erstmal weiter an. Als die Mannschaften sich zum Anstoß bereit machten, wurden im Fanblock die großen Fahnen herausgeholt und geschwenkt. Der Chef der Truppe holte sein Megafon hervor und begann Fangesänge anzustimmen. Mit Sitzplatz war es also Essig und auf das Gegröhle inkl. eingeschränkter Sicht hatte ich nun gar keine Lust. Ich verzog mich also eine Etage höher, zu den alten Säcken und doch recht vielen Jugendlichen, die nach und nach immer mehr wurden, sich aber ziemlich auffällig unauffällig verhalten wollten. Jede Wette, dass die irgendwo über den Zaun gekommen sind
Das Spiel ging flott los und bereits in der 9.Minute kam es zum obligatorischen Elfmeter. Valenciennes ging 1:0 in Führung aber Bastia war über weite Strecken doch die bessere Mannschaft und kam kurz vor der Pause zum Ausgleich. In der 2.Halbzeit ein ähnliches Bild. Valenciennes ging wieder in Führung, aber diesmal konnte Bastia keine der Chancen nutzen, weshalb es einen schmeichelhaften Heimsieg gab. 2. Liga. Abstiegskampf. Gefiel mir gut, muss ich ehrlich zugeben. Auf Seiten von Valenciennes waren übrigens auch zwei Spieler im Einsatz die vielleicht einigen hier bekannt sind. Das waren zum einen der Ex-Bremer Sambou Yatabare (mehr als 2.Liga in F ist echt nicht drin) und der ehemalige französische Nationalspieler und Gunner Mathieu Debuchy. Auch der lief seiner Form aber hinterher.
Teil IV folgt ...