So hab ich's auch gesehen. Es gab nicht wenige skandalöse Fehlentscheidungen - auch wenn ich nicht ausschließen will, dass die im Falle einer engen Partie gegen Spielende noch gekommen wären. Es war eher sowas wie eine systematische Benachteiligung. Als würden die Schiris zwei verschiedene Linien laufen lassen. Das ist in der Tat clever, denn die einzelnen Entscheidung für sich selbst genommen waren nicht unfassbar skandalös, die meisten könnte man - ohne entsprechenden Kontext - vermutlich sogar noch rechtfertigen. Kurios wird es erst dann, wenn man sieht, was auf der anderen Seite (nicht) gepffiffen worden ist. Symptomatisch für mich, wie unterschiedlich das Zeitspiel gehandhabt worden ist. Wurde bei Deutschland der Arm gehoben, erfolgte wenige Sekunden später auch der Abpfiff. Die Kataris mussten sich bei gehobenem Arm nur immer wieder plump in die deutsche Abwehrreihe fallen lassen und bekamen so wieder und wieder das Angriffsrecht. Wie liberalmente sagt, zog sich die ungleiche Bewertung auch in den Bereichen Schrittfehler, Offensivfoul, Abwehrhärte, falsche Sperre usw. fort. Dazu muss für meine Begriffe mindestens ein Katari zwingend Rot sehen.
Insgesamt bin ich aber der Meinung, dass man die Kirche trotzdem im Dorf lassen sollte. Zum einen, weil eine Bevorteilung der ausrichtenden Mannschaft bei einer WM/EM keine Seltenheit ist. Auch wenn die WM in Katar in dieser Hinsicht womöglich in neue Sphären vorgestoßen ist. Zweitens denke ich, dass die schwache Leistung der deutschen Mannschaft mindestens genausoviel - tendenziell eher mehr - mit dem Ausscheiden zu tun hatte als die Leistung der Refs. Und abschließend finde ich: Wenn man unter dubiosen Umständen in die WM gerutscht ist, muss man nicht Zeter und Mordio schreien, wenn man unter dubiosen Umständen wieder ausscheidet. Ist einfach meine Meinung - auch wenn man die beiden Dinge wahrscheinlich besser getrennt betrachten sollte.
Im Grunde kann man auf deutscher Seite doch ziemlich zufrieden sein. Man hat sich gut und kämpferisch präsentiert und eine Reihe hochkarätiger Gegner aus dem Weg geräumt. Hätten vorher die wenigsten gedacht. Und wer unbedingt will, kann ja nun die Legende (?) nähren, dass man gegen die dunkle Macht des Geldes und unter betrügerischen Umständen unverdient aus dem Turnier gekegelt worden ist. Polen hat man ja schon in der Vorrunde besiegt, also ist man jetzt zumindest schonmal Finalist der Herzen oder so.
Gut zusammengefasst. Wir sind gescheitert an der eigenen Leistung, die leider nicht dem entsprach, was wir im Turnierverlauf zuvor von der deutschen Mannschaft gesehen hatten und nicht zwangsläufig an der systematischen Benachteiligung durch die Schiedsrichter. Zu Beginn der 2. HZ war Deutschland doch auch in der Lage mit einem Zwischenspurt bis auf 1 Tor heranzukommen.
In der Zeitspielregelung heißt es ja, dass man nach dem Signal seine Spielweise ändern muss, so dass zu erkennen ist, dass man offensiv zum Tor geht, was somit auch bedeutet, dass vor dem Wurf auch durchaus noch 3-4 Pässe zulässig sind. Das Zeitspiel wird jedoch nicht dadurch aufgehoben, dass die angreifende Mannschaft einen Freiwurf zugesprochen bekommt (es sei denn zuvor geht eine persönliche Bestrafung voraus, die das Zeitspiel aufhebt) oder die verteidigende Mannschaft den Wurfversuch blockt, sondern erst wenn der Ball gegen Pfosten oder Latte prallt bzw. der TW den Ball hält, entsteht eine neue Angriffssituation, die das Zeitspiel aufhebt.
Es ist daher nicht ersichtlich, wieso die Kataris in einem Angriff nach erfolgtem Zeitspiel-Signal noch dreimal die Möglichkeit zum Torabschluss hatten, obwohl keine der oben genannten Situationen zutraf. Ein weiterer Punkt, der deine These zur systematischen Benachteiligung der deutschen Mannschaft unterstreicht, ist die unterschiedliche Handhabung des Stürmerfouls. Normaler Weise kommen diese vielleicht 2-3 Mal in einem Spiel pro Mannschaft vor. Hier wurden die Deutschen klar benachteiligt, was immer einhergeht mit einem Ballverlust, so dass daraus keine Möglichkeit bestand, ein Tor erzielen zu können. Am ehesten zu verkraften, ist dabei noch die ruppige Gangart der Kataris, wenngleich die Deutschen sich dieser auch kollektiv hätten anpassen können. Trotzdem mag ich lieber ehrliche Härte sehen und wünsche mich Schiedsrichter, die ein Spiel auch dahingehend steuern.