Nach der ersten Jahreshälfte Zeit für ein kleines persönliches Zwischenfazit, meinetwegen alles als Kaufanreiz zu verstehen. :rocky:
1. Archive - Controlling Crowds
Wie schon zuletzt im "was ihr hört ihr..." - Thread erwähnt konnten Archive mich bisher am meisten begeistern 2009.
"Bullets" sticht neben
"Dangervisits" als Highlight heraus. Wobei hier sowieso alles ganz toll ist, selbst die Rap-Parts fügen sich nahtlos ein, die Ausstrahlung von mehr 12 Jahren Banderfahrung ist omnipräsent.
Weiterer Anspieltipp ist
"Whore", was mich angenehm an Portishead in der Zeit vor ihrem Monster "Third" erinnert. "Controlling Crowds" braucht sicher 5-6 Durchläufe bis es seine wahre Größe entfalten kann, läuft aber mittlerweile rauf und runter bei mir. 9/10
2. The Decemberists - Hazards of love
The Decemberists, nach Arcade Fire sowas schon sowas wie eine Lieblingsband, enttäuschen auch dieses Jahr nicht. Auf der Spur nach dem perfekten Popsong waren sie ja lange genug, in "Crane Wife" gab es dann schon eine Nacherzählung eines japanisches Volksmärchens als Überbau und genau diese Idee eines Konzeptalbums wurde weiterentwickelt. Auch wenn der glasklare Pophit diesmal fehlt funktioniert auch jeder Song eigenständig betrachtet prächtig. Das Album als Gesamtwerk ist dennoch rätselhafter als frühere Werke, der Sound rockiger, durch verteilte Rollen beim Gesang, Vorahnungen und Rückblicke, wiederkehrende Motive ausgefeilter. 9/10, der Thron von "Picaresque" wackelt jedoch nicht.
Anspieltipps:
"The Wanting Comes in Waves"
The hazards of love 3 (Revenge!)
The queen's rebuke/The crossing
3. The Thermals - Now we can see
Ein im Prinzip klassisch rockendes Gitarrenalbum, dass mit Hits und den wunderbarsten Melodien nur so um sich wirft. Ich weiß nicht welcher Trick es genau ist, aber mich bekommen sie damit im Minutentakt.
Viel gibt youtube nicht her, aber immerhin das
Video zu "Now we can see" und eine gelungene Live-Version von
"we were sick". 8,5/10
4. Bat for lashes - Two Suns
Natasha Khan a.k.a. Bat For lashes brachte dieses Jahr ihr zweites Album raus. Das sie sich diesmal Yeasayer an Bord geholt hat um den Sound zu verfeinern hat hört man beispielsweise an den wunderbaren Trommeln beim Opener
"Glass". Mit
"Daniel" gibt es auch noch eins der besten Musikvideos des Jahres zu bestaunen. Ein
Duett mit Scott Walker rundet das Ganze ab, vielleicht das heimliche Highlight zum Schluß - eine musikalische Atmosphäre, die auch gut in den "club silencio" von Mulholland Drv. gepasst hätte.
Für Jeden, der mit PJ Harvey, Tori Amos oder Beth Gibbons´ Soloplatte was anfangen kann ist "Two Suns" unbedingt zu empfehlen. 8/10
(das Berlin-Konzert im Mai wurde leider abgesagt und erstmal aufs Jahresende verschoben *seufz*)
5. Anthony and the Johnsons - The crying light
Kann mich der Bewertung von Who, der hier eh meist sehr tolle Sachen vorstellt, nur anschließen.
Who schrieb:
Antony Hegarty ist der Sänger und hat einfach eine so dermaßen unglaubliche Stimme dass du aus dem Staunen nicht mehr herauskommst. Schlicht eine Offenbarung, dazu unglaublich tiefsinnige Texte die mit ganz grandioser Poesie daherkommen. Damit ich nicht nur einfach weiter mit Superlativen schmeiße darft mal wer anders, um mal etwas aus der FAZ zu zitieren :
"...man kann kaum glauben, dass solche unsagbar traurigen, zugleich schwerelosen Lieder möglich sind. Das kann man nicht gebrauchen, ich wüsste jedenfalls nicht, wozu. Und weil ich Antony nicht brauche, werde ich nicht mehr ohne ihn leben können."
Zwar nicht mein Favorit in diesem Jahr, aber möglicherweise ein Album, das noch weit länger nachwirkt als die bereits erwähnten. ?/10
"Another World"
6. Metric - Fantasies
Fantasies heißt das mittlerweile vierte Album der Kanadier um Frontfrau Emily Haines. Den ganz großen Ohrwurm-Hit gibt es gleich zu Begin mit
"Help I'm Alive". Die Single-Auskopplung
"Sick Muse" steht dem in Nichts nach, zieht in punkto Eingängigkeit sogar nochmal die Geschwindigkeit an. Den letzten Anspieltipp liefert
"Front Row", warum dieses schreckliche Hintergrundbild für youtube gewählt wurde weiß ich allerdings nicht. panik:
Insgesamt hätte das Album vielleicht die ein oder andere zackige Idee mehr vertragen können, die Melodien überzeugen aber weitesgehend und im Gegensatz zu den Yeah Yeah Yeahs wurde 2009 das Niveau der Vorgängeralben gehalten. 8/10
7. Klez.E - Vom Feuer der Gaben
Nach vielen Kommentaren, die in Richtung "weinerlich" und "zu kitschig" gingen war ich im Vorfeld schon etwas skeptisch. Eine unberechtige Sorge, Klez.E spielen 2009 alles an die Wand, was deutschsprachigen Alternativerock angeht. Extrapunkt für das Einbauen der Textzeile "Liebst du mich dann Lieb ich dich" ohne dass das schlager- oder tomtemäßig (was ja im Grunde das Gleiche ist) klingt. 8/10
Wir ziehen die Zeit
Madonna
9. The Dø - A Mouthful
Glücklicherweise gibt es mit Go TV noch sowas wie anständiges Musikfernsehen. Und zum Glück lief das an die Cardigans erinnernde
"On my shoulders" vor 2-3 Monaten bei denen rauf und runter. Bin dadurch auf die französische Indiepopband "The Dø" gestoßen. Deren Album "A Mouthful" ist zwar schon aus dem letzten Jahr, wurde aber bis vor kurzem nicht in Deutschland veröffentlicht. Neben den eingängeren Popsongs steht die Band aber auch für Vielseitigkeit und Einfallsreichtum.
"Queen dot kong" als Beispiel, ebenfalls toll:
"Aha". 8/10
9. Sophie Hunger - Monday´s Ghosts
Ein weiteres Album, dass zwar schon älter ist, aber erst dieses Jahr den Weg nach Deutschland gefunden, diesmal aus der Schweiz. Sophie Hunger heißt die Dame und glänzt mit einer betörenden Stimme sowie Songs, für die es nur schwer treffende Worte geben kann. Diese sind beinah durchweg in englischer Sprache geschrieben, ein zauberhaft rührendes Highlight bietet jedoch
"Walzer für Niemand", das bislang stärkste deutschprachige Lied in diesem Jahr. "Bald bin ich nichts / Und das, was dann bleibt / Ist Deine Wenigkeit."
Das Potenziel scheint beinah endlos, auch wenn es hier noch nicht durchweg abgerufen wird folgende zwei Highlights:
Rise and Fall
Round and round
8/10
10. Wintersleep - Welcome to the night sky
Um es kurz zu beschreiben: emotional gefärbter Rock, der in den besten Momenten an Aereogramme erinnert.
Mein Highlight auf der Platte:
"dead letter and the infinite yes". Weiterer Anspieltipp:
Weightly Ghosts
7,5/10
11. Marissa Nadler - Little Hells
Nadlers Stimme ist nicht greifbar, verliert jegliche Bodenhaftung. Ihre Songs sind oft nur durch eine erhaben gepickte Gitarre getragen. Die verträumt sehnsüchtige Leichtigkeit in der Musik erinnert auch an Anthony and the Johnsons oder an Joanna Newson würde sie schneller auf den Punkt kommen - im Gegensatz zu Marissa Nadler klingen all die Norah Jones Lieder, all die Songs von Dido oder Katie Melua nach harmloser Fahrstuhl-Musik. 7,5/10
Heart Paper Lover
12. The Dears - Missiles
The Dears schweifen gerne aus, pefektionieren ihre Songs akribisch, verbrauchen beinah jegliche Saite oder Klaviertaste die zur Verfügung steht um zum Ziel zu gelangen. Missiles wurde so zu einem Album dem man jede investierte Arbeitsminute anhört, bleibt aber im Grunde dennoch Popmusik. Vielleicht etwas melodramatischer als der Rest, vielleicht an einigen Stellen zu dick aufgetragen, exemplarisch eine Stelle aus Crisis 1 &2: "It's a suicide mission that has us by the balls". 7/10
Anspieltipps:
Crisis 1 & 2
Dream Job
Disclaimer
Money Babies
13. Maximo Park - Quicken the heart
Im Gegensatz zu Franz Ferdinand, die es doch recht klar nicht in meine Auswahl schaffen, machen Maximo Park weiterhin Spaß. Überragend ist das zwar alles schon seit 2005 nicht mehr, die clubtaugliche Explosivität ist aber glücklicherweise weiterhin auf ihrer Seite. 7/10
Wraithlike
The kids are sick again
14. The Pains of being pure at heart - The Pains of being pure at heart
Angenehm unzeitgemäß klingt diese Newcomer-Band aus Brooklyn, die Songs sind denkbar simpel ohne das es negativ belegt wäre, der Sound versprüht eine einzigarte Leichtigkeit. Die Platte ist schön, ohne Zweifel, um auch noch alle möglichen Schubladen aufzumachen: Indiepop meets shoegaze meets Raveonettes mit mehr Gitarren meets the smiths... 7/10
Ganz nach Sum 41: all killer no filler
A Teenager in love
Young Adult Friction
15. Sunset Rubdown - Dragonslayer
Hab die CD noch nicht alzu lange, eine höhere Platzierung dieses Nebenprojekts von Wolf Parade - Frontmann Spencer Krug wäre sonst zweifelsfrei möglich. Für mich immernoch eine der eindrucksvollsten Stimmen im Geschäft, auch nach wenigen Durchgängen bin ich schon hin und weg. ?/10
Silver Moons
Idiot Heart
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Das wäre dann meine Halbjahresliste, ebenfalls erwähenswert:
Morrissey - Years of Refusal
Zum ersten Mal gefällt mir ein Morrissey Soloalbum fast durchweg. Tipp:
I´m throwing my arms around Paris
Trail of dead - The Century of self
Knapp am cut gescheitert. //
Insatiable Two
Beirut - March Of The Zapotec / Realpeople Holland
Leider deutlich schwächer als frühere Werke, ein klares Highlight immerhin mit
La Llorona
Niccokick - The good times we shared, were they so bad?
Jugendliche Leichtigkeit, die ebenfalls an "the pains of being pure at heart" erinnert - kenne nur ein paar Songs über youtube, diese sind aber gar nicht verkehrt. //
the poet
Dredg - The Pariah, The Parrot, The Delusion
Catch without Arms und El Cielo waren Meisterwerke, das aktuelle Album ist nur noch gut.
Information wird wohl schon sehr bekannt sein mittlerweile.
Lily Allen - It´s not me, It´s you
Album geht durchaus in Ordnung,
"The Fear" ist schon ein guter Popsong, Text leider recht platt.
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Noch nachzuholen aus Jahreshälfte 1:
A Hawk and a hacksaw, Placebo, Dirty Projectors, Mars Volta, Wilco, Malajube und und und