Ich bin zugegebener Maßen kein Fan von LBJ, wenngleich er augenblicklich der beste Spieler der Liga ist. Sein Wechsel zu den Cavs bringt zumindest die Kräfteverhältnisse in der Eastern Conference wieder etwas durcheinander. Ob dabei gleich ein neuer Titelaspirant entsteht, wird sich im Laufe der Saison zeigen. Ich finde auch, in den Cavs immer eine Blaupause der Miami Heat sehen zu wollen, nicht zwingend den richtigen Ansatz. Natürlich sollten die Spieler zueinander passen, aber es muss ja nicht gleich heißen, Love ersetzt Bosh und Irving ersetzt Wade.
Blatt ist ein international anerkannter und erfolgreicher Coach, der aus dem vorhandenen Spielermaterial das Optimale herausholen wird und den Cavs eine eigene - seine Philosophie vermittelt. Um die Offensive mache ich mir bei den Cavs weniger Sorgen. James und Love sind tolle Scorer, Irving und Waiters werden auch an ihren Schwächen arbeiten und sich stabilisieren. Defensiv glaube ich, dass wir von Blatt viel Zonenverteidigung sehen werden, so dass die ein oder andere Schwäche in einem System kaschiert werden kann. Ringbeschützer sind nicht alles, solange man dem Gegner nur schwierige Würfe gibt und den Rebound kontrolliert. Die Warriors haben es unter Mark Jackson vorgemacht, wo der doch recht schwache Verteidiger David Lee im System "versteckt" werden konnte.
Ich glaube auch, dass die Cavs versuchen werden, schnell zu spielen. Love leitet den Break mit dem Outlet-Pass nach dem Defensiv-Rebound ein und LBJ und Irving können open-court zum Erfolg kommen.
In der Offensive ist es durchaus möglich, dass LBJ noch mehr die Rolle des Point Forwards einnehmen wird. Bisherige Schwäche ist natürlich die Inkonsistenz von der 3er Linie. So richtig ausgewiesene Topschützen, haben die Cavs nicht. Ein Typ wir Korver würde hier vielleicht helfen.
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Dazu sollte noch ergänzt werden, dass speziell James mit einem geringeren Workload in der Offensive (was locker aufgrund der offensiven Stärken der Mitspieler nicht nur möglich sondern auch sinnvoll ist) dann ein stärkeres Augenmerk auf die Defensive legen kann. Zuletzt gab es auch mehrere Berichte darüber, dass James eine Gewichtsreduktion vornimmt, was exakt darauf hindeutet, dass er mehr Agilität gewinnen möchte. Dies wäre sehr hilfreich, um in der Art wie Julius Erving die Defensive vom Flügel aus zu kontrollieren. Das würde dann eben auch genau in Deine Argumentation bezüglich "zone defense", "shot and positional defense" und "controlling of the defensive board" hineinpassen. Mit einem FC aus Varejao-Love-James kann man entsprechende Hilfe via Varjeao oder James anbieten, wenn denn tatsächlich der Gegner die Positon Loves angreifen möchte. Dieser kann sich dann ohne defensive Position abzugeben auf das Rebounding konzentrieren. Das sollte insgesamt eine gute Defensive gegen den Wurf und gegen die Position ermöglichen, sodass ein Fehlwurf und anschliessender Defensivrebound wahrscheinlicher wird. Daraus dann eben die besagten Outlet-Passes von Love, die zu Möglichkeiten für den Abschluss im Fastbreak oder auch im secondary break mit James, Waiters oder Irving als ballführenden Spielern mit Trailer Love führen sollten. Anfällig wäre diese Art der Defensive eigentlich nur besonders gegen Teams mit zwei effektiven BH vom Flügel neben einem lead guard oder gegen Teams, die mit zwei Spielern effektiv vom Post aus agieren können und dann mit Schützen vom Perimeter unterstützt werden. Nur welche Teams haben denn dafür die ausreichende Besetzung, nicht nur bezüglich der Skills, sondern auch bezüglich des Talentlevels? Und wenn sie das haben, wie viele könnten effektiv ein P&R/P von Love+James verteidigen oder hätten dann die entsprechende Transition-Defense?
Das Problem ist sicherlich die Gesundheit Varejaos, aber es sieht danach aus, als ob die Cavs sowieso probieren, hier noch mal im FC nachzubessern. Sich aber grundsätzlich auf solche Schwachstellen zu konzentrieren, ergibt dann doch bei sehr vielen Leuten ein verzerrtes Bild über die Gesamtqualität des Kaders. Es gibt eben in der NBA kein einziges Team, was "perfekt" ist, sondern jedes Team hat Schwachstellen. Der Trick liegt jetzt darin, mehr Matchup-Vorteile im 5on5 für das eigene Team zu generieren als man abgibt, und da sind die Cavaliers auch mit der aktuellen Kaderstruktur noch gegenüber den allermeisten Teams im Vorteil. Die absolut passende SF+PF-Kombination aus James+Love wird so viel Spielraum für Blatt geben, die restlichen Spieler in für sie optimaleren Situationen einzusetzen, dass es durchaus leicht für ihn sein sollte, eben das Talent des Kaders auszureizen. Einzig die fehlende Erfahrung des Coaches in den Playoffs ist ein signifikanter Nachteil, denn hier zeigte sich bei der Analyse der historischen Daten, dass Playofferfahrung einen positiven Einfluss auf das Ergebnis hat, mehr als RS-Erfahrung. Bei Spielern zeigte sich so ein Zusammenhang übrigens nicht, daher ist es auch ein unbrauchbares Argument innerhalb der Diskussionen, dass Love oder Irving noch nie in den Playoffs agierten. Deren Leistungsfähigkeit gegen typische Playoff-Gegner lässt sich leicht aus deren Leistungen gegen exakt solche Playoffteams in der RS ableiten.
Generell dann zum Love-Trade: Wie von mir vermutet, wird wohl eben Thaddeus Young bei den Timberwolves landen, dafür dann Bennett bei den 76ers. Würde mich nicht wundern, wenn wenigstens noch ein Vertag á la Budinger, Barea, Mbah A Moute ebenso nach Philadelphia geschickt wird. Grundsätzlich bleibt aber festzuhalten, dass ein Trade Love für Young+Wiggins+2015 Cavs 1st ein sehr ordentliches Paket ist. Die T-Wolves bekommen Talent mit einem hohen Tradewert, dazu den Pick, der sehr wahrscheinlich deutlich am Ende der ersten Runde enden wird und zudem eben den notwendigen etablierten Spieler mit Young. Sehr gute Arbeit von Sanders, aus meiner Sicht, und sollte dann auch noch mal den Wert Loves insgesamt unterstreichen, der ja nicht nur während des GM-A-Team-Spiels angezweifelt wurde.