Haye ist unzweifelhaft ein guter Boxer. Markante Stärken, markante Schwächen - durchaus ähnlich wie Wladimir Klitschko. 3 der 4 wichtigen Titel im Cruisergewicht vereinigt, dabei aber mit Mormeck und Maccarinelli schlagbare Leute besiegt. Titelverteidigungen: 1 (WBA, WBC) bzw. 0 (WBO) - trotz Titelvereinigungen ist das nun nichts, was den geneigten Boxfan vor Erfurcht erstarren lässt. Zum großen Cruiserchamp macht ihn das eigentlich auch nicht. Kann man u.U. Haye nicht vorwerfen, wenn man bedenkt, dass er dann den Gewichtsklassenaufstieg gemacht hat. Andererseits war alles, was er dann im Schwergewicht geboxt hat handverlesen (freiwillig) oder über den Berg (Pflicht) - Entgegen seinen Ankündigungen hat er dabei kein attraktives Boxen gezeigt.
Die Vorwürfe gegen Haye, gelten in gewisser Weise auch für Wladimir. Vorsichtiger Aufbau - böse Niederlagen gegen schlagbare Leute, langweiliger, ergebnisorientierter Stil, der die markanten Stärken betont und die markanten Schwächen übertüncht.
Für mich ist Haye die lautere, angeberischere Ausgabe von Wladimir - beide Boxer haben gerade bei den Ideen hinter der jeweiligen Methode viele Gemeinsamkeiten. Wladimir hat natürlich mehr erreicht in seiner Karriere als Haye - was aber in Anbetracht der Karrieredauer auch nicht verwundern kann. Umstritten bleiben beide Boxer, der Eine, weil ihm der Stallgeruch fehlt und er mehr Eindruck als Geschäftsmann, denn als Boxer macht - der Andere, weil er der Selbstvermarktung die Authentizität und Wahrheit opfert und dabei mehr nervt, als dass er seinen großen Worten Taten folgen lässt.
Gewinnen kann bei dem Kampf nur Haye. Schlägt er Wladimir, hat er das Schwergewicht von der ungeliebten Größe des letzten Jahrzehnts befreit. Schlägt Wladimir Haye, hat er nur einen weiteren Schwätzer, Möchtegern oder schlichtweg Bum in einer langen Reihe von Boxern geschlagen, die es von vorne herein natürlich nicht verdient und logischerweise nie gebracht haben.