Ich kann mich Jones Analyse komplett anschließen.
Zverevs Beinarbeit ist für seine Größe sehr gut. Da wird er niemals in der Lage sein, sich wie ein kleinerer, flinker Spieler zu bewegen. Er hat in den langen Ballwechseln sehr gut ausgesehen und da oft die Oberhand behalten, was für seine Beinarbeit spricht. Da kenne ich genügend andere große Spieler mit viel schlechterer Beinarbeit. Ich sehe da kein Verbesserungspotential mehr. Verbesserungspotential hat er noch darin, seine Beweglichkeit hinsichtlich des ganzen Körpers zu verbessern. Jez Green hat ja gesagt, dass er ihn nach der körperlichen Aufbauarbeit an extremere Bewegungen heranführen werde. Im Gegensatz zu Zverev nimmt Kyrgios es mit der Beinarbeit nicht immer so genau.
Der Aufschlag ist für mich auch der größtere Unterschied. Zverev ist ein sehr guter Aufschläger, aber an die herausragende Klasse eines Kyrgios kommt er hier nicht ran. Die Daten haben gezeigt, dass beide sehr ähnliche Aufschlaggeschwindigkeiten produzieren, aber Kyrgios serviert einfach präziser, variantenreicher und auch etwas konstanter. An der Kraft liegt es aber nicht.
Sowohl in Indian Wells als auch in Miami hat mir Zverev beim Return nicht mehr so gefallen wie noch in Melbourne und Montpellier. Da bringt er momentan zu wenige returnierbare Aufschläge zurück. Wie Jones schon sagte: Zverev darf da nicht so häufig ziehen und muss gegen Aufschläger wie Isner und Kyrgios auch mal den Return blocken. Es hat seinen Grund, warum er sich gegen Kyrgios keine einzige Breakchance erspielt hat und Isner diesmal nur einmal den Aufschlag abgenommen hat. Spieler wie Becker haben den Blockreturn par Excellence gespielt und gezeigt, wie effektiv dieser Schlag sein kann.
Das Netzspiel war wie so oft sehr schwach. Wenn es so läuft wie gestern, muss er noch mehr hinten bleiben. Gegen Wawrinka hat er ein paar mal klassisch Serve-and Volley gespielt, was bei seiner Größe und seinem Aufschlag auch richtig ist, das mal einzustreuen. Er muss sich allerdings zwingen, beim Volley näher am Netz zu sein und den Ball konsequent vorm Körper zu treffen. Wenn er sein natürliches Territorium verlässt, denkt er zu viel nach und wird im Körper leider instabil. Irgendwann wird hier der Knoten aber platzen.
Aus dem Spiel heraus hat mir Zverev sehr gut gefallen. Die Beinbarbeit war gut, die Defensive war gut und in den langen Ballwechseln hat er oft gute Antworten gefunden. Auch der erste Schlag nach dem Aufschlag war oft stark und aus dem Spiel heraus hat Zverev letztlich mehr Gewinnschläge als Kyrgios produziert, aber Return, Netzspiel und teilweise der Aufschlag waren nicht gut genug, um Kyrgios zu bezwingen. Bei diesen Aufschlagewittern muss er sehr konstant sein.
Wichtig ist auch, dass Zverev sich nicht von Kyrgios einlullen lässt. Die Freundschaft muss während des Spiels mal ruhen und auf die Mätzchen von Kyrgios in den Ballwechseln muss er sich einstellen. Nach dem Spiel kann er mit Kyrgios immer noch eine Cola trinken gehen.
Federer ist für mich Favorit gegen Kyrgios. Kyrgios wirkte gestern am Ende des Spiels nicht mehr ganz so frisch. Er hatte anscheinend auch Probleme mit dem Knie.