Zur MVP-Diskussion:
Kevin Garnett:
Das wichtigste Argument für KG als MVP dürfte sein, dass Garnett der eindeutig (eindeutig deshalb, weil spätestens seine Defensivqualitäten ihn über Pierce und Allen stellen) stärkste Spieler beim bis dato mit Abstand erfolgreichsten Team ist. Die Bilanz der Celtics ist - leichte Gegner hin oder her - beeindruckend; es bleibt allerdings abzuwarten, wie die Celtics sich auf ihrem Westküsten-Trip schlagen.
Garnetts Statistiken (dem neben der Teambilanz am leichtesten zu fassenden Bereich) sind dabei in dieser Saison nicht einmal so außerordentlich. 19 Punkte, 10 Rebounds und knapp 4 Assists sind im Allgemeinen natürlich hervorragend, gemessen an dem, was Garnett in den Jahren zuvor fabriziert hat, aber eher schwach. Was natürlich nicht heißt, dass er schlechter spielt. Er spielt einfach weniger (3 Minuten unterm Karriereschnitt) und wirft weniger (knapp 3 Würfe unterm Karriereschnitt), dafür aber hochprozentig (55% zu 49% Karriereschnitt). Woran diese Abweichungen liegen, wissen wir natürlich alle. Er hat endlich sehr gute Mitspieler, die natürlich auch ihr Stück vom Wurfkuchen kriegen möchten. Dieser Umstand ließe eigentlich eine gestiegene Assistquote erwarten - doch weniger Minuten und Touches überlagern hier wohl den eigentlich positiven Einfluss abschluss-starker Mitspieler.
Dass Statistiken nicht die ganze Wahrheit über Klasse, Dominanz und Einfluss eines Spielers verraten, wissen wir ja nicht erst seit Tim Duncan.
Wenn die Celtics also so weiterspielen und am Ende eine historisch gute Bilanz aufweisen, wird Garnett sicher MVP. Ich denke aber, dass sich die Siegquote langfristig im etwas niedrigeren Bereich als derzeit einpendeln wird. Garnett als MVP ist wohl die diplomatischste Lösung.
LeBron James:
Fast 30 Punkte, an die 8 Rebounds und über 7 Assists pro Spiel: Rein statistisch betrachtet bewegt sich James auf definitivem MVP-Niveau - und das im vierten Jahr in Folge. Dabei ist er doch erst 22 Jahre alt. Klar, James könnte besser von draussen (30% 3P) und der Linie (72% FW) treffen, aber das zu fordern ist eigentlich anmaßend. Dass James eines Tages MVP wird ist klar, die Frage ist nur, wann. Das große Manko ist die Teambilanz. Bleibt LeBron fit, werden die Cavs am Ende deutlich besser als im Moment (Platz 8 im Osten) stehen. Wenn die Celtics im Laufe der Saison an Dominanz einbüßen, Orlando ein Mittel der starken Anfangs- und derzeit schwachen Form spielt und LeBron mit einigen Triple Doubles und starken Vorstellungen in den Tagen der MVP-Stimmenabgabe entsprechenden Hype erzeugt und nebenbei die Cavaliers in der Tabelle weiter nach oben führt, ist er der würdige MVP.
Dwight Howard:
Es ist schon ein bisschen unheimlich, wie Dwight Howard in ein paar Monaten vom Talent mit vielversprechenden Ansätzen zum dominantesten Center der Liga wurde. Fast 24 Punkte bei 62%iger Quote sind das eine, die 15 Rebounds pro Spiel sind es, die Howard vom Amare Stoudemire vor seiner Verletzung unterscheiden und ihn schon jetzt zu dem machen, was Yao vielleicht nie wird: Ein Difference-Maker, ein Spieler der ein gutes Team zum Contender macht. Howard erinnert an den Rookie-Shaq, zwar zwei Jahre älter, aber dafür auch ohne College-Ausbildung und mit ähnlich unausgereifter Spielweise, die an einen frühreifen Elfjährigen erinnert, der mit Gleichaltrigen spielt und dem seine körperliche Überlegenheit selbst noch nicht so recht geheuer ist. Was passiert, wenn derjenige langsam realisiert, was ihm möglich ist, sehen wir gerade bei Howard. Irgendwie kommt der MVP-Titel für ihn dieses Jahr noch zu früh. Ich vermute jedenfalls, dass so viele der Stimmberechtigten denken werden. Schließlich hat er ja noch nichts in den Playoffs bewiesen, schließlich ist er erst 22, schließlich fehlt im noch so manche basketballerische Rafinesse. Das kann ich alles akzeptieren. Howard dieses Jahr also bitte noch nicht als MVP. Hauptsache, man macht nicht den gleichen Fehler wie bei Shaq und stellt irgendwann fest, dass hier ein Spieler mit 2-3 MVP-Titeln zu wenig in den Ruhestand gehen wird (Hallo Kobe?-Ich weiß, es ist noch ein bisschen hin, aber schon mal dran gedacht?).
Ander MVP-Kandidaten:
Steve Nash: Wird der Typ eigentlich mit zunehmenden Alter jünger? Er spielt super, ganz einfach, aber so irrational das Argument auch sein mag: Drei MVP-Titel für Nash wären definitiv zu viel des Guten.
Dirk Nowitzki: Der Titelverteidiger. Mehr nicht.
Kobe Bryant: Gäbe es ein entscheidendes Spiel und ich dürfte mir einen Spieler aussuchen, dem ich mein ganzes Vertrauen schenke, dass er das Spiel für mich gewinnt. Kobe would be my man! Auf seine Statistiken muss man nicht schauen, jeder weiß, was er kann. Die Lakers spielen eine starke Saison. Aber trotzdem: Im personellen Bereich muss irgendwas ganz Großes passieren, sonst muss Kobe den Garnett-Weg gehen, will er nochmal Champion werden und vielleicht auch mal MVP.
Tim Duncan: Wenn es irgendwelche Zweifel an Duncans Status als einen der absolut besten 5 bis 10 Spieler aller Zeiten gibt, dann hat er neben seinen 4 Ringen auch zwei MVPs ins Feld zu führen. Für solche Auszeichnungen hat Duncan zwar noch nie gespielt, mittlerweile sackt er sie auch nicht mehr im Vorbeigehen ein. Es gibte würdigere Kandidaten. Aber jeder, der ihm seine Stimme gibt, hat trotzdem nichts falsch gemacht.