Jetzt verstehe ich dich aber auch nicht mehr so ganz.
Vor wenigen Wochen hast du Nowitzki noch den Status eines Franchise Players abgesprochen, da er nicht aggressiv genug als Leader auftrete. Nun tut er genau das - und du kritisierst ihn?
Für mich wird man kein Leader, wenn man einzelne Spieler öffentlich an den Pranger stellt. Leader definiert sich darüber, dass man in Kabine oder auf dem Platz den Ton im Team angibt. Durch brisante Interviews ist noch nie jemand zum Leader geworden.
Ich fand es vorher besser, denn ich finde auch, dass solche Sachen teamintern bleiben sollten. Und da wusste niemand, ob Nowitzki in der Kabine nicht regelmäßig den Leader gibt, trotzdem hast du ihn kritisiert.
Richtig. Ich habe auch immer darauf hingewiesen, dass es reine Spekulation gewesen ist.
Ich weiss, du hast ihn hauptsächlich für sein Verhalten auf dem Feld kritisiert. Aber das Spielfeld ist in dem Sinne auf ein öffentlicher Platz. Wenn du deinen Mitspieler auf dem Feld zusammenfaltest, dann ist das nicht viel anders als die Kritik über die Medien.
Das sehe ich anders. Durch die Spontanität in einer laufenden Partie kann ein kurzes Zusammenfalten in der Halbzeitpause oder in einer Auszeit einen gewissen (positiven) Einfluss auf die Leistung eines Spielers haben. Wir wissen dann als Betrachter einer Partie auch nicht, was dort auf dem Feld genau besprochen wurde, wer was gesagt hat, usw...
Etwas gänzlich anderes ist jedoch, wenn man jemanden nach einer Partie öffentlich an den Pranger stellt und ganz genau sagt, was einem nicht an der Leistung eines Teamkollegen gefällt. Der genaue Wortlaut einer Kritik sollte intern bleiben, nicht ans Tageslicht kommen.
Siehst du diesen Unterschied nicht?
Ich denke, Dirk sieht etwas die Felle der Mavs davonschwimmen und versucht nun auf diesem Wege, ein Momentum für die Mavs zu holen. Sicherlich riskant, da Terry verunsichert werden könnte. Allerdings kennt Dirk den Jet wohl bestens und ahnt, wie er auf die Aussage reagieren wird.
Die Argumentation, dass einzelne Spieler auch durch öffentliche Kritik mal besser wachgerüttelt werden könnten, finde ich nachvollziehbar. Deine Argumentation, dass Dirk Nowitzki dies als Teamkollege am besten einschätzen kann, finde ich ebenso überzeugend.
Die Folge: wir dürfen gespannt sein, wie gut Dirk Nowitzki Jason Terry wirklich kennt. Ich bin gespannt, wie Terry die kommende Nacht auftrumpfen wird, ob Dirk als Leader wirklich so gut ist, dass er die Psyche seiner Mitspieler so gut einschätzen kann, dass auch mal eine fragwürdige öffentliche individuelle Kritik gewinnbringend sein kann. Dies ist auch die typische Zwickmühle von Führungsspielern. Wenn Terry jetzt eine tolle Leistung bringen sollte, hat Dirk alles richtig gemacht und wird gefeiert. Ansonsten wird ihm diese Aussage von einigen um die Ohren gehauen.
Falls Dirk diese Maßnahme als "ultima ratio" betrachtet, sozusagen als letzte Möglichkeit, ein paar Prozente mehr aus Terry herauszuholen und er sonst die Überzeugung hat, dass sonst nichts anderes hilft, räume ich ein, dass es ein legitimes Mittel sein kann. Aber wie gesagt: das ist für mich nur eine "ultima ratio".