Da muss ich mal etwas ausholen, wenn schon so viel über die Raptors geplaudert wird
Vielleicht interessiert den ein oder anderen ein tieferer Blick drauf:
Selbst wenn Kawhi gehen sollte, hat man ein Jahr als Meisterkandidat gewonnen - ohne den Trade würde niemand auf Toronto setzen. DeRozan/Lowry war zudem programmierter Stillstand und die Vertragssituation (DeRozan hat Vertrag bis 2021, Lowry bis 2020) hätte diesen Zustand zwei weitere Jahre zementiert. Geht Kawhi, muss man den Neuaufbau halt eher machen und hat dafür keine üble Ausgangslage.
Hört auf den Mann. Dazu noch angemerkt: Die Raptors waren mit Coach Casey und dem Leader-Duo DeRozan/Lowry in einer Sackgasse, wenn es um ernsthafte Titelambitionen ging. Ich finde GM Ujiri ist da ein nachahmenswertes Meisterstück gelungen volles Risiko zu gehen um zumindest
einmal echter Contender zu sein. Man muss sich vorstellen die Raptors hatten selbst Jahre nach dem Weggang von Alt-GM Colangelo noch dessen Kader-Struktur. Ujiri machte lange bestenfalls kleine Ausbesserungen. Als er in diesem Sommer inkl Deadline plötzlich so derart krass reinhaute war das schon beachtenswert. Behauptungen darüber, ob ein Verpassen des Titels oder Abwandern Kawhis die Raptors "NICHT ZUM GEWINNER" mache, halte ich auch deshalb für ziemlich überspitzte Formulierungen. Um was geht's in der NBA/Sport? VERSUCHEN Meister zu werden. Ist es eine Schande "nur" Zweiter, Dritter, Vierter, etc zu werden? Natürlich nicht! Irgendwann falle ich eh noch tot um, wenn ich lesen muss, dass nur Platz 1 zählt... ich hätte auch die wirklich guten Freunde Lowry/DeRozan gerne in die Spielerrente begleitet, auch dann wenn dies noch viel vorzeitiges Scheitern bedeutet hätte..
Zu
Pöltl: Dem Österreicher weine ich als Raps-Fan, sportlich betrachtet, keine große Träne nach. Auf College-Niveau liegt er "All-Time" bei "Made Field Goals in the paint" bzw "FG% in der Zone" in den Top 2: krasse, stolze, beeindruckende Werte, aber seine Spielweise ist leider aktuell überhaupt nicht gefragt. In Toronto hat man versucht ihn moderner zu machen und ihn massiv am Wurf arbeiten lassen. Auch in der Sommerpause arbeitete er in Bamberg beim großartigen, österreichischen Individual-Trainer Stefan Weissenböck (ist dies auch bei den Brooklyn Nets) fleißig daran. Unter Popovich wurde ihm das abgewöhnt. In der Nuggets-Serie kam nur Match-up-bedingt gegen den Jokic-Riesen vermehrt ran. Im Spurs-Training musste übrigens er auch ausgiebig so ne Art Jokic-Klon geben, damit sich die Spieler an einen kräftigen Center-Gegenspieler gewöhnen. Dies sind so die Aufgaben eines Spielers seines Kalibers in der NBA, vermutlich wäre Pöltl mit seinen Voraussetzungen vor paar Jahrzehnten All Stargeworden, heute wirkt er leider wie aus der Zeit gefallen.
Zu
Siakam: Hier sollte man unbedingt noch erwähnen, dass er SÄMTLICHE Projektionen in den vergangenen 2 Jahren zerstörte. Er spielte als sehr alter 20-jähriger sein erstes College-Spiel. Mit 22 ging er ab (27.Pick). Er galt als fertiger Spieler mit bestenfalls moderater Upside. In seinem zweiten Jahr setzte er bei den Raptors sicherlich erste Duftmarken, aber mehr als ein Rollenspieler-Dasein - spezialisiert auf Defense - wagten Experten nicht. Aber auch Pöltl setzte einige Duftmarken und ich denke die Spurs nahmen da lieber den jüngeren Spieler (9.Pick) , der ein Need auf der "Dicken 5" ausfüllte. Dass Siakam nun plötzlich die Nummer 2 eines Contenders sein kann und vielleicht auch nächstes Jahr der Leader eines Teams ist schon erstaunlich. Klar, als "Captain Hindsight" ist man immer klüger, aber real betrachtet zählt die Geschichte des "Fast-Priesters" schon als äußerst ungewöhnlich.