Früher konnte Nadal diese Matches in denen nahezu jedes Spiel umkämpft ist problemlos 4 Stunden und mehr durchziehen und hat die Gegner langsam aber sicher mürbe gemacht. Darunter auch Djokovic. Auf Sand wie auf langsameren Hartplatz. Heute mit 35 braucht er die freien Punkte in den engen Matches unbedingt und die hat er gestern von Nole ab Satz 2 garnicht mehr bekommen. Glaub Nadal war beim Rebreak im Vierten und als Nole dann nochmal richtig Tempo machte mental schnell erledigt und hat gemerkt, dass es heute gegen diesen Gegner wie so oft schon nicht reicht. Gegen einen Nole der auf 100 % läuft braucht es auch auf dem Chatrier einen 100 % Nadal wie aus dem letzten Jahr und selbst dann wäre der Ausgang ungewiss.
Ein wenig schmerzt es mich, dass Nadal in diesem für den GS Rekord evtl. entscheidenden Match nicht nochmal "peaken" konnte. Es könnte wirklich die letzte Chance gewesen sein am Ende ganz oben zu stehen.
Aber Novak hat (bzw hätte) es verdient. Er ist der beste Spieler der letzten 10 Jahre und hat Rafa und Roger letztlich beide in unzähligen Kämpfen niedergerungen. Dieser sportlichen Leistung gebührt unendlicher Respekt.
Zwischen Nadal und Djokovic gibt es einen zentralen Unterschied: Nadal musste sein Spiel altersbedingt immer mehr umstellen, um überhaupt noch GS gewinnen zu können. Beweglichkeit und Schnelligkeit haben spürbar nachgelassen. Und das nicht erst seit diesem Jahr. Bei Djokovic sieht man davon rein gar nichts. Der bewegt sich weiterhin wie mit Mitte 20. Gerade auf Hartplatz ist das im H2H ein Riesenproblem. Da kann der "neue" Nadal mit Djokovic nicht mithalten. Zu seiner Top Zeit kein Problem, siehe die beiden US Open Finals, die er gewinnen konnte.
Zudem ist bei Nadal Nervosität immer spürbarer. Er war mal der mental stärkste Spieler überhaupt. Die Betonung liegt auf war. Immer häufiger fängt er an zu wackeln, wenn es drauf ankommt. Dominiert er brutal wie letztes Jahr, völlig irrelevant, aber sind die Matches auf Augenhöhe, wird das zum Problem. Djokovic dagegen ist ein Meister darin, Matches "unverdient" zu gewinnen. Das WIM Finale 2019 war der wohl eindrucksvollste Beweis. Niemals darf Federer das verlieren. Aber er tat es. Weil Djokovic mit einem überragenden Timing daher kam. Und Federer selber Nerven zeigte, als er es hätte ausservieren können.
Ich weiß nicht, ob es zwingend einen 100% Nadal gebraucht hätte. Bei anderen Bedingungen, also sonniger und wärmer, wäre vielleicht manches anders gelaufen. Der Ballabsprung war halt nicht mehr so, wie er für ihn perfekt gewesen wäre. Nadal hat darauf auch in seiner PK hinterher verweisen, dies aber sportlich fair nicht als Entschuldigung gelten lassen. Und wie gesagt, letztes Jahr waren die Bedingungen keineswegs besser und er gewann trotzdem haushoch. Daran hat es also nicht nur gelegen.
Ich glaube, wenn die RH nur etwas besser gestochen hätte, hätte Nadal, wenn auch mühevoll, gewonnen. Die war über weite Strecken völlig wirkungslos. Und das ist gegen einen derart kompakten Grundlinienspieler einfach tödlich. Es ist schwer möglich Druck zu machen, um dann mit der VH dominieren zu können. Und dann kommen auch schnell Fehler dazu, weil man als Spieler ja spürt, dass man einen Nachteil auf seiner Seite hat.
Aber was solls. Es ist nur Sport, so läuft es eben. Niemand kann immer gewinnen. Den GS Rekord würde ich trotzdem noch nicht abschreiben. Mit einer guten Auslosung und viel Glück kann auch bei den anderen GS noch mal was gehen, wenn es auch nicht erwartbar ist. Aber was ist im Tennis schon erwartbar. Und Paris 2022 ist ja nur noch ein Jahr hin. Wenn er fit bleibt und das Vorprogramm vielleicht etwas drosselt, kann er dort auch noch mal siegen.