Boxen
"Es gibt niemanden, der Walujew bezwingen kann"
Dem ungeschlagenen Box-Weltmeister Nikolai Walujew fehlen nur noch vier Siege, um den Rekord des legendären Rocky Marciano zu verbessern. Sein deutscher Promoter Wilfried Sauerland rührt im Gespräch mit WELT.de die Werbetrommel für den Russen, der mit 2,13 Metern zwar der größte, aber keineswegs der beste Boxer der Welt ist.
Von Gunnar Meinhardt
Mit Brachialgewalt: Weltmeister Walujew (l.)
Foto: AP
Das von Boxpromoter Wilfried Sauerland (66) in Nikolai Walujew gesetzte Vertrauen hat sich längst ausgezahlt. Im Sommer 2003 hatte der Wuppertaler Geschäftsmann den russischen Schwergewichtler unter Vertrag genommen. Vor zehn Monaten wurde Walujew Weltmeister der World Boxing Association (WBA). Am Wochenende verteidigte er in Chicago zum ersten Mal seinen Titel in den USA und gewann gegen den Amerikaner Monte Barrett durch Technischen K.o. in der elften Runde.
WELT.de: Herr Sauerland, war Monte Barrett eine echte Herausforderung für ihren Weltmeister?
Wilfried Sauerland: Auf jeden Fall. An Barrett haben sich schon ganz andere die Zähne ausgebissen. Er hat stark gekämpft. Er hat unheimlich viel Mut gezeigt, war schnell und wollte wirklich gewinnen. Dabei hat er sich so verausgabt, dass er nach dem Kampf ins Krankenhaus gebracht wurde, weil er sich ständig übergeben musste.
WELT.de: Der Kampf sollte Walujews Eintrittskarte für den lukrativen amerikanischen Boxmarkt sein. Er sollte die Herzen der Amerikaner erobern. Ist ihm das gelungen?
Sauerland: Niko hat seinen Job nicht sensationell, aber doch gut gemacht. Ich würde sagen, dass war der beste Kampf seiner Karriere. Einen Schönheitspreis wird Walujew nie gewinnen, doch er hat sich weiter verbessert und ist noch längst nicht am Ende seiner Entwicklung.
WELT.de: Was gefiel Ihnen besonders?
Sauerland: In den ersten Runden war die große Anspannung, der riesige Erwartungsdruck, der auf ihm lastete, deutlich zu spüren. Niko ist zwar ein riesiger Kerl, aber eben auch nur ein Mensch. Erst mit zunehmender Kampfdauer kam seine Führungshand immer besser und stellte Barrett vor unlösbare Probleme. Niko hat auch mit seiner super Kondition überzeugt. Ein Schwergewichtskampf mit solch hohem Tempo ist eine Rarität. Auch das Publikum in der Halle war erstaunt. Es hatte wohl nicht gedacht, dass ein so großer Mann doch so gut boxen kann.
WELT.de: Die Zuschauer hatten offenbar mit einer Antiboxshow eines Monsters gerechnet, so wie es die Promotion Ihres amerikanischen Kollegen Don King verhieß?
Sauerland: Der ganze Rummel um Niko kam bei den Amerikanern bestens an. Sie haben inzwischen aber auch mitbekommen, dass die von Don King erdachten Gewaltausdrücke bei ihm gar nicht zutreffen. Weil er eben ein sehr sensibler, feinfühliger Mensch ist. Niko und ich haben King auch ins Gebet genommen, dass er die Metaphern ?King Kong? oder ?The Beast from the East? nicht mehr verwenden soll. Deshalb hebt er jetzt immer heraus, welch feiner Kerl und fürsorglicher Familienvater Niko ist, dass er Kinder gern hat oder ältere Frauen über die Straße hilft.
WELT.de: Spätestens mit diesem Sieg sollte sich Walujews Verpflichtung für Sie gelohnt haben?
Sauerland: Das hatte sie sich schon vorher. Er ist er mein erster Schwergewichts-Weltmeister. Das ist der Traum eines jeden Promoters.
WELT.de: Und wie lohnend ist die Verpflichtung nunmehr finanziell gesehen? Don King sprach davon, dass Walujew 100 Millionen Dollar und mehr machen wird.
Sauerland: Wenn er es ins Pay-Per-View schafft, ist das möglich. Drei, vier Kämpfe reichen dafür. Ich bin überzeugt, wenn seine Siegesserie anhält, werden bei seinen Kämpfen immer mehr Leute in Deutschland nachts aufstehen, so wie sie es einst bei Ali taten.
WELT.de: Ist er schon tauglich fürs Bezahlfernsehen?
Sauerland: Spätestens beim ersten Titelvereinigungskampf wird man bezahlen müssen. Das kann im Januar soweit sein. Unser Ziel ist es, schnellstmöglich die Titel der vier Weltverbände zu vereinigen.
WELT.de: Sehen Sie jemand, der Walujew schlagen kann?
Sauerland: Er kauft jedem den Schneid ab. Mit seiner Physis, seiner Wucht, seiner Konditionsstärke kann keiner mithalten. Es gibt niemand, der ihn bezwingen kann.
WELT.de: Für unbesiegbar haben sich schon ganz andere gehalten ? Joe Louis, Muhammad Ali, Joe Frazier, George Foreman, Larry Holmes oder Mike Tyson. Und alle haben ihr blaues Wunder erlebt.
Sauerland: Und was ist mit Rocky Marciano? Er ist als ungeschlagener Weltmeister nach 49 Kämpfen abgetreten. Bis dahin fehlen Niko nur vier Siege. Er wird das schaffen. Für die Promotion seiner nächsten Kämpfe sind das natürlich ideale Spannungsmomente: Wer ist der Erste, der ihn schlägt oder gar von den Beinen holt? Und kann er Marcianos Rekord brechen?
WELT.de: Kann ein Kontrahent Walujew physisch wehtun?
Sauerland: Ulli Wegner, der Nikolai auf seine Kämpfe mit vorbereitet, sagt immer: ?Der Mensch, der Niko ausknocken kann, ist noch nicht geboren.? Wir wissen, dass er alle Schläge wegsteckt wie Wattebäuche. Niko steht sicherer und fester als eine griechische Säule.
WELT.de: Wann ist Walujews nächste Titelverteidigung?
Sauerland: Im Januar.
WELT.de: Bekommt ihn das deutsche Publikum noch einmal zu sehen, oder boxt er nur noch in den USA?
Sauerland: Er wird weiter in Deutschland boxen, auch wenn wir auf Geld verzichten müssen. Wahrscheinlich schon im Januar.
Artikel erschienen am 08.10.2006