Habe Pacquiao mit 115:113 vorne gesehen, die Tendenz ging aber eher zu einem 116:112 als zu einem Unentschieden. Man muss den "Pacman" zu einer ziemlich guten Leistung gegen einen starken Gegner beglückwünschen - aber trotzdem ist nicht alles Gold, was glänzt.
So merkt man doch sehr, dass Pacquiao inzwischen sehr Konteranfällig und auch generell gut mit geradlinigen Schlägen zu treffen ist. Das hat Bradley einige Male umgesetzt. Aber aus irgendeinem wahnsinnigen Grund dachte er sich, dass er Pacquiao unbedingt KO prügeln muss und ist mit den wildesten Schwingern an den Mann gesprungen. Das solche Schläge a) seltener treffen (vor allem gegen einen schnellen Mann wie Pacquiao) und b) einen selber schnell ermüden lassen ist doch logisch. Kein Wunder, dass Bradley ab der fünften, sechsten Runde aus dem letzten Loch gepfiffen hat.
Pacquiao hat das dann auch ausgenutzt und den offenen Bradley auch ziemlich gut getroffen. Dazu hat er einfach in den Phasen, in denen Bradley nur versucht hat, mit auf Show-ausgelegten Bewegungen zu vermeiden, mehr Druck gemacht und häufiger Aktionen gebracht. Allein dadurch konnte er schon Runden gewinnen. Zudem hat Pacquiao im Vergleich zum ersten Kampf diesmal eine gewisse durchgängige Intensität gehabt. Dazu ein Bradley, der sich Dank völlig irrer Taktik schon früh verausgabt hat. Das passte dann einfach für einen überzeugenden Sieg. Die Ringintelligenz, die generellen Fähigkeiten, die Schlagschnelligkeit und natürlich auch die deutlich bessere Taktik gaben da letztlich den Ausschlag.
Aber für mich hätte Bradley diesen Kampf nicht verlieren müssen. Er ist ein besserer Boxer geworden, als noch beim ersten Kampf, und Pacquiao hat seitdem zweifelsfrei nachgelassen. Nur hat Bradley einfach in hitzigen Situationen null Ringintelligenz. Er hat jedes Mal, wenn etwas funktioniert hat, dieses Mittel kurze Zeit später wieder über Bord geschmissen. Und warum? Um mitzukeilen, um Pacquiao KO zu schlagen. Einmal ermahnte ihn sogar sein Trainer in der Rundenpause, nicht so wild zu werden und Bradley antwortete nur: "Ich wollte mich aber sofort für die Treffer revanchieren!" In einem solchen Kampf so schnell den Kopf zu verlieren endet dann eben mit einer Niederlage. Das wäre schon fast gegen Provodnikov in die Hose gegangen und auch gegen Marquez hat sich Bradley Schlagwechseln gestellt, die er gar nicht nötig gehabt hat.
Diese KO-Taktik war großer Blödsinn! Auch, wenn Bradley am Anfang ganz gut getroffen hat - nur wurde doch recht schnell klar, dass er den Kampf so nicht gewinnen würde. Aber anstatt dann zu adaptieren und sich mehr aufs Boxen (Beinarbeit! - da hat Pacquiao nachgelassen und Bradley wäre ihm theoretisch um einiges überlegen) zu konzentrieren, knallt er noch mehr drauf. Wird noch wilder. Völlig sinnfrei. Mir geht es einfach nicht in den Kopf, wie man einen Kampf so verschenken kann.
Ich sage damit übrigens nicht, dass Bradley mit etwas mehr Köpfchen gewonnen hätte. Schließlich hätte sich Pacquiao darauf auch einstellen können. Aber so hat er Manny in die Karten gespielt und seine Chancen verschenkt - mit vernünftigerer Taktik und einem kühlen Kopf wäre das wohl ein hauchdünnes Gefecht geworden. Vermutlich hätten ihn dann sogar einige Leute vorne gesehen.