So, ausgeschlafen muss ich jetzt mal eine Lanze für Klitschko und seinen Coach Banks brechen:
Klitschko ist shot? Quatsch! Er ist topfit und hat auch keinen Kampf zuviel, da er selten harte Schlachten hatte. Er hat Probleme, sobald sein Gegner eine gute Reichweite hat und er den Fight nicht über Jab/Klammern/Drücken führen kann. Damit scheiden 90% der Gegner als Problem aus.
Gegen Jennings waren diese Defizite zeitweise erkennbar, und gestern sind sie dann komplett zu Tage gefördert worden.
Zudem hat Fury im Vorfeld und dann im Ring auch noch Dinge gemacht, die Klitschko so bislang nicht erlebt hat. Klitschko konnte damit nicht umgehen, da er nicht mit Situationen umgehen kann, die vorher nicht eingeplant sind. Er ist ein Kontrollfreak.
Erschreckend fand ich, dass Klitschko im letzten Kampfdrittel nicht das Tier aus sich rauslassen konnte und versucht hat, Fury physisch zu brechen mit dem Risiko, selber KO zu gehen.
Was wir gestern gesehen haben, war der Klitschko nach der Metamorphose, für den ihn die Medien, Fans und Speichellecker über ein Jahrzehnt abgefeiert haben und die ihn Rekorde haben brechen lassen, dass er als einer der besten HWler aller Zeiten gehandelt wird.
Der junge Klitschko dagegen war ein attraktiver und risikoreich boxender Angriffsboxer, dessen Kämpfe oftmals eine Augenweide waren. Nach bitteren Niederlagen wurde er dafür als Glaskinn und Quitter diffamiert, Sdunek als Non-Checker abqualifiziert und es kam der U-Turn.
Der neue Klitschko war der roboterartige Boxer, der alles stets unter Kontrolle hatte, meist körperlich unterlegene Gegner oder vom Bruder gebrochene große Namen besiegt hat.
Dabei zeigte er sein ganzes Repertoire: Jab, Jab, Klammern, sich mit der Masse von 110 kg drauflegen und den physisch dann leeren Gegner in Kampfhälfte 2 mit der Schlaghand erledigen.
Stets top austrainiert, trieb er diese Spiele selbst gegen schwache Herausforderer auf die Spitze; ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dies fast wie automatisiert ablief.
Gestern hätte Klitschko zum Körper arbeiten müssen, ein Uppercut im Repertoire wäre gegen einen größeren Gegner auch nicht schlecht. Hatte er nicht drin, und so lief der gestrige Kampf Runde für Runde gleich ab.
Erschreckend, dass Fury Mätzchen machen konnte, ohne dass diese unbeantwortet blieben.
Johnathon Banks war doch in der Ecke hilflos wie auch Vitali Klitschko. Soll man Klitschko z. B. sagen, dass er mal die Auslage wechseln soll, im Infight nicht klammern sondern Uppercuts bringen soll oder aber unvorbereitet die Rechte bringen? Er hatte nicht die Distanz und Körperhaltung, um Fury zu treffen. Er hat keinen Plan B in der Schublade, und wenn dann kann er diesen nicht umsetzen.
Gegen Fury wird er immer und immer wieder schlecht aussehen, was nicht heisst, dass Fury der bessere Boxer ist oder er ihn nicht doch mal erwischen könnte.
Ist Klitschko ein Champion und brennt er noch, dann ist das Rematch ein MUSS! Eine weitere Niederlage würde an den Erfolgen der Vergangenheit nichts ändern, und insgesamt hat er sowieso schon weit mehr erreicht als man je erahnen konnte.