Noch einmal zum generellen Sinn und Unsinn von Sportförderung:
Ich hatte mit einer Arbeitskollegin vor einigen Wochen ein Gespräch in welchem es um staatliche Kulturförderung ging. Für sie war es ganz selbstverständlich, dass es eine staatliche Aufgabe sei klassische Musik zu fördern, da sich die Kosten niemals selbstständig amortisieren würden - Konzerthaus, angemessen Bezahlung, Kosten für Instrumente etc. seien regelmäßig viel zu teuer um eine diverses und anspruchsvolles Musik- und Kulturprogramm privat kostendeckend auf die Beine zu stellen. Bei der Sportförderung sah sie das Ganze dann allerdings völlig anders - tragendes Argument war so etwas wie der empfundene "Wert" des Ganzen. Im Grundsatz leuchtet das aber ein: So lange wir keinen reinen Nachtwächterstaat wollen, der sich nur dann zu finanziellen Leistungen bequemt wo es um die absoluten Kernbereiche der Daseinsvorsorge geht, ist es doch naheliegend, dass der Staat in einigen Bereichen, die für das gesellschaftliche Zusammenleben, das Gemeinwohl, oder die Versorgung der Bürger mit Unterhaltungs- und Kulturangeboten förderlich sind, finanziell aushilft. Das gilt vor allem dann, wenn es sich um Angebote handelt, die sich eben nicht ausschließlich durch Marktmechanismen tragen - also etwa klassische Musik, oder aber Teile des Breitensports. Die Auswahl welche Bereiche besonders Förderwürdig sind ist dann eine Frage des "empfundenen" Wertes des Ganzen - das mag man unfair finden, dass ist aber bei demokratisch legitimierten Gesetzgebern und Entscheidungsspielräumen immer so: Dabei schaut ein dadaistischer Komponist, oder ein Lasertec-Verein tendenziell eher in die Röhre als andere, weil nunmal einer Entscheidung getroffen wird die der Gewichtung durch die Mehrheitsmeinung im zuständigen Gremium/Parlament entspricht.
[Edit: Das entspricht auch dem was Sm0ke oben geschrieben hat - will die Mitte der Gesellschaft das Ganze?]
Diese Argumente (also der Gemeinwohlbezug) ziehen dann nicht mehr so ohne Weiteres, wenn es um Spitzensportförderung geht. Hier scheint im Fordergrund so etwas wie nationale Identität zu stehen - kalter Krieg und Hurrapatriotismus im Medallienspiegel halt. Allerdings darf man nicht vergessen welchen Stellenwert der Spitzensport für den Normalbürger hat - und zwar unter Unterhaltungsgesichtspunkten und teilweise auch als Vorbild- und Identifikationsobjekt. Wenn der erfolgreiche Olympiasportler Jugendliche dazu bringt Sportvereine zu besuchen und wenn das Abschneiden deutsche Athleten - gewissermaßen als nationales Kulturgut - Thema beim morgendlichen Brötchenholen ist, dann mag die unmittelbare Förderung nur einigen wenigen zu Gute kommen, Auswirkung hat sie aber gesamtgesellschaftlich. Und zwar in deutlich größerem Umfang als die örtlichen Philharmoniker, oder das Museum für moderne Kunst. Das kann man nun gut oder aber schlecht finden, zulässig ist eine Förderung im Spitzensport aber schon - denn gerade die Sportarten die sich außerhalb der olympischen Spiele nicht kostendeckend leistungsmäßig betreiben lassen brauchen diese. Ob man jetzt aber die Förderung bewusst hochfahren muss ist eine andere Frage. Eine massive Steigerung der aufgewandten Finanzmittel, wie sie in England vor 2012 stattgefunden haben dürfte, würde da einen ziemlich schalen Beigeschmack haben was die Zweck-Mittel-Relation angeht: Sportlicher Erfolg ja, aber nicht um jeden Preis. Da scheint es deutlich sinnvoller und machbar die Struktur der Förderung an sich zu verbessern, damit das Geld auch da ankommt wo es hin soll.
Etwas populistisch und stark verkürzt mutet der Vergleich mit den Öffentlich-Rechtlichen an. Das mag schon sein, dass die viel zu viel zahlen, aber zum einen reden wir hier von ganz anderen Organisationseinheiten und zum anderen steht dahinter immernoch ein Marktmechanismus und keine bloße Subvention. Die zahlen halt was die Rechte vermeintlich wert sind. Ob man das Feld nicht lieber den Privatsendern überlassen sollte ist eine andere Frage, aber die Entscheidung zum Kauf von Bundesligarechten und die Entscheidung zur finanziellen Unterstützung des Spitzensports steht inhaltliche einfach in keinem Zusammenhang und lässt sich daher auch maximal vom Ergebnis her miteinander vergleichen.
Zur Medallienausbeute an sich: Alles ok, ich fand die Spiele aus Deutscher Sicht ganz gut. Gerade in den Mannschaftssportarten tolle Erfolge, wo man dabei war hat man auch eine Medallie geholt und ist, abgesehen vielleicht vom Handball und Herrenhockey, damit jedes Mal über den Erwartungen geblieben. Klar, einiges an Edelmetal in "obskur" anmutenden Sportarten, aber das haben andere Nationen genauso. Das man bei der Leichtathletik nur in den Wurfdisziplinen Chancen hat war klar, ich glaube besser war man 2012 und 2008 auch nicht. Dann wirklich tolle Erfolge im Turnen und Beachvolleyball und die obligatorischen Medallien im Rudern. Gab doch genug schöne olympische Erfolge, wie schon vielfach vor mir festgestellt: Von einem pauschalen "Verkacken" deutscher Sportler kann keine Rede sein, allenfalls sollte man an der Erwartungshaltung im Schwimmen arbeiten.