Sony eins, Microsoft null
Microsoft will den Spielern Freiheiten wegnehmen, Sony garantiert sie - vorläufig zumindest. Während die Vorstellung der Konsolen vor dem Marktstart bei der PS4 besser gelungen ist als bei der Xbox One, ist der langfristige Erfolg noch längst nicht entschieden.
Wer sich zuerst aus der Deckung wagt, riskiert einen Headshot - das ist nicht nur bei Egoshootern so, sondern auch im knallharten Geschäft mit Spielekonsolen. Dem früher mit perfekter PR agierenden Konzern Microsoft ist genau das gerade passiert. Während die Redmonder Stück für Stück enthüllt haben, welche Einschränkungen bei Onlinezwang, Gebrauchtspielen und Überwachung sie den Spielern auferlegen, konnte Sony das mit einem Streich wegwischen.
Selten, vielleicht noch bei Steve-Jobs-Präsentationen, konnte man ein Fachpublikum so jubeln sehen wie bei Sonys Versprechen zur Playstation 4. Punkt für Punkt arbeitete das Unternehmen die Kritikpunkte der Spieler ab: Kein Onlinezwang, Weiterverkauf von Spielen bleibt erlaubt, und, ach ja, hundert Euro billiger ist unsere Konsole auch noch.
Microsoft hat es Sony allzu leicht gemacht, sich als Anwalt der Spieler zu verkaufen. Dabei wird gern übersehen, dass die Präsentationsfolien bei den Gebrauchtspielen nur von "Disc based games" sprechen - dass man mit dem Verkauf der Konsole auch die Download-Spiele übertragen kann, das hat Sony nämlich noch nicht versprochen.
Viele Spieler sind zudem skeptisch, ob die versprochenen Freiheiten auf Dauer gewährt werden. Viel zu laut klingt noch der Donner nach, der nach dem Entfernen der Linux-Option durch die Community hallte. Zwar dürften die wenigsten die Playstation 3 als Linux-PC genutzt haben, aber einfach eine zugesicherte Eigenschaft wegen des Bruchs des Sicherheitssystems wegzupatchen, empfanden viele Spieler schlicht als Frechheit. Und das trauen sie Sony auch wieder zu, wenn es beispielsweise um Gebrauchtspiele geht.
Auch beim Preisunterschied von 400 Euro für die PS4 gegenüber 500 Euro für die Xbox One gilt es genauer hinzusehen. Microsoft liefert die Konsole mit der neuen Kinect-Kamera, das Pendant von Sony muss man extra bezahlen. Auch wenn die Kamera für viele Spiele keinen Vorteil bringt, verdongelt Microsoft seine Konsole damit - und zwar wegen ihrer Positionierung als universelles Unterhaltungsgerät im Wohnzimmer.
Zusammen mit den Pay-TV-Anbietern in den USA will Microsoft die Sprach- und Gestensteuerung und die digitalen Inhalte der Xbox One mit dem Fernsehprogramm verschmelzen. Dazu dient auch der HDMI-Eingang der Konsole: Der Kabel-Receiver wird daran angeschlossen, die Konsole kann ihre Anzeigen über das Fernsehbild legen. Einen Standard wie Hbbtv in Deutschland - das ebenfalls kaum genutzt wird - gibt es in den USA für solche Anwendungen noch nicht. Microsoft hat gute Chancen, ihn zu setzen. Insbesondere durch eine sinnvolle Sprachsteuerung könnte man so vielleicht sogar Apples vermutetem iTV zuvorkommen.
Sony dagegen hat sich bisher nur zu mehr Film- und Serienangeboten aus den hauseigenen Studios bekannt. Der Werbeslogan "It just does everything" aus den Anfangstagen der PS3, die diesem Anspruch nie gerecht wurde, scheint vergessen. Stattdessen konzentriert sich das Marketing, denn nichts anderes sind die Ankündigungen bisher, auf die Spieler. Die jubeln, aber übersehen leicht, dass sie in einigen Jahren vielleicht lieber die Xbox One wollen, wenn die sich als Medienzentrale etabliert haben sollte.
Trotzdem: Die überzeugendere Vorstellung aus Sicht des Spielers ist Sony gelungen. Dies aber vor allem, weil der japanische Konzern geschickt die Schwächen des US-amerikanischen Gegners ausgenutzt hat. Abgerechnet wird erst, wenn die Konsolen ein Quartal auf dem Markt sind. Und Microsoft könnte Sonys Preis immer noch unterbieten - zum Beispiel, wenn ähnlich wie bei den Arcarde-Versionen der Xbox 360 auch ein Paket ohne Kinect-Kamera angeboten wird.