Aber haben diesmal die Medien Enke für seine Weinerlichkeit o.Ä. verspottet? Nein. Anscheinend hat er ja ständig Angst davor gehabt, dass die Öffentlichkeit davon erfährt. Das ist legitim, aber zumindest kann man der Gesellschaft meiner Meinung nach nicht vorwerfen, ihn in den Tod getrieben zu haben.
Das ist kein Vorwurf, sondern in dem Fall schon eine sehr konkrete Aussage meinerseits. Gerade der Fall Deisler, der in der Öffentlichkeit ob seiner Depressionen verspottet wurde, zeigt deutlich, dass Enkes Angst keineswegs unbegründet war. Seine offensichtlich negativen Erfahrungen in Istanbul bestätigten ihn auf jeden Fall in seiner Angst. Genau darin liegt die Schuld der Gesellschaft an sich. Und ja, es ist eine Verallgemeinerung, weil ich hierbei über das allgemeine Bild, also die Mehrheit, spreche und nicht konkret über einige Personen.
Enke direkt in den Tod getrieben hat aus meiner Sicht niemand speziell, aber wir als Gesellschaft haben mit versagt, jeder einzelne ein klein wenig, und das nicht nur im Falle Enkes sondern bei jedem Suizid eines eben psychisch kranken Menschens. Es ist ein Tabuthema, nicht nur im Sport, es ist ein Makel, der immer und überall negative Reaktionen hervorruft, ob nun frühzeitig in der Schule oder später im Berufsleben.
Vielleicht hätte es ein riesiges Medienspektakel gegeben, wenn Enke von seinen Depressionen erzählt hätte. Aber größer als das jetzige Spektakel wäre es nicht gewesen.
Hier geht es nicht um die Größe des Spektakels, zumal die meisten Medien durchaus pietätvoll agieren. Bei Deisler hat der offensive Umgang damit auch zu einem Karriereende geführt. Wie sollte das Enke weiterhelfen, der den Aussagen zu Folge vor allen Dingen im Fussball seine Erfüllung sah?
Und wenn du meinst, dass niemand auf den Lokführer aus empathischen Gründen verweist, liegst du da falsch, denke ich.
Welche Verbindung hat denn jeder Einzelne bitte zu Lokführer, sodass er hierbei empathische Gründe aufführen kann? Bei Enke kennt man zumindest das Gesicht, kennt einen Teil seiner persönlichen Geschichte, dadurch ist eine Betroffenheit zumindest herleitbar. Das kann ich bei so lapidar hingeworfenen Ausführungen á la "denk mal an den Lokführer" überhaupt nicht erkennen. Daher ist hierbei der Vorwurf der Heuchelei noch eher plausibel als bei Leuten, die jetzt einfach nur "RIP Enke" schreiben.
Ich will sicherlich nichts sagen wie "Ach, so schlimm ist das nicht, der hätte sich zusammenreißen sollen." - was ja dein Vorwurf ist.
Nein, das war zu keinem Zeitpunkt mein Vorwurf. Ich hatte jeden selbst aufgefordert, für sich darüber nachzudenken, mehr nicht.
Nein: Er war psychisch krank und darüber sollte man auch reden.
Was eben aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit nicht sinnvoller ist, als die Aussage "reiß Dich zusammen". Wie liberalemente schon schrieb, kann man nur hoffen, dass eben ein solcher Vorfall dazu führt, dass offen darüber gesprochen werden kann, ohne einen erneuten Fall "Sebastian Deisler" zu erhalten.
Das sollte man auch hier beachten. Darf ich Enke nicht dafür kritisieren, dass er sich, weil er fürchtet, seine (Adoptiv-)Tochter zu verlieren, umbringt?
Wenn die Kritik berechtigt ist, darfst Du das gern machen, allerdings müsstest Du für ein abschliessendes Urteil einen Blick in seine Krankenakte werfen. Denn diese Aussage:
Damit hat er ihr ja einen Bärendienst erwiesen.
zeigt nur zu gut, dass Du nicht verstanden hast, was die Folgen einer Depression sind. Wäre er sich dessen vollkommen bewusst gewesen, hätte er sich mit Sicherheit nicht umgebracht. Aber darüber denkt ein depressiver Mensch gar nicht nach. Weswegen der Vorwurf, er handelte rücksichtslos gegenüber seinen Anvertrauten und den durch den Suizid nun betroffenen Personen, so dermassen sinnfrei ist.
Und auf den Lokführer verweise ich aus empathischen Gründen, und das nicht nur jetzt, sondern auch bei allen anderen Zugselbstmorden.
Du kann Dich also dementsprechend gut in den speziellen Lokführer hineinversetzen, weil ...? Oder ist das nicht doch nur eine pauschale Aussage, weil es so logisch gut klingt?
Ich will niemanden widersprechen, dass das Zugpersonal, die Rettungskräfte, gar die Insassen im Zug traumatisiert sind, aber das dies als Begründung für allerlei unpassende Kommentare hier im Thread zu nutzen, macht solche Hinweise eben auch unglaubwürdig.
Da du u.a. mich ansprichst.Ich habe Hochachtung vor Sebastian Deisler.Der "Schwäche" gezeigt hat und vor zig Kammerateams zugegeben hat das er unter Depressionen leidet.Ein echtes Vorbild meiner Meinung nach.
Aber wie viele haben/hatten diese Hochachtung? Sehr schnell wurde das doch mit einem Hinweis auf sein gehobenes Gehalt abgewürgt.
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