Ich mache mir Sorgen. Sorgen um den grössten Schweizer Export seit DJ Bobo. Roger Federer nämlich. Der Maestro machte am Wochenende Schlagzeilen. Halb Zürich und die ganze Crème de la Crème der hiesigen Musikszene war am Wochenende zu den beiden Coldplay-Konzerten gepilgert, wie in seinen Instagram-Storys zu sehen war. Dann sorgte Sänger Chris Martin beim Song «Don’t Panic» für eine Überraschung. 1996 habe die Band, so Martin mit butterweicher Stimme, fünf Mitglieder gehabt. Der fünfte habe Perkussion gespielt, ehe er sich aufmachte, zum besten Tennisspieler aller Zeiten zu werden. Und so bat Martin am Sonntag Roger Federer auf die Bühne, der mit dem strahlendsten Grinsen und unter Applaus die Rassel im Takt schwang, während Martin ihn anfeuerte: «Shake the Solo!»
Schon am Vorabend war Federer beim Elton-John-Konzert gesichtet worden. Er, seine Frau Mirka und die Zwillinge hätten lauthals mitgesungen, schrieben die Zeitungen. Hoffte Federer etwa, auch vom grossen Elton John die Ehre erwiesen zu bekommen? So oder so, als einer der denkbar grössten Roger-Federer-Fans mache ich mir Sorgen. Bislang habe ich ihn immer verteidigt. Die Neiddebatte über seine vielen Werbedeals ging mir auf den Wecker. Warum sollte er aus seiner Berühmtheit nicht Kapital schlagen? Auch das Multimillionenanwesen, das er sich am Zürichsee bauen lässt: So what? Irgendwas muss er mit dem Geld aus seinen Verträgen ja anfangen. Auch dass er mit Prinzessin Kate ein bisschen Tennis spielt, ist nicht zu bemängeln, wer könnte das besser als Roger Federer? Aber auf den Musikbühnen des Konzertsommers hat er meiner Meinung nach nichts verloren.
Dass der plötzliche Ruhestand bei vielen Menschen Sinnkrisen oder gar Depressionen auslösen kann, ist bekannt. Dafür muss man sich auch nicht schämen. Aber wieso kauft der Maestro sich nicht einfach eine Motorjacht und schippert auf dem Mittelmeer herum? Von mir aus auch mit Tennisplatz, wo er Chris Martin und Elton John auch Stunden geben kann. Als Perkussionist und Sänger ist er aber deutlich weniger talentiert.
Und was kommt als Nächstes? Wird er jetzt der globale Partycrasher? Nächstens mit Beyoncé auf der Bühne twerken? Bei Billie Eilish das Tamburin schlagen? Oder bei Rammstein in der Row Zero mittanzen? Wir müssen uns leider auf das Schlimmste gefasst machen.
«Don’t Panic!», möchten wir Roger zurufen, es wird alles gut! Immerhin hat Chris Martin ihn als «den besten Tennisspieler aller Zeiten» bezeichnet, und das wird ihm niemand mehr wegnehmen. Jetzt gilt es nur noch, diesen Titel in Würde zu verwalten.
(Quelle: derbund.ch)