Kann es sein, dass Schalke mit zu großen Maßstäben gemessen wird und deswegen viel zu kritisch beurteilt wird? Vergleicht man Schalke mit den anderen deutschen Mannschaften, die in den letzten Jahren regelmäßig in der Champions League gespielt haben, kann ich nicht erkennnen, warum sie so viel schlechter wahrgenommen werden. Man darf Schalke halt nicht mit dem grandiosen FC Bayern vergleichen, aber selbst diese haben schlechte Entscheidungen getroffen, ob Trainerwahl oder Transfers.
Natürlich hat Schalke sehr viel Potential und scheinbar wird es nicht optimal genutzt, aber es gibt doch auch viele positive Aspekte. 2011 war Schalke in der 10 Jahreswertung der Bundesliga auf Platz 3, 2013 auf Platz 2, 2015 wieder Platz 3 - so sieht Kontinuität im sportlichen Bereich aus - und das obwohl Schalke nicht so viel Glück mit Trainern hatte, wie die Konkurrenz mit Klopp oder Favre. Der Verein an sich wird doch gar nicht schlecht geführt.
Die Jugendarbeit ist top und die jungen Spieler haben langfristige Verträge, hohe Ausstiegsklauseln und sie bekommen genug Spielpraxis. Im Gegensatz zu Stuttgart oder Hamburg. Wolfsburg, Gladbach, Leverkusen und Dortmund vs. Schalke - wo spielt der eigene Nachwuchs eine größere Rolle?
Die Magath Ära war schwer zu verdauen, aber seitdem waren die Transferentscheidungen nicht wirklich schlecht. Selbst ein überteuerter Boateng, der wohl eine der größten Fehlentscheidungen war, hat wichtige Treffer erzielt - die notwendige Einnahmen in der CL gesichert haben - und damit mehr geleistet als die ähnlich teuren oder teureren Mkhitaryan, De Jong, Immobile, Schürrle etc. der Konkurrenz. Wieviele Spieler hat Schalke zu billig abgeben müssen? Wieviele Spieler haben sie zu teuer eingekauft?
Trainersuche? Keller hat doch geliefert, obwohl von der Boulevard Presse und von Boulevard Foren Usern ständig attackiert. RDM war keine gute Entscheidung, aber danach war die Suche doch konsequent. Man hat sich um Tuchel bemüht, er wollte zu viel Macht, Weinzierl wollte nicht, Breitenreiter ist dann ein guter Kompromiß. Ich wüßte nicht, was man da großartig anders machen will - das war alles genau richtig. Natürlich ist da ein Risiko da, dass Breitenreiter scheitern wird und dann kommen wieder die ganzen Kritiker: "Typisch Schalke, so einen unfähigen/wenig bewährten Mann zu holen", aber er kann auch genau so einschlagen wie ein Favre, Klopp oder Hecking.
Fans? Weil sie noch nie deutscher Meister waren, haben sie nur echte Traditionsfans und keine Erfolgfans, wie das typisch für den BVB oder FCB ist (z.B. ich, bin bei Weitem kein Schalke Fan, sondern schon immer für die Bayern gewesen - eigentlich nur wegen der sportlichen Attraktivität, der Dominanz und dem Erfolg). Sind ihre Fans schon so negativ aufgefallen, z.B. wegen der Fremdenfeindlichkeit wie sie in Dresden, Dortmund oder in Aachen verbreitet ist, oder wegen Gewalt und Randalen im Stadion? Kann sein, aber ich kann mich nicht daran erinnern.
Schalke ist solide. Sie machen Fehler, aber nicht viel mehr als die Konkurrenz, aber der Zufall spielt auch eine Rolle. Wenn der Zufall dafür sorgt, dass der Trainer passt, die Transfers sitzen, die Verletzungen ausbleiben und die Konkurrenz schwächelt, können sie auch Titel gewinnen und locker international zu den Top 10 gehören und erfolgreich den deutschen Fußball repräsentieren.