Scoring im Boxen / Punktrichter sein


timeout4u

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Bin zufällig über den folgenden Artikel gestolpert und fand den nicht uninteressant. Klar, oft haben kontroverse PR-Entscheidungen andere diskussionswürdige Hintergründe, aber kann natürlich auch einfach an den Gründen im Bericht liegen. :)

Da es früher mal nen Punktrichter Thread hier gab, hab ich einen aufgemacht und den Bericht hier reingestellt:

Was ich aus 528 Kämpfen als Punktrichter gelernt habe
 
G

Gelöschtes Mitglied 16

Guest
Bin zufällig über den folgenden Artikel gestolpert und fand den nicht uninteressant. Klar, oft haben kontroverse PR-Entscheidungen andere diskussionswürdige Hintergründe, aber kann natürlich auch einfach an den Gründen im Bericht liegen. :)

Da es früher mal nen Punktrichter Thread hier gab, hab ich einen aufgemacht und den Bericht hier reingestellt:

Was ich aus 528 Kämpfen als Punktrichter gelernt habe

toller artikel, keine frage. allerdings würd ich das zur diskussion stellen, ob ein judge das geschehen von seinem sitz aus wirklich besser beurteilen kann, als die zuschauer zu hause, insbesondere wenn die kamera regie gut ist.

ich sass nun wahrlich mitunter genug nahe am ring bei boxveranstaltungen, teilweise nicht weiter weg als normalerweise die judges. ich würd mir da nie anmassen zu beurteilen, ob ich mir ein besseres bild machen könnte als am tv. ich behaupte eher nein. du siehst teilweise nicht genau, was in den entfernten ecken passiert, weil du einfach den blick nicht frei hast. was stimmt ist, dass du die härte der schläge intensiver wahrnimmst. das klatscht mitunter ganz gehörig. imo kommt das im tv nicht so rüber.
 

Versts

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Was bei solchen Diskussionen oft ein wenig untergeht ist dass es immer ein Gemisch aus drei (fünf) verschiedenen Ansichten/Punkten ist welche gemeinsam zählen und auch sehen die Zuschauer/Punktrichter vor Ort die Aktionen auch in der Tiefe bzw. dreidimensional.
 

timeout4u

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Das Problem ist einfach, dass man nie weiss, wer richtig sieht :cool1: Hab zwar noch nie als Punkt-oder Kampfrichter fungiert, kenne aber die Blickwinkel als Aktiver, Trainer und Zuschauer. Manches sieht später auf einem Video wirklich anders aus als vor Ort wahrgenommen, muss ich zugeben. Da wirkte auf einem Video z.B. eine live am Ring verloren geglaubte Runde doch nicht als verloren. Und ich muss gestehen: gibt sogar Kämpfe, da fühlte ich mich live im Ring als Verlierer oder Gewinner und das entsprechende Urteil war dann auch ok. Seltsamerweise schaute das manchmal später auf dem Video ganz anders aus und hätte man auch andere Urteile daraus basteln können. War zwar nur VHS, aber trotzdem ... :) Selbst als Aktiver kannst du das hin und wieder nicht genau sagen, wer richtig liegt.
 

Versts

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Die Wahrscheinlichkeit auf optimale Ergebnisse beim Scoren erhöht sich mit der Anzahl der verschiedenen möglichen Blickwinkel auf das Geschehen das ist trivial. Deshalb sind/ wären auch fünf Punktrichter an verschiedenen Positionen am Ring besser als drei. (Was auch der Bestechlichkeit bzw. einem vorauseilenden Gehorsam der Punktrichter als Gemeinschaft entgegenwirkt)
Eine Kameraperspektive ist halt immer nur die Eine, welche natürlich auch zufällig genau die Eine noch fehlende Sichtweise vermitteln kann. Eigentlich sollte der Ringrichter da am nächsten dran sein, aber auch der sieht nicht alles. Möglicherweise sollte man bei strittigen Sachen Kopfstöße etc. einen Videobeweis heranziehen können.
 

aristoteles

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Finde es ein großes Problem beim Scoren, dass die Regeln nicht eindeutig festgelegt sind und jeder andere Schwerpunkte setzt.

Und das merkt man halt auch in den Scorcards. Bei Wilder gegen Fury waren sich die Judges bei den ersten 8 Runden nur in einer Runde einig. Auch unterscheiden sich die Scorecards oft extrem von den hier Online-Scorenden. Oft gar nicht so sehr im Urteil, aber Runde auf Runde schon. Hier im Forum war die 7. bei allen bei Jacobs, die haben die Judges aber bei Canelo, und da gibts viele Beispiele.

Anderes Beispiel:

Auch bei den Fans haben die einen den Kampf 118-108 für Provodnikov gehabt, die anderen hatten Algieri vorne. Finde ich halt alles zu willkürlich. Und das führt halt gerade bei den großen Kämpfen, die immer eng sind (Canelo-GGG I,II, Kovalev-Ward, Gonzales-Rungivasai, Pacquiao-Marquez I,II,III, Morales-Barrera I,II,III) dazu das die Meinungen immer gespalten sind.

"Domination of the round by technical and tactical superiority"

Gerade da kann man viel reininterpretieren. Wenn jemand technisch und taktisch überlegen ist, sollte er auch die Mehrzahl an Treffern haben. So ist die Formulierung halt extrem schwammig...
 

Versts

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Außer einem KO wird es wohl nie eine wirklich objektive Kampfentscheidung geben. Kein Mensch ist wirklich objektiv in seinem Denken und seiner Wahrnehmung, äußere Umstände wirken sich zeitweise auf die Konzentration aus, verschiedene Ansichten und Bildungsstände verzerren das innere Bild und die äußere Wahrnehmung, da reichen Nuancen welche sich anreichern. Einigermaßen objektiv wäre ein Anzug/ Handschuhe welcher die Anzahl und Härte der Treffer und deren Wirkung misst, welche später rechnergesteuert addiert werden. ;-)

Das strittige, unvollkommene, subjektive macht allerdings einen großen Teil des Reizes einer Sportart aus. Sehe ich jedenfalls so.
 
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HamburgBuam

Adalaide Byrd
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Ich saß als Pressevertreter früher regelmäßig direkt am Ring, neben den Punktrichtern. Ich würde sogar behaupten, dass man ein besseres Bild hat, als im Fernsehen. Man sieht vielleicht nicht alles mit dem Auge, aber man kann an den Geräuschen hören, ob der Schlag auf die Deckung traf oder auf den Körper. Man hat mehr Sinne zur Verfügung.

Als ich mal einen Punktrichter gefragt habe (Amateurboxen), meinte der, er würde sich nach der Runde auch noch das Gesicht der Kämpfer anschauen, ehe er sich entscheidet, für den Fall, dass er etwas übersehen hat, das auf der ihm abgewandten Seite passiert ist.

Und dann war da noch der Punktrichter, der einen seiner eigenen Kämpfer, den er teilweise trainiert hat, nebenbei angefeuert und ihn dann verschoben hat. :smoke:
 

SSBsports

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Direkt vor dem Ring aus nur einem Blickwinkel schräg nach oben durch die Seile zu gucken, scheint mir alles andere als der ideale Platz zu sein, um das Geschehen im Ring im größtmöglichen Umfang zu erfassen. Die Schlagstatistik, auf die einige so viel wert legen, entsteht genau auf dieselbe Weise. Da hocken zwei Leute mit je zwei Knöpfchen für "Jab" und "Powerpunch" am Ring und drücken live, was sie sehen oder meinen gesehen/gehört zu haben. Dazu kommt noch, dass ein Powerpunch lediglich als ein Schlag mit der Schlaghand definiert ist. Mit Power hat das erst mal gar nichts zu tun. Die Fehleranfälligkeit und der Interpretationsspielraum zeigen ziemlich offensichtlich, wie wenig Aussagekraft diese Statistik doch eigentlich hat.

Die Schlaghärte oder -qualität eindrucksvoller mitzubekommen mag vielleicht ein Vorteil dessen sein live am Ring zu sitzen. Aber dort ist man eben auch der Stimmung in der Halle ausgesetzt. Wenn die ganze Halle jeden Schlag eines Boxers feiert und die Volltreffer des anderen ignoriert, kann das durchaus einen erheblichen Einfluss auf die Punktrichter haben, die sich ja oftmals auf andere Sinne verlassen müssen, wenn die Boxer mal wieder am anderen Ende des Rings stehen.

Die Kampfspuren eines Boxers zu beurteilen ergibt überhaupt keinen Sinn. Viel Blut oder blaue Flecken bedeuten nicht automatisch dass ein Boxer viel Punishment genommen hat.
 
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Major

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Ich saß als Pressevertreter früher regelmäßig direkt am Ring, neben den Punktrichtern. Ich würde sogar behaupten, dass man ein besseres Bild hat, als im Fernsehen. Man sieht vielleicht nicht alles mit dem Auge, aber man kann an den Geräuschen hören, ob der Schlag auf die Deckung traf oder auf den Körper. Man hat mehr Sinne zur Verfügung.

Das sehe ich genauso, da ich als Presse-Vertreter auch bereits mehrfach direkt am Ring saß.
 

Easy

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Ich finde es nicht als optimale Sitzposition. Ideal wäre normalerweise, wenn ca. 2 m über jeder Ringecke einer sitzen würde.
 

Sakaro

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Das Ganze entbehrt jeglicher Logik. In jeder anderen Sportart wird über Videobeweise diskutiert und hier wird behauptet, dass man live unter dem Ring besser sieht als auf Video. Natürlich ist das Fernsehbild nicht auf das Punkten ausgerichtet, wenn man aber vier Kameras 2 Meter über der Ringecke anbringen würde, wie Easy vorgeschlagen hat, und danach scoren würde, wäre das Ergebnis definitiv akurater. Es gibt auch keinen logischen Grund, warum der Ringrichter schlechter als die Ringrichter sehen sollte.
 

SSBsports

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Idealerweise würde das in meinen Augen per Videoanalyse in einer Kabine mit mehreren Monitoren und vor allem abgeschottet von der ganzen Hallenatmosphäre geschehen. Die nötige Technik das gesamte Geschehen aus mehreren Blickwinkeln einzufangen ist heutzutage gegeben. Ich glaube nahezu jeder lässt sich von anderen beeinflussen. Das ist nur natürlich denke ich. Wenn in einem ereignisarmen und ausgeglichenen Kampf ein Boxer keinerlei Anerkennung für seine Aktionen bekommt, der andere aber für jeden Wischer gefeiert wird, finde ich es einfach problematisch, wenn der Ringrichter da mittendrin sitzt.

Ein späteres Aufarbeiten des Kampfes ist nur schwer möglich, da niemand Lust hätte eine Stunde auf das offizielle Urteil zu warten. Man könnte jetzt allerdings drei Punktrichterteams erstellen, die sich die Arbeit aufteilen. Der erste Punktrichter guckt Runde 1 live und der Kollege übernimmt Runde 2. Während der zweiten Runde arbeitet der erste Punktrichter die erste Runde nochmal auf, erst dann gibt er sein Fazit ab. Dann immer so weiter im Wechsel. Der Nachteil hierbei wäre allerdings, dass die drei resultierenden Scorings dann keine klare Linie mehr hätte, da jeder Punktrichter die Bewertungskriterien nach eigenen Präferenzen anders gewichtet.

Kurzum, drei Punktrichter in separaten Kabinen mit mehreren Monitoren um sich herum fände ich persönlich am vielversprechendsten.
 
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HamburgBuam

Adalaide Byrd
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Menschen machen Fehler und lassen sich beeinflussen. Keine Frage. Nicht was was die Atmosphäre betrifft, sondern auch bewusst.

Bei einem großen Promoter, ich nenne nicht den Namen, war es zumindest früher so, dass die Punktrichter nicht direkt bestochen, aber hofiert wurden. Da dem Veranstalter die Unterbringung der Offiziellen obliegt, logierten diese in Luxushotels und wurden Abends auf Kosten des Veranstalters in den Puff Gefahren. Da die natürlich wiederkommen wollten, haben sie dann für den Boxer der Veranstalters gestimmt, weil sie wussten, dass der ausreichend Einfluss hat, um sie wieder "anzufordern".
 
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Gelöschtes Mitglied 16

Guest
Direkt vor dem Ring aus nur einem Blickwinkel schräg nach oben durch die Seile zu gucken, scheint mir alles andere als der ideale Platz zu sein, um das Geschehen im Ring im größtmöglichen Umfang zu erfassen.

Hab ich auch so erlebt: Seile im Weg und vor allem: auch der Ringrichter kann Dir die Sicht nehmen:

1657


kann sich ja jeder selber vorstellen, was man da so sieht...
 

Sakaro

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Ist es nur mein Gefühl oder werden Main-Events in letzter Zeit bewusst eng gescort?
Es fällt mir schon seit einiger Zeit auf. Bei Alvarez vs. Golovkin III war es ja auch wieder sehr extrem. Diese Woche bei Hughes vs. Galahad das Gleiche. Auch wenn man sich die Pound for Pound-Liste anschaut, wurden die letzten Kämpfe immer sehr eng gescort, obwohl viele der Kämpfe nicht besonders eng waren.
Wie seht ihr das?
 

kk17

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Ist es nur mein Gefühl oder werden Main-Events in letzter Zeit bewusst eng gescort?
Es fällt mir schon seit einiger Zeit auf. Bei Alvarez vs. Golovkin III war es ja auch wieder sehr extrem. Diese Woche bei Hughes vs. Galahad das Gleiche. Auch wenn man sich die Pound for Pound-Liste anschaut, wurden die letzten Kämpfe immer sehr eng gescort, obwohl viele der Kämpfe nicht besonders eng waren.
Wie seht ihr das?
Golovkin vs Canelo wurde immer extrem gescort 115-113 Canelo im 3. Kampf war jedenfalls passender als 118-110 Canelo im 1. Kampf
 

Sakaro

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Golovkin vs Canelo wurde immer extrem gescort 115-113 Canelo im 3. Kampf war jedenfalls passender als 118-110 Canelo im 1. Kampf

Das ist ja mein Punkt. Die Scoring-Ergebnisse scheinen gefühlt enger als früher zu sein, unabhängig vom Kampfverlauf.
 

Deontay

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Da bräuchten wir natürlich konkrete Beispiele. Hughes vs. Galahad taugt nur bedingt etwas, weil Galahad hier hätte vermutlich gewinnen sollen.
Canelo vs. Golovkin war in der Tat eine Überraschung, weil eigentlich Canelo immer bevorzugt wird von den Punktrichtern, nun war es anders herum. Vielleicht hat die Bivol-Niederlage sein Standing irgendwie untergraben, zumindest für diesen einen Kampf.

Ansonsten fallen mir jetzt nicht viele Beispiele sofort ein. Stattdessen habe ich unverschämt weite Resultate vor Augen. Um im Supermittelgewicht zu bleiben, der letzte Edgar Berlanga-Fight, der mindestens 50/50 war, wo Angula dann von 2 Punktrichtern kümmerlich eine Runde erhielt.
Das sind doch eher die Urteile, die man Woche für Woche serviert bekommt, also ins Gesicht geklatscht wird :sleep:
 
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HamburgBuam

Adalaide Byrd
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Ich erkenne auch keine Häufung von zu engen Urteilen. Diese kommen höchstens zustande, wenn die B-Site klar gewinnt und man noch versucht hat, den Favoriten zu Retten. Aber bewusst eng Scoren? Als ob man die Robberys neuerdings verschleiern will. Die Leute schalten doch auch bei offensichtlichstem Betrug wieder ein.
 
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