Ich fand es nur ziemlich überraschend, dass es bei Durant an #4 keine Einwände gab, während Anthony an #9 als 'Reach' gesehen wurde. Es ist doch alles nicht so wild.
Dabei spielt das Gefühl eine riesige Rolle, gerade weil man aus dem Bauch heraus auch diesen Draft wie einen "normalen" angeht. Durant hat den Bonus, erst seit weniger Jahren in der Liga zu sein und so hat man kein Gefühl der Stagnation, wie man es bei Melo seit einiger Zeit empfindet (obwohl Durant 2009/10 individuell beeindruckender war als 2010/11). Umso mehr weil die Thunder sich bisher stetig verbesserten, die Nuggets aber ebenfalls stagnierten. Da ist doch klar, dass alle lieber den 22jährigen Spieler mit vermutetem Upside haben wollen als den 27jährigen, bei dem man diese Erwartung bereits weitgehend begraben hat.
Wenn man beide Spieler von diesem Eindruck unbeeinflusst angeht, spricht dann nicht ganz so viel dafür, dass Durant unbedingt so viel besser ist, dass er an 4. Stelle in diesem Draft ohne Zweifel seinen Platz finden kann, während Melo an 9. unpassend wirkt. Ganz so weit auseinander liegen sie wirklich nicht, obwohl Durant, vor allem wenn man die Saison zuvor miteinbezieht, der effizientere Scorer ist und Melo sich durch die relativ kurze Zeit bei den Knicks noch nicht als inzwischen sehr gefährlicher Dreierschütze ins Gedächtnis gebrannt hat (ich war jedenfalls selbst überrascht, als ich in den Stats sah, dass er bei hohem Volumen in den Spielen 42,4% warf - ich kannte ihn aus der Entfernung eher als etwas unbeständigen Spieler, der allenfalls für 37% gut ist). Interessanterweise gilt Durant diesbezüglich als der
viel bessere Schütze, obwohl er das Niveau von vor zwei Jahren, wegen dem man ihn noch so einschätzt, überhaupt nicht gehalten hat und unter diesen 37% liegt. In den Playoffs war es auch wieder zu sehen, dass er mal sehr top und mal sehr hopp aus der Distanz war.
In einer Beziehung würde ich Irenicus gar widersprechen: Wenn Melo will - und das ist zugegebenermaßen in der Tat viel zu selten -, war er schon zu Verteidigungsleistungen fähig, die man bei Durant bislang noch nicht zu sehen bekam.
Ich bleibe dabei: In diesem Spiel ist Durant wegen der weitverbreiteten Einschätzungen natürlich der weit bessere Pick. In Realität wegen des Altersunterschieds ebenfalls. Aber leistungsmäßig ist es eigentlich nicht der überdeutliche Unterschied zwischen einem All-NBA First Teamer 2011 zu einem Spieler, der in diesem Jahr nicht mal Third Teamer wurde. Das hat mehr mit dem Image der Spieler zu tun.