Ist auch schwer bei dem Talentpool extrem viel falsch zu machen. Die Profis von heute sind fast durchgängig auch hochprofessionell, das ist doch nichts, was Löw denen erst erklären musste. In der NM muss auch nicht viel motiviert werden, weil die Bühne megagroß ist, EM und WM nur alle 4 Jahre ist und die Spieler selbst wissen, wie ein gutes Turnier den Marktwert steigern kann.
Aber sie sind eben auch egozentriert und zum Teil beratergesteuert. Es ist heute leichter, einen Kader aus guten Fußballern zusammenzustellen - eben, weil in D nicht so ganz schlecht ausgebildet wird. Aber eine funktionierende Einheit zu hilden, die dann 8 Wochen lang harmoniert und
zusammen arbeitet, ist viel schwerer als früher. Und eben da liegt Löws Stärke, die man nicht unterschätzen sollte.
Auch in der heutigen Zeit hatte D seltenst den wirklich individuell stärksten Kader - kann man auch in den Diskussionen zu ausnahmslos jedem Turnier der letzten 10 Jahre hier nachlesen. Aber was Teambuilding, Quartierauswahl, Vorbereitung im Allgemeinen angeht, leisten Löw, Bierhoff und co nun wirklich seit 10 Jahren absolute Top-Arbeit. Nur 2012 waren die Animositäten zwischen Bayern und BVB nicht wirklich zu kitten - und am Ende war das viel fataler, als die Idee, Kroos gegen Pirlo zu stellen. Bei den
richtig guten Turnieren 2010 und 2014 hat man schon vor dem Turnier gewusst, dass die Gruppe funktioniert und das in jedem Fall was Gutes dabei rauskommt. Und bei den anderen Turnieren war es immer noch absolut in Ordnung und damit viiiiiel besser, als dass, was sich z.B. Briten oder Franzosen (oder bei WM Barsilianer und Argentinier) so teamintern zusammenstümpern.
Alles nur auf "Talentpool" zu schieben und Löws Gespür für die richtige Zusammenstellung der Gruppe einfach zu ignorieren, finde ich schon ausgesprochen merkwürdig. Wer heute immer noch behauptet, dass Spitzensport oder überhaupt Teamerfolg in allen denkbaren Lebenslagen nur von individueller Qualität und ein bisschen Schlachtenglück abhängen, hat für mich von Gruppendynamik und Sozialverhalten in Extremsituationen einfach nichts verstanden. Wer nicht begreift, dass Teamerfolge ganz maßgeblich von sozialen Kleinstigkeiten abhängen, möchte ich selbst im "echten" Berufsleben lieber nicht begegnen. Taktisch mag Löw nicht besser sein als andere auch, aber wer nicht erkennt, dass er im Bereich Teambuilding und Teamauswahl absolut stark ist, dem ist mMn auch nicht mehr zu helfen. Und wer nicht begreift, dass solche Fähigkeiten absolut maßgebend für Teamerfolg auf jeder Ebene sind, den möchte ich persönlich lieber nicht in verantwortlichen Positionen sehen.
Damit meine ich nicht unbedingt TraveCortex - anders: damit meine ich gar nicht TraveCortex, denn der hat in anderen Diskussionen gezeigt, dass er sowas schon im Blick hat. Der geschätzte Kollege muss hier nur gerade ungewollt meinen Steigbügel halten. Aber ich lese hier soooo oft, dass Sport einfach nur auf Qualität , Glück und dumpfes Abfeiern von selbsternannten Stars (in Wirklichkeit soziophobe Selbstüberschätzer..hier dann "echte Typen und endlich mal keine Ja-Sager") reduziert wird und ich schlage da virtuell jedes Mal die Hände über dem Kopf zusammen und frage mich: wie seid ihr bloß im Alltag, so beruflich und mit Kollegen?