ich versuche mal auf die punkte einzugehen:
thema fury-klitschko:
da ist halt die frage, was definierst du als „boxerische leistung“? wenn dazu auch faktoren wie gegnervorbereitung, umsetzung eines matchplans, eine gute defensive und das neutralisieren der gegnerischen stärken gehören, dann hat fury da sehr, sehr viel richtig gemacht. ansonsten hast du natürlich recht: der kampf hatte kein hohes tempo und wenig klare aktionen. am sieg von fury gab es jedoch keinen zweifel.
Es hat m.W.n. auch keiner den Sieg von Fury bezweifelt. Er hatte sich gut auf Klitschko eingestellt. Als boxerische Leistung im weiteren SInne sehe ich natürlich auch die Vorbereitung, die ein zentraler Punkt ist. Wenn ich vom boxerischer Leistung spreche, dann meine ich das im engeren Sinne, d.h. das eigentliche Boxen im Ring.
thema wilder-AJ-helenius:
quervergleiche machen sowieso wenig sinn. ich war sogar einer der wenigen, der AJ eine solide leistung beschönigte. das war damals mein kommentar.
schöner knockout über einen tapferen helenius, der es solide gemacht hat für die umstände. was auffällt: AJ ist wirklich unfassbar vorsichtig und ängstlich. er ist dadurch defensiv natürlich aufmerksamer und konzentrierter, aber darunter leidet leider die attraktivität seiner kämpfe.
Es ist keine Ängstlichkeit sondern Vorsicht. Das ist nicht deckungsgleich. Auch Wilder ist nach dem Ortiz I-Kampf sehr vorsichtig geworden, weil Ortiz ihm in der Anfangsphase des Kampfes gut eingeschenkt hat. Wenn man um seine Schwächen weiß und Probleme hat, die bisherige Strategie umzusetzen und trotzdem die Schwächen zu vermeiden, dann ist sachlogisch Vorsicht das Mittel der Wahl. Das ist aber kein Fehler.
was mich nervt ist folgende tatsache: es wurde noch nicht eine sekunde geboxt, aber schon wird seitenlang darüber diskutiert, dass fury nur durch dirty tricks gewinnen kann. das verstehe ich überhaupt nicht. man tut ja so, als wäre fury irgendein penner von der straße und nicht der ungeschlagene schwergewichtsweltmeister, der neben riddick bowe der einzige ist, der alle vier gürtel gewann.
Niemand sieht Fury als Penner von der Straße. Ich habe schon in der Vergangenheit betont, dass wir bei den Top-Leuten und auch zum Teil bei den Leistungsstufen darunter von einem verdammt hohen Niveau reden. Zu Teil entscheiden da Nuancen und Leute wie Wallin und Co. sind keine Dünnbrettbohrer. Zur Frage der Dirty Tactics: Gedankenexperiment - Wenn ich einen hungrigen Wolf in ein Gehege mit Schafen setze: Kann ich im Vorhinein prognostizieren, was passiert? Es sind doch Erfahrungswerte - die Erkenntnisse bei Fury sind da eindeutig, siehe
Das fand ich auch krass. Fury hat da so extrem geklammert wie ich es noch nie zuvor in seiner Karriere gesehen habe, obwohl er ohnehin haushoch überlegen war. Da kamen wirklich Wladimir Vibes auf aus der Spätphase seiner Karriere.
Wenn man weiß, wie Fury sich in der Vergangenheit in einfacheren Situationen verhalten hat, dann kann man treffend prognostizieren, wie es gegen Usyk aussehen wird. Das sollte doch verständlich sein.
und das war eben nicht gegen charles martin, andy ruiz und co, sondern zweimal gegen die zu diesem zeitpunkt nummer 1 der gewichtsklasse (oder bei wilder 1b). das kommt hier bei der betrachtung oft zu kurz (wahrscheinlich auch bewusst).
Wilder war für mich nie die Nr.1 oder Nr. 1b der Gewichtsklasse und das habe von Anfang an bei ihm immer geschrieben. Ich halte von solchen Zuordnungen mittlerweile sowieso nichts mehr. Davon mal ab: Wilder fehlte bis zu dem Fury-Kampf zu einen die Gegnerschaft, gegen die er sein Können auf höchstem Niveau bewiesen hätte und es war immer erkennbar, dass seine Schlagkraft seine große Waffe ist, aber auf der Minusseite einfach viel zu viel steht. Der Ruiz Jr. aus dem Joshua-Kampf wäre wahrscheinlich bereits ein Stolperstein für Wilder gewesen. Es gab zu jedem Zeitpunkt Konkurrenten, die Wilder alt hätten aussehen lassen können (und es wahrscheinlich auch getan hätten). Wilder lebt auf dem hohen Niveau von seiner plakativen Schlagkraft. Er kann aber relativ leicht ausgerechnet werden und es gibt auch heute genügend Schwergewichtler, die ihm in seiner Prime nicht liegen würden.
Joshua wird und wurde zuweilen für seine Leistung, seine Angst und was auch immer kritisiert. Er ist aber neben Chisora (und früher Povetkin) derjenige Boxer, der sich möglichen Gegnern auch stellt. Auch bei ihm gibt es natürlich ein entsprechendes Match Making, das Gegner gewählt wurden, die er kennt und die ihm liegen, aber so exzessiv wie Fury und Wilder hat er diese Form des Cherrypickings nie betrieben. Würde man bei Wilder und Fury die Trilogie aus dem Kampfrekord streichen und bei Fury einbedenken, dass er einen alten verbrauchten WM geschlagen hat, was bleibt dann noch von deren Kampfrekord? Das ist verdammt dünn in Anbetracht der Gesamtzahl der Kämpfe.