Den großen qualitativen Unterschied zwischen Schwarzarbeit und Hoeness' Vergehen sehe ich nicht. Natürlich ist Otto Normalverbraucher nicht in der Lage, 27 Millionen zu hinterziehen. Das macht es aber nicht besser. ich versteh auch die willkürliche Grenze von 1 Million, für die man in den Knast geht, nicht. Das ist doch immer eher eine Frage des Verhältnisses von Einkommen und hinterzogenen Steuern. Wenn ich viel Geld habe, hinterziehe ich viel Steuern, aber eben nur absolut. Relativ ist das absolut vergleichbar.
Trotzdem ist das natürlich schon monströs, was Hoeness da abgezogen hat. Ich denke, er ist spielsüchtig und hat bei dem Gezocke den Überblick verloren. Ich hab früher auch oft an der Börse rumhantiert, da wird man immer gieriger und wenn man nicht aufpasst, sieht man am Ende nicht mehr durch. Gerade bei vielen kurzfristigen Spekulationen. Das Interessante ist, das man nie glücklich wird. Selbst wenn man gewinnt, denkt man sich immer, verdammt, wenn ich noch etwas länger gewartet hätte, wäre ich noch reicher geworden. Eine absolute und absolut unbefriedigende Sucht, die unheimlich viel Zeit frisst. Ich hab mir nächteweise amerikanische Quartalskonferenzen angehört und auf dem Rechner liefen immer die Real Time Kurse. Richtig froh war ich erst, als ich alles verkauft hatte.
Zu so einer Sucht gehört dann auch, das man weitgehend schizophren lebt und kein Problem hat, das Motto "Keine Macht den Drogen (wie Daum) zu vertreten oder eben über Kriminelle zu wettern (wie Honess). Mich würde es bei so einer Sucht auch nicht sehr wundern, wenn Honess - falls verfügbar - auf anderes Vermögen zurückgegriffen hätte. Also nur so als Spielgeld und dann legt man es wieder zurück. Richtig Spaß macht es erst, wenn man mit etwas größeren Summen hantiert. Da kann man nur hoffen, dass er streng zwischen privat und beruflich trennt und/oder dass es wirksame Kontrollen gab. Obwohl selbst im worst case der FC Bayern aus meiner Sicht nur insoweit beschädigt wäre, dass es keine wirksamen Kontrollen gab. Insgesamt ist es ohnehin müßig, darüber zu philosophieren, wann ein Verein beschädigt wird. Der Ruf eines Vereins hängt ja wenig von kriminellen Chefs ab. Die Post oder was weiß ich Real Madrid leiden ja auch nicht darunter.
Und natürlich ist das Hängen von Ikonen mit großer selbstkonstruierter Fallhöhe immer das wichtigste Thema. Das trifft einfach den Nerv. Sei es Friedman, Schwarzer oder eben Hoeness. "Objektiv" mag es da immer wichtigere Themen geben, aber subjektiv geht da nix drüber. Man sieht da aber auch die Bedeutung, die Hoeness durch Wort und Tat erlangt hat. Das ist schon auch eine Leistung. Wen würde es interessieren, wenn Watzke 10 Millionen hinterzieht? Allerdings könnte man einen Watzke auch eher auf Bewährung freikommen lassen, weil der Aufschrei geringer wäre. Wenn Hoeness nicht in den Knast geht, ist das schwer zu vermitteln und würde auch immensen politischen Schaden anrichten. Da würde sofort über die nächste Amigo-Affäre spekuliert werden.
Für die Fans des FCB tut es mir ein wenig leid, weil selbst ein CL-Sieg etwas untergehen würde. Aber das sind ja eher Luxusprobleme.