Wenn es so schnell gehen würde, dann hätten wir eben nicht die Entwicklung, die sagt, dass die Top-100 gerade veraltet. Im Gegenteil, es dauert heute viel länger, bis es talentierte Spieler weit nach vorne in der Weltrangliste schaffen (wenn sie es denn überhaupt schaffen). Ein Janowicz ist doch ewig um die 150-200 rumgekrebst, bis er durch zwei herausragende Turniere, die er in Sachen Konstanz überhaupt nicht regelmäßig bestätigen kann, einen Sprung gemacht hat. Er ist mit 21 das erste Mal in den Top-100 aufgetaucht, das ist doch nicht schnell. Und mal ehrlich, was hat denn bitte die vermeintliche Dichte an der Weltspitze mit der Entwicklung auf den Plätzen 15-100 zu tun? Es ist doch nicht so, dass Spieler wie Janowicz, Dimitrov und Co. regelmäßig an den Topleuten scheitern, sondern meist doch schon früher.
Zu den gestrigen Spielen: Nadal hat mich erneut beeindruckt. Kohlschreiber ist sicherlich kein Übergegner, aber Nadal wurde erneut nicht gebreakt und hat auch nur eine einzige Breakchance zugelassen. Im Tiebreak kann man mal verlieren, das ist ok. Aber insgesamt liest sich die Statistik von Nadal nach vier Matches schon beeindruckend: kein einziges Mal den Aufschlag abgegeben und in 56 Aufschlagspielen nur 6 Breakbälle zugelassen. So ganz traue ich dem Braten noch nicht (auch weil Nadal phasenweise noch recht viele Fehler macht - bspw. gestern im ersten Satz), aber außer Djokovic sehe ich niemanden, der Nadal hier wirklich gefährden kann. Ansonsten hat mich Gasquet überrascht, hatte eher Raonic auf Hartplatz einen Tick vorne gesehen. Ferrer halt mit seinem üblichen Viersatzerfolg, rechtzeitig zum Major-Turnier scheint er ja doch ein wenig Hartplatzform gefunden zu haben.
Zu Federer: langsam geht es mir echt auf die Nerven, dass Federer anscheinend nicht in der Lage ist, mal ein positives Wort über den Gegner zu finden. Wie kann man denn bitte nach einer glatten Dreisatzniederlage sagen, dass man sich selbst besiegt hat? Wie wäre es denn zu sagen, dass Robredo über drei Sätze absolut auf Augenhöhe war und es mitnichten nur an Federer lag, dass er dieses Match gewonnen hat? Vielleicht lag es auch daran, dass Robredo das taktisch deutlich bessere Spiel gemacht hat, bei Breakbällen gegen sich teilweise sehr stark aufgespielt hat und sich enorm in diese Partie reingebissen hat? Dass Federer in einem Duell mit Robredo auf Hartplatz mehr Breakchancen bekommt, liegt in der Natur der Sache und hat nichts mit einer Überlegenheit des Schweizers zu tun. Und hier darf man ja auch nicht vergessen, dass die Breakballstatistik immer die Spieler benachteiligt, die Chancen effizienter ausnutzen. Tatsächlich hat sich Robredo in den Sätzen 2 und 3 sechs Breakchancen erspielt, womit die Statistik mit 6 zu 12 zwar immer noch für Federer spricht, aber bei weitem nicht so eindeutig wie 2 zu 12.
Sorry, aber das zieht sich schon durch die ganze Karriere von Federer, dass er bei Niederlagen selten in der Lage ist auch mal einzugestehen, dass er fair besiegt wurde. Und es nicht an ihm selbst, einer Verletzung, am Wetter oder am Platz lag.
Zum Thema Mythos: das ist doch nichts neues, dass jedesmal wenn ein großer Sportler nicht mehr konstant seine Leistungen bringt, davon gesprochen wird, dass er sich seinen Mythos zerstört. Das war bei Michael Jordan Schwachsinn, genauso wie bei Schumacher und jetzt auch bei Federer. Tatsächlich haben die Jahre 2008 bis 2012 dem Mythos Federer mehr geschadet, als sie genutzt haben. Jetzt ist er in einer Phase, wo es keinen wirklichen Unterschied mehr macht, weil er kaum mehr konkurrenzfähig ist. Am Ende wird man über diese Zeit nicht mehr groß reden, bleibt zu hoffen (und das habe ich ja schon vor längerer Zeit geschrieben), das er ähnlich wie Sampras noch einen großen Wurf landet und dann den Absprung findet.