Ich bin am Dienstag bei einem Konzert in Leipzig gewesen. Es war Teil der Abschiedstournee von Sepultura, welche zudem ihr 40-jähriges Jubiläum feiern. Für manche ist die Band mit Abgang der Calavera-Brüder gestorben, ich hör auch den späteren Kram.
Wie dem auch sei, ich hab die Truppe ewig nicht mehr live gesehen und nun war quasi die letzte Gelegenheit. Zudem waren Jinjer im Vorprogramm, wobei ich glaube, dass deren Toningenieur an Corona gestorben ist, oder sein Land gegen Russland verteidigt oder so. Im Gegensatz zum ersten Jinjer-Konzert bei dem ich war, klang das die letzten Male eher wie schlecht abgemischter Sound-Brei.
Wie dem auch sei, ein paar Kumpel haben gegrübelt, ob sie mitkommen, aber letztlich wollten sie dann doch nicht mit, weil sie Sepultura erst letztes Jahr gesehen haben ... und 60€ sind auch nicht soooo wenig.
Also bin ich allein nach Leipzig gefahren und weil ich keine Lust auf Autofahren hatte und ggf. das ein oder andere Bierchen trinken wollte, hab ich den Zug genommen.
Ich hab mir dazu schon vor längerer Zeit eine passende Verbindung für die Rückfahrt rausgesucht, so dass ich nach dem Konzert den letzten RegionalExpress von Leipzig nach Dresden erwische. Ich glaube früher ist da auch mal einer um Mitternacht gefahren, aber nunmehr musste ich um 23:08 am Gleis sein.
Ich hab mir die S-Bahn S3 rausgeguckt, welche ich von Leipzig-Wahren zum Leipziger Hbf nehmen wollte. Nur wenige Minuten vom "Haus Auensee" (wo logischerweise das Konzert war) entfernt und innerhalb von 10 Minuten im Hauptbahnhof.
Wie ich dann aber am Dienstag doch nochmal in die Verbindungsauskunft schnuppere, sehe ich, dass die S3 zu der Uhrzeit - die ich rausgesucht hatte - nun doch nicht fährt.
Es gibt einen "Bus S3", welcher aber doppelt so lang fährt. Die Verbindungsauskunft schlägt mir vor, dass ich mich auf den Weg nach Leipzig-Leutzsch mache und von dort aus zum Hbf fahre. Das liegt aber erst in entgegengesetzter Richtung ... und geht auch nicht viel schneller.
Alles nicht so optimal, also entscheide ich mich, nach dem Konzert mit dem Fahrrad zum Hbf zu fahren, welches ich mitgenommen habe.
Nur wo fahre ich lang? Im Dunkeln durch den Leipziger Auwald? Da verfahr ich mich nur. Oder über die Georg-Schumann-Str.? Die ist vielleicht etwas stark befahren, ich kenn mich in Leipzig nicht aus.
Jedenfalls nehme ich nicht die S-Bahn nach Wahren, um zum Haus Auensee zu kommen, sondern überlege mir entlang der B87 zur Red-Bull-Arena zu fahren und von dort aus entlang der "Neuen Luppe" bis zum Haus Auensee. Das lässt sich leicht navigieren. So kann ich abschätzen, ob der Weg auch für den Rückweg etwas taugt.
Die Antwort ist nein ... der Weg taugt nicht. Im Gegensatz zu meinem Start in Dresden ist das Wetter in Leipzig auch ziemlich mies und ich hab meine Regenhose nicht dabei. Ich hätte also nach Wahren die S-Bahn nehmen sollen. Stattdessen hab ich nun eine nasse Hose und nasse Schuhe und die Erkenntnis, dass ich nach dem Konzert einen anderen Weg nehme. Toll, dumm gelaufen ... was solls. Hab mich noch nicht aufgeregt. Hose trocknet von selbst.
Konzert genießen, Bierchen trinken. Soweit so gut.
Für den Rückweg zum Bhf plane ich mir eine halbe Stunde ein. Lieber zu viel als zu wenig. Ich kenn mich ja in Leipzig nicht aus. Damit verpasse ich leider die Zugabe mit "Roots Bloody Roots". Aber lieber zu früh da sein, als den Zug verpassen.
Nach einer Viertelstunde bin ich im Hauptbahnhof angekommen und stehe um 22:54 Uhr am Gleis. Ich hätte mir die Zugabe noch geben können, aber was solls. Lieber die Zugabe verpassen als den Zug verpassen.
Es ist sogar exakt der gleiche Zug, welchen ich auf dem Hinweg genommen habe. Der fährt den ganzen Tag hin und her. Auf dem Hinweg hatte er noch eine Viertelstunde Verspätung, aber die hat er mittlerweile bis auf eine Minute eingeholt. Dabei hat der Zugführer dazu eigentlich nur Gelegenheit, wenn er in den Kopfbahnhöfen von Leipzig und Dresden flott von einem Ende des Zuges zum anderen flitzt und weniger als die eingeplanten 15 Minuten für den Richtungswechsel braucht.
Ich döse etwas im Zug und stelle mir einen Wecker so, dass ich geweckt werde, wenn der Zug in Weinböhla ist. So kann ich gucken, ob er pünktlich ist, denn um 0:25 Uhr soll er in Coswig sein.
Die Verbindungsauskunft hatte mir nämlich ausgespuckt, dass ich dort in die S-Bahn nach Radebeul umsteigen kann und so flotter zu Hause bin, als wenn ich bis nach Dresden-Neustadt fahre.
Ich wache nahe Weinböhla auf, stelle fest, dass der Zug weiterhin nur eine Minute Verspätung hat und schaue nochmal auf die Verbindungsauskunft.
Ja, um 0:30 Uhr soll die S-Bahn von Coswig nach Radebeul pünktlich eintreffen.
Also schnappe ich mir mein Fahrrad und steige in Coswig aus.
Puh ist das kalt. Die Füße immernoch teilweise nass. Die Jacke klamm. War halt ne doofe Idee nicht die S-Bahn nach Wahren zu nehmen.
Gleich soll die S-Bahn kommen. Die Anzeige des RegionalExpresses - mit dem ich gerade gefahren bin - verschwindet.
Und TADAAAA ... der nächste Zug kommt in anderthalb Stunden.
Der 0:30 Uhr Zug fällt aus.
VERDAMMTE SCHEÌẞE!
WAAAS?
WARUM STEHT DAS NICHT IN DER VERBINDUNGSAUSKUNFT?
Durchsage: "Grund dafür sind Maßnahmen zur Betriebsstabilisierung. Wir bitten um Entschuldigung"
WAAAAS? ICH HAB GLEICH SELBER BETRIEBSSTABILISIERUNG!
VERDAMMTE SCHEÌẞE!
FÌCK DICH DEUTSCHE BAHN, LASS DEINE ZÜGE MEINETWEGEN AUSFALLEN, ABER DANN SOLLTE MAN DAS VIELLEICHT AUCH DIGITAL ERFAHREN!
Und damit meine ich, dass da "Verbindung fällt aus" und nicht "pünktlich" steht ... und irgendwo in der dritten Zeile "Betriebsstabilisierung", was dem Kunden da wenig sagt.
Naja, jedenfalls bin ich dann in f*ckin' Coswig. Mir ist kalt und die nächste Straßenbahn in Richtung Radebeul kommt auch erst in einer halben Stunde. Ich könnte mir ein Taxi rufen, aber das wäre wahrscheinlich auch erst sonstwann da.
... und teuer.
Jetzt bin ich doch glatt glücklich, dass ich mein Fahrrad dabei habe. Mein Weg vom Bahnhof nach Hause beträgt nun zwar nicht mehr 3km, sondern 12km ... aber das ist ein deutlich geringeres Übel, als ohne Rad dort nun rumzustehen.