Wirklich ganz starkes Argument. Aber es fällt halt wahrscheinlich auch schwer, gewohnte Denkschemata zu verlassen.
Jede Suchmaschine wird dir tausende Verweise auf Blogs, Artikel oder Essays liefern, die sich der Frage annehmen und plausible Gründe dafür liefern, warum das amerikanische Schwergewicht dort steht, wo es gerade steht. Das lässt sich, wie erwähnt, nicht in einem Beitrag abhandeln.
Fakt ist, dass in der 'glorreichen Zeit' die Osteuropäer im internationalen Boxen gar nicht vertreten waren. Nun sind sie es, und deshalb sehen wir diesen urplötzlichen 'Substanzverlust' der Amerikaner.
Naja, besonders furchterregende Substanz liefern die Osteuropäer nunmal auch nicht. Wenn man von den Klitschkos absieht. Die üblichen Verdächtigen (Chagaev, Valuev) sind Protegés ihrer Ställe, Ibragimov ist Boxgeschichte, der weiße Wolf von der Bildfläche verschwunden, Dimitrenko exposed, Boytsov und Ustinov noch ungetestet, Bidenko vernichtet, Oleg Platov inaktiv. Allesamt Leute, die für nicht-europäische Pendants absolut schlagbar sind.
Das Schwergewicht ist letztlich heterogener geworden; das sieht man auch daran, dass die vielversprechenden osteuropäischen Boxer - also Povetkin und Adamek - bei amerikanischen Trainern lernen. Von Blockdenken halte ich in der Frage, ganz davon abgesehen,
überhaupt nichts. Sympathie und Antipathie entscheiden sich ebenso wenig wie Herz und Klasse an der Herkunft des Sportlers.
oder weil sie vielleicht auch ganz gute Boxer sind?
Das bezweifeln hier wohl selbst die Hater nicht.
Du meinst jenen Arreola, der nach seinem Kampf gegen Vitali so bitterlich geweint hat?
Ja, der vor Enttäuschung weinende Arreola wurde von HBO aufgebaut, weil er (1) einen publikumswirksamen Stiefel boxt, und (2) ein netter und aufregender Kerl ist.
Nein, was die jetzige Schwergewichtsära angeht, so sind die Klitschkos so dominant, wie vor ihnen kaum irgendwer.(Vom Rekord her am ehesten Joe Louis, aber zumindest bei W.Klitschko wird der Rekord sich vermutlich noch um einiges verlängern, er ist ja erst 34). Und was den Rest des derzeitigen Schwergewichts angeht, so sind Quervergleiche zu vergangenen Epochen ja eigentlich nicht möglich, sie sind eben mythical...
Tja, die entscheidende Frage ist nunmal ungeklärt, und die wird sich auch nie klären lassen: Sind die Klitschkos so dominant, weil sie so gut sind oder weil das Mitbewerberfeld so schwach ist? Die Wahrheit liegt bekanntlich irgendwo in der Mitte. Es gibt für mich klar ersichtliche qualitative Unterschiede zwischen den Boxern der "goldenen Zeiten" und denen, die heute in Titelnähe auftauchen und wieder verschwinden. Das geht ja nicht nur mir so, sondern ist, was meine Erfahrung angeht, intersubjektiv 'bestätigt'. Und es gibt natürlich einen qualitativen Unterschied zwischen dem Klitschko der Sanders-Zeit und dem heutigen Dominator. Dass einige Gegner der Klitschkos z.T. einfach richtiggehend schwach sind (etwa Rahman, Austin), kann man den Brüdern unmöglich anlasten (andere, wie Sosnowski wiederum schon, aber solche 'Bauernopfer' finden sich auch im Rekord anderer Größen). Aber es ist umgekehrt ebenfalls kein Verbrechen, wenn man die Performance und die grundständige Leistungsfähigkeit dieser Leute in argen Zweifel zieht.
Wenn man schon einen Quervergleich bemühen will, dann vielleicht den über uns Axel Schulz. Der hat ja bekanntermaßen den späten George Foreman eigentlich besiegt und damit einen der Heroen der 'glorreichen' Zeit; wurde dann allerdings wiederum später
vom ca. 7Klassigen Brian Minto vernichtend geschlagen, dieser dann wiederum vom Bielefelder Cruiserchamp 'uns Marco'. Also wären dann die Heroen der damaligen Zeit ungefähr auf dem Niveau des heutigen Cruisergewichts,
aber wie gesagt: Quervergleiche sind eigentlich für den Eimer oder eben 'mythical'. Das Beispiel habe ich übrigens nicht desdawegen gewählt, weil ich den Extrainer von Marco Huck persönlich kenne.
Ja, also wäre Marco Huck an einem sehr guten Tag sogar besser als Ali, denn Foreman > Frazier und der zumindest einmal > Ali. Interessante Beweisführung.
Ich halte von Mythical Matchups übrigens fast gar nichts, weil es zu niemals endender Erbsenzählerei führt, in der sich die Fraktionen durch das Anführen und Aufwiegen verschiedener Attribute und Eigenschaften ("Argumente") gegenseitig zu übertölpeln versuchen, um die Überlegenheit ihres Idols zu beweisen - das tatsächliche Geschick der Kämpfer hängt jedoch von wahnsinnig vielen Faktoren ab, die man nunmal nicht über ein bloßes "Tale of the Tape" einfangen kann. Das sind nette Spielereien ohne jegliche Aussagekraft. Ich kann im Grunde nur eine bloße Tendenz angeben, die mein Gegenüber durch eine willkürliche Konfiguration von Attributen genauso leicht widerlegen kann.
Aber schauen wir der Realität ins Auge: wenn der letzte Mohikaner der Amis(Briggs) sein Fett weg haben wird, dann ist weit und breit niemand mehr in Sicht, der den Klitschkos überhaupt einen fight auf Augenhöhe liefern könnte
Von Leuten wie Briggs und Sosnowski weiß man schon im Vorfeld, dass sie keinen Kampf auf Augenhöhe liefern werden. Es gibt, außerhalb Deutschlands freilich und vor allem in den Staaten, einen erfrischend kritischen - und selbstkritischen - Kommentar zu den Geschehnissen in der Szene; der berührt auch die Gegnerwahl von Vitali Klitschko. Das wäre für dich sicherlich eine spannende Lektüre. Dann würdest du Briggs auch nicht als "letzten Mohikaner" bezeichnen.
Ich für mein Teil würde mir dann als Gegner für die Klitschkos Leute aus dem K1 wünschen, die entweder durch ihre schiere Größe(Schilt, HongManChoi), oder auch durch ihren spektakulären Kampfstil(Bob Sapp mit wenigstens einer spannenden Runde) zumindest für Unterhaltung sorgen, auch wenn sie vielleicht auf lange Sicht gegen die Klitschkos boxerisch eher wenig ausrichten können.
Du wünschst dir also Gegner, die mit dem Boxen ungefähr soviel zu tun haben wie Klitschko mit den Fußballclubs, deren Trikots er zu Werbezwecken gerne spazieren führt? Aha.
Ich persönlich habe aber auch kein Problem damit, wenn die Klitschkos in ihrer verbleibenden Zeit jetzt noch reihenweise irgendwelche 'last hopes' der Amis aus dem Weg räumen, vorausgesetzt, dass sie das in einigermaßen spektakulärer Art und Weise tun; schaun wir einfach mal, was die nächsten Kämpfe so bringen.
Die "last hope
der Amis" gibt es aber gar nicht.