Das "einfach" würde ich da aber mal ganz klar und weit ausklammern.
Klitschko
konnte viel, kennt aber mittlerweile eigentlich nurnoch 3 Schläge.
- Jab
- rechter Cross
- linker Haken
Klitschkos Kampf steht und fällt eigentlich mit dem Jab. Den rechten Cross bringt er eigentlich fast nur, wenn er vorher mit dem Jab angeboxt hat. Irgendwas wie Fintieren, zum Körper gehen ... oder so ... das bringt Klitschko nicht wirklich. Seine jüngeren Versuche wie zu alten Zeiten einen Aufwärtshaken ins Ziel zu bringen, waren gegen Jennings nicht gerade erfolgreich.
Wenn er den Jab bringen will, dann muss er vor allen Dingen wieder mehr Initiative übernehmen, was die Kontrolle der Distanz angeht. Das hat er in vielen Jahren in den meisten Kämpfen gehabt, auch bei problematischen Gegnern ... entweder weil er größer war (Haye), oder auch weil seine Beinarbeit einfach besser war obwohl seine Reichweite nicht überlegen war (Rahman, Thompson, Pulev, Wach etc.).
Gegen Fury war Klitschkos Timing einfach schwach. Die Distanz effektiv verkürzen und zum richtigen Zeitpunkt die Aktion bringen ... das hat gegen Pulev noch gut geklappt ... doch Fury war im Prinzip weitaus defensiver als Pulev. Ich erwarte nun nicht, dass Klitschko ein Timing zeigen könnte wie z.B. ein gealterter Tarver gegen Clinton Woods ... aber Klitschko wirkte schon ziemlich uninspiriert und ideenlos. Eine Mischung aus mangelnder Aggresivität und Furcht vor Furys Schlägen bewirkte dann vielleicht auch, dass Klitschko es kaum "versuchte", weil er bei Fury nicht die Lücken sah, wie bei Pulev.
Die Rechte ins Leere schlagen bringt Klitschko nicht viel ... er muss sehen dass er in Sachen "ring generalship" besser aussieht, als im ersten Kampf gegen Fury ... da hat er nämlich total abgestunken.
"Einfach" ist das alles nicht, denn wie gesagt, Klitschko bringt seine Rechte fast nur, wenn er sie mit dem Jab vorbereitet ... und/oder wenn er sich relativ sicher ist, dass er sich keinen Konter einfängt.
Bei dem linken Haken ist das nochmal deutlicher. Den bringt Klitschko wirklich nur, wenn er sich sicher fühlt ... oder wenn er - wie gegen Fury - verzweifelt ist.
Klitschko wird beim Kampf mit Fury gerne mangelnde Aggresivität/Initiative vorgeworfen. Erst die letzten beiden Runden hat er wirklich aufs Pedal getreten ... mehr oder weniger die "Flucht nach vorne".
Die 12te Runde hat Klitschko gewonnen ... bzw. Fury hat sie mehr oder weniger abgeschenkt und die Sache laufen lassen, in dem Vetrauen, dass es auf jene Runde nicht mehr ankäme.
Die 11te Runde hingegen ... da hat Klitschko einige Hände von Fury einstecken müssen. Klitschko wurde aktiver und Fury antwortete darauf mit mehreren guten Treffern.
Die 11te Runde gibt eine gute Antwort darauf, dass Klitschko Fury nicht einfach knacken kann, indem er mehr macht. Er braucht auf mehr Fragen passende Antworten ... z.B. auch auf Furys Auslagenwechsel. Trotz aller Vorbereitungen wirkte Klitschko auch damit überfordert.
Fakt ist, denke ich, auch, dass Klitschko in der Nahdistanz mehr Ideen braucht als einen Clinch anzugehen bzw. anzunehmen.
Wie schonmal woanders erwähnt, hat mich die ganze Nummer an Klitschko vs Povetkin erinnert. Der eine zieht stumpft sein 0815-Rezept durch und hat keine Idee, was er mit dem die Distanz kontrollierenden Gegner anfangen soll. Der andere boxt locker seinen Stiegel aus der Distanz runter und freut sich, dass er den Infight durch Klammern verhindern kann.
Povetkin keinen Plan in der Nahdistanz ... da hatten sich Haye, Thompson und Pulew mehr überlegt.
Klitschko war ebenso planlos. Jab, Rechte, Clinch .... oder Jab und Clinch ... oder gleich Clinch.
Klitschko hat nie versuch mit einer freien Hand zu agieren. Fury hat sich gefreut, er brauchte im Prinzip garnichts machen ... er brauchte den Infight nicht unterbinden, Klitschko hatte hierzu keinerlei Ambitionen. Fury konnte sich auf den Kampf auf Distanz konzentrieren und spielte hier seine Vorteile aus ... so wie Klitschko gegen Povetkin.
Fury hat Klitschko mit seinen eigenen Waffen geschlagen und Klitschko war genauso einfallslos wie viele seiner Gegner, die ihm mehr oder weniger im Ring hinterhergetrottet sind, selbst wenn sie noch so talentiert galten (nochmal mit dem Finger auf Povetkin gezeigt).
Wenn Klitschko gegen Fury gewinnen will, dann braucht er im Grunde genommen ein Mittel, um sich selbst zu besiegen.
Im Kampf gegen Fury hat Klitschko dies nicht unter Beweis stellen können. In seiner einstiegen Domäne (Distanzkontrolle, Beinarbeit) hat ihn Fury vor einige Probleme gestellt.