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Gast_481
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¡Qué viva España! durfte man nach den letzten Turnieren häufiger hören. Sowohl die letzten beiden Europameisterschaften, wie auch die letzte Weltmeisterschaft gingen an die Furia Roja! Das gab es vorher noch nie. Auch in Brasilien wir der Titelverteidiger unter den Topfavoriten zu finden sein. Es stellt sich die Frage, ob das Team es tatsächlich schaffen kann, vier Titel nacheinander zu holen und die erste europäische Mannschaft wird, welche in Südamerika den Titel holen kann.
Die Qualifikation für das WM-Turnier verlief mehr oder weniger ohne grössere Probleme. Man war in der einzigen 5er-Qualifikationgruppe Europas, zusammen mit Frankreich und den deutlich schwächeren Finnen, Georgiern und Weissrussen. Im Heimspiel gegen Frankreich hat man gepatzt, da man längere Zeit die Führung nicht ausbauen konnte und in der Nachspielzeit den Ausgleich durch Giroud kassiert hat. Das Auswärtsspiel gegen den direkten Konkurrenten um Platz 1 hat man allerdings gewonnen. Gegen Finnland gab es zu Hause auch noch ein 1-1. Die restlichen Spiele konnte man gewinnen. Da Frankreich auch nicht alle Hausaufgaben gemacht hat, konnte man sich ohne grössere Mühe den ersten Platz und die direkte Qualifikation sichern.
Die Qualifikation war so nicht ein wirklicher Gradmesser für die Form der Spanier. Der Confederations-Cup, wo man gegen Uruguay, Italien und Brasilien ran musste (das 10-0 gegeh Tahiti und das 3-0 gegen Nigeria jetzt mal ausgeblendet) schon eher. Gegen Uruguay gab es noch einen guten 2-1 Sieg, gegen Italien benötigte es wieder einmal ein Elfmeterschiessen nach einem 0-0 und im Finale ging man gegen Brasilien sang- und klanglos mit 0-3 unter. Es war die erste Pflichtspielniederlage der Spanier, seit dem 0-1 gegen die Schweiz im Auftaktspiel zur letzten WM. Es schien so, als seien die Spanier satt und als ob man ein Gegenmittel gegen ihre Taktik gefunden hätte.
Doch lassen wir die Kirche im Dorf. Man muss sowohl sehen, dass Spanien beispielsweise in den Elfmeterschiessen gegen Italien '08 und gegen Portugal '12 auch ausscheiden hätte können, ebenso in den knappen Spielen an der WM '10 (eigentlich alle KO-Spiele). Genauso hat man am letzten Confed-Cup gegen die USA verloren und das WM-Auftaktspiel gegen die Schweiz noch dazu und wurde trotzdem Weltmeister. Da darf man eine Niederlage gegen ein Weltklasse Team wie Brasilien, welches hochmotiviert vor eigenen Fans spielt, auch mal verzeihen. Wenn es um den wichtigeren Titel geht, also die WM, dann wird sicherlich mehr von den Spaniern kommen.
Tatsache ist aber, dass bei den Spaniern in den letzten Jahren trotz aller Qualität einiges zusammenkommen musste, damit man die drei Titel realisieren konnte. Eine funktioniertende Taktik, ein eingespieltes und harmonisches Team (Fehden zwischen Real und Barca lassen grüssen) und auch das nötige Quentchen Glück. In Brasilien könnten dabei zwei Faktoren eine entscheidende Rolle spielen. Das Mannschaftsgefüge, welches durch Mourinho bei Real wieder etwas aus den Fugen geraten ist (dazu später mehr) und die Tatsache, dass einige der Spieler nach drei Titeln vermutlich etwas satt geworden sind.
Spieler wie Xavi, Iniesta, Casillas, Sergio Ramos, Xabi Alonso oder David Silva waren an den letzten drei Turnieren immer dabei. Sie haben die drei Titel geholt, dazu auch zahlreiche Trophäen auf Vereinsebene (besonders die Leute von Barcelona). Es wird wichtig sein zwischen diesen Hochkarätern und jüngeren hungrigen Spielern, welche nicht all diese Turniere mitgemacht haben, eine gesunde Mischung zu finden, sonst wird man was die Motivation betrifft den Mannschaften aus Deutschland, Brasilien, Italien, den Niederlanden etc. hinterherhinken. Während der letzten drei Turniere ist man diesen Weg schon einigermassen gegangen.
EM Finale '08
WM Finale '10
EM Finale '12
Wie man sieht wurden immer wieder Anpassungen vorgenommen. Oft auch verletzungsbedingt. Dieser Feinschliff ermöglichte den Spaniern aber so lange so erfolgreich zu sein. Der harte Kern blieb aber immer bestehen und wird auch jetzt an die WM fahren. Es wäre auch nicht sinnvoll diese Leute jetzt aussen vor zu lassen, aber die Mischung muss stimmen. Und gerade Spanien hat das Material dazu. Es gibt vermutlich keine Nationalmannschaft die so viele Leute mit einer so grossen Qualität hat, wie die Spanier. Um dies zu belegen muss man sich nur den Fall Mikel Arteta ansehen, welcher bei Arsenal, einem PL-Top 5 Team und CL-Dauerteilnehmer, unverzichtbar ist und bei Spanien nicht einmal in erweiterten Kader zu finden. Betrachtet man dann die Konkurrenz auf seiner Position, kann man dabei nicht mal von einer falschen Entscheidung sprechen. Mischt man den Kern der letzten drei Turniere mit Spielern wie Mata, Santi Cazorla, Javi Martinez etc., dann entsteht eine Truppe, die nicht weniger stark ist als die bisherigen Mannschaften, dazu aber vielleicht noch etwas mehr Biss entwickeln kann.
Sehen wir uns die Positionen im einzelnen an.
Tor: Hier hat Mourinho schaden angerichtet, indem er bei seinem letzten Real-Jahr Casillas aussortiert hat. Das wäre weniger ein Problem, wenn Nachfolger Ancelotti den Spass nicht fortgesetzt hätte. Casillas spielt in der Champions League und dem Pokal, in der Liga steht aber Diego Lopez im Tor. Der Captain der Nationalmannschaft ist dadurch nicht mehr unumstritten. In den letzten Spielen haben er, Valdez und Reina sich abgewechselt. Hier wäre es wichtig, wenn Del Bosque eine Lösung finden würde, damit sich das Team einspielen kann. Das sinnvollste wäre vermutlich Valdez spielen zu lassen, da dieser momentan in Hochform ist und ausserdem eben ein frischer Mann wäre, der bisher nur von der Bank zusehen konnte, wenn Turniere gewonnen wurden. Da Mourinho in seiner Zeit bei Real die Fehde mit Barca wieder voll hat aufleben lassen, könnte es aber zu Unstimmigkeiten in der Mannschaft kommen, falls eine Institution wie Casillas plötzlich nur noch auf der Ersatzbank ist. Rein sportlich müsste eigentlich auch Diego Lopez in Frage kommen, allerdings wären zwei Torhüter von Real vermutlich zuviel des Guten. Als Nummer 3 wird voraussichtlich Reina mitfahren, da er mit Neapel eine gute Saison spielt und zudem auch für die Stimmung im Team wichtig ist, als Ansprechpartner für die jüngeren Spieler etc. Alternativ könnte auch De Gea von Manchester United mitfahren. In einigen Jahren soll er ja mal die aktuellen drei Leute ablösen und es wäre gut für ihn schon bisschen Turnierluft zu schnuppern. Aber leistungstechnisch konnte er bei United noch nicht an seine Leistungen aus der Zeit bei Atletico anknüpfen. Die Talfahrt von United ist diesbezüglich natürlich auch nicht hilfreich.
Abwehr: Ramos und Piqué sind noch nicht wirklich in der Topform von vor 2 Jahren, dürften aber dennoch gesetzt sein. Arbeloa auf rechts war in den letzten Jahren bestenfalls solide, doch mit Azpilicueta von Chelsea und Juanfran von Atletico verfügt man über sehr gute Alternativen. Links sind Jordi Alba, Nacho Monreal und Alberto Moreno von Sevilla Optionen. Zentral werden Albiol, der bei Neapel wieder regelmässig spielt, Bartra von Barcelona und Inigo Martinez von Sociedad potenzielle Back-Ups. Auch Nacho Fernandez von Real ist eine Möglichkeit. Fraglich ist ob Puyol zurückkommt.
Mittelfeld: Neben den üblichen Verdächtigen um Xavi, Alonso, Iniesta, Fabregas und Silva streiten sich um die verbleibenden Plätze noch Navas (dürfte auf dem Flügel aber zumindest im Kader gesetzt sein), Mata, Santi Cazorla, Javi Martinez, Thiago Alcantara, Javi Rodriguez, Isco, Michu, sowie Koke und Mario Suarez von Atletico. Wichtig wird hier sein, den Fokus nicht zu stark auf das Zentrum zu legen, da das eines der grössten Probleme 2012 war. Besonders in den Spielen gegen Italien (das 1-1) und Kroatien standen sich die Spieler beinahe auf den Füssen herum, speziell auch als die "False 9" gespielt wurde und statt eines Stürmers ein zusätzlicher zentraler Spieler auf dem Feld stand.
Sturm: Hier kommt es extrem darauf an, wie Del Bosque spielen möchte. Je nach dem ob mit oder ohne ehten Stürmer gespielt wird, bieten sich unterschiedliche Varianten an. Pedro kann auf Aussen spielen, ebenso Tello. Villa kann sowohl Aussen wie auch zentral spielen, ist aber nicht mehr auf dem Level von '08/'10. Vereinskumpel Costa wäre da eine Option, aber ob er jetzt für Spanien oder Brasilien spielt steht noch in den Sternen. Torres spielt mittlerweile selber eine Art False 9, läuft viel, schafft Räume, knipst aber nur wenig. Reine Mittelstürmer wären Negredo und Soldado. Falls man die Taktik umstellen möchte und einen Brecher mit hohen Bällen füttern, ist Llorente da.
Spieler die ebenfalls im weiteren Kreis sein könnten, sehr wahrscheinlich aber nicht nominiert werden: Borja Valero, Benat Etxaberria, Ander Herrera, Jese, Callejon, Muniain, Deulofeu,...
Del Bosque hat die Qual der Wahl. Zuviel Auswahl ist manchmal auch nicht gut. Das klingt ein wenig nach Jammern auf hohem Niveau...ist es auch. Denn für Spanien geht es nicht einfach nur darum die Gruppenspiele zu überstehen...sie sind einer der Titelfavoriten. Wenn es gegen die anderen Topfavoriten geht, werden Details und Nuancen entscheiden. Del Bosque muss Psychologe und Stratege sein, um zu sehen welche Mischung die beste ist, welche Taktik funktioniert, welche Spieler dafür qualitativ in Frage kommen, wessen Erfahrung wichtig ist, wer zu satt ist und wer Stunk machen könnte. Man eröffnet das Turnier gleich mit einem Revival des letztmaligen Finals gegen die Niederlande. Das wird kein leichtes Spiel. Patzt man da, könnte man bereits im Achtelfinale auf Brasilien treffen. Auch Gruppengegner Chile darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Es wird kein leichter Weg für die Spanier. Sie sind nach wie vor Top3 oder Top4 unter den Favoriten. Sie werden meiner Meinung nach auch weit kommen. Für eine Titelverteidigung wird es aber vermutlich nicht reichen. Meine Prognose: Halbfinale.
http://mephmanjo-mylifewithfootball.blogspot.ch/2014/02/wm-vorschau-spanien.html