Ich sehe überhaupt kein Problem in der kurzen Matchzeit. Mein Fokus liegt dabei allerdings auch eher beim Storytelling und Character-Building. Vor allem in den Weeklys. Ein kurzes Match kann dir dabei häufig viel mehr bringen, als ein langes Match. Vor allem sind dann längere Matches auch nochmal etwas Besonderes. Dabei sei auch angemerkt, dass genau diese kurzen Matches NXT eine lange Zeit ausmachten. Es ist noch nicht lange her, da hatte NXT als Show nur eine Stunde statt zwei Stunden Air Time. Teilweise hatte man bis zu vier, manchmal gar fünf Matches in dieser kurzen Zeit eingebaut. Ich habe mir jetzt einfach mal ein paar Beispiele aus der Vergangenheit genommen (aus einer immer noch hoch gelobten NXT-Zeit). Dabei habe ich zufällig einen Zeitraum mit der Dusty Rhodes Classic 2016 genommen.
NXT #218 - 1. Match 7:20; 2. Match 2:55; 3. Match 5:13; 4. Match 1:03
NXT #219 - 1. Match 4:14; 2. Match 1:47; 3. Match 1:41; 4. Match 1:40; 5. Match 9:07
NXT #220 (alle Matches waren für das Dusty Rhodes Classic 2016 Turnier) - 1. Match 8:07; 2. Match Nichtantritt 0:00; 3. Match 7:16; 4. Match 9:45
NXT #221 - 1. Match 10:26; 2. Match 5:42; 3. Match 3:13
NXT #222 - 1. Match 2:12; 2. Match 2:35 3. Match 13.11
Bei der letzten NXT-Ausgabe hatte aus meiner Sicht jedes Match einen Sinn, sei es nun für das Storytelling oder für den Aufbau eines Charakters. Am Ehesten kann man da sogar noch das Titelmatch kritisieren, da dies durch die Verletzung von Samoa Joe aus dem Nichts vom #1 Contender Match zum Titelmatch erklärt wurde. Bei den Teilnehmern kann und muss man in meinen Augen wiederum sowohl die Teilnahme von Wagner (wirkte, wie von mir schon geschrieben, generell sehr unbeholfen) und von Knight (nach der Niederlage gegen Grimes hatte er aus meiner Sicht hier nichts verloren, erst Recht nicht nach der Niederlage im Opener, aber zuvor fand ich ihn schon fragwürdig). Wenn ich jetzt einen Vergleich zu AEW ziehe, muss ich allerdings sagen, dass ich deren #1 Contender Findung grottenschlecht finde. Einerseits hat man das Ranking, an dem man sich kaum hält, und in dem man teilweise aufsteigt, wenn man in einer der YouTube-Botch-Shows Jobber besiegt. Mir fällt da u.a. sofort das #1 Contendermatch zwischen PAC und Orange Cassidy ein. Beide hatten im gleichen Jahr zuvor aus der Erinnerung maximal einen Singles Sieg. Da läuft dann einfach auch etwas falsch, aber das ist wiederum mit AEW ein anderes Thema.
Ansonsten denke ich, dass die Overreaction bzw. die Kritik an der letzten NXT viel mit dem ungewohnten Design, den zuletzt angebrachten Gerüchten, der allgemeinen Unzufriedenheit mit der WWE und dem Verhalten vieler AEW-Fanboys im Netz zu tun hat. Ich würde der Folge wahrscheinlich eine 2- bis 3 geben. Solide Show mit ein paar Schwächen, aber auch guten Akzenten. Dafür größtenteils fast überall ein stringentes Weitererzählen der Stories und der Charaktere. Manche Entscheidungen werden sich erst in der Zukunft zeigen, ob diese sich als gute oder schlechte Entscheidung herausstellen (insb. der Titelgewinn von Ciampa). Generell hätte ich wahrscheinlich das Titelmatch weiter nach hinten verschoben, um diesen Match einerseits mehr Fokus zu geben. Dieser lag bei der Folge eindeutig bei der Hochzeit, eine der aktuell größten Storylines von NXT, die schon ewig aufgebaut wurde. Andererseits hätte man dieses Match auch viel besser aufbauen können, denn ja dieser Aufbau war in meinen Augen kaum bzw. zu wenig vorhanden.
Für mich war NXT immer das Produkt im WWE-Universum, das in erster Linie gutes Wrestling geboten hat. Wenn das weiterhin der Fall ist, habe ich mit den Änderungen kein Problem. Ich brauche auch nicht unbedingt Stars aus den Indies, es dürfen gerne auch eigene Talente sein. Mein Problem dürfte eher werden, dass Vince und ich so ganz unterschiedliche Ansichten darüber haben, was gutes Wrestling ist
Diese Ansichten variieren ja generell stark. Jeder wird da eine eigene Ansicht und Definition haben, was gutes Wrestling ausmacht und dazu gehört für mich eben nicht nur die In-Ring-Action, wo man sich drüber "streiten" kann, sondern generell der Aufbau einer Show oder der Fokus in der Erzählung.