Das „Problem“ liegt meiner Meinung nach weder im Trainer begründet, noch in den mangelnden Defensivkünsten von Gamboa. Auch braucht er keine sog. starke bzw. strenge Hand, davon hatte er in Kuba genug. Vielmehr stören die Ungeduld, das Getue und der hohe Erwartungsdruck seine Entwicklung. Nicht umsonst „verheizen“ die Kubaner am Anfang ihre guten Talente erst einmal, bevor sie diese an höhere Aufgaben heranführen.
Was Gamboa boxerisch benötigt ist nicht unbedingt die Doppeldeckung oder eine Verbesserung der Defensive. Gamboa weiß aus jahrelanger kubanischer Amateurschule, wie man Schläge blockt u.s.w. Vielmehr sollte er an seiner Boxtaktik feilen. Eine Spur von Maske oder Ottke täte ihm gut. Gamboas Schlagserien sind oft zu lang. Er ist ein Kämpfer, der von seiner Schnelligkeit, seinen Reflexen und seiner Explosivität lebt. Diese Stärken gebraucht er jedoch als Profi zu oft, was letztendlich zu Kraft- und Konditionsverlust führt und ihn verwundbar macht. Er sollte mehr auf Distanz bleiben, die Führhand einsetzen und Serien bzw. Angriffe mit Bedacht starten und vorbereiten. Wenn er sich auf diese Taktiken besinnt, sich mehr auf den Beinen bewegt, weniger auf einen vorzeitigen Sieg setzt, dann werden auch einige bestimmte Defensivlücken automatisch geschlossen. Das „Erlernen“ einer neuen Deckung bzw. starren „Doppeldeckung“ wäre für ihn sehr ungeeignet und würde ebf. zu Gegentreffern führen, da Gamboa für so einen Kampfstil nicht geschaffen ist bzw. eine längere Umstellungsphase benötigen wurde.
Allerdings: Gamboa war schon bei den Amateuren eher ein „boxerischer Hitzkopf“ und kein Taktiker wie beispielsweise Rigo oder Kindelan. In der Taktik und in der Einteilung eines Kampfes hat Gamboa wie gesagt seine Defizite, dazu einen Schuss zuviel an Selbstbewusstsein bzw. boxerischer Arroganz. Er vergisst manchmal, dass auch die Gegner boxen können. Zwar können ihm viele in Sachen Schnelligkeit nicht das Wasser reichen, aber es gibt immer ein Mittel um jemanden „ausschalten“ zu können. Gamboas letzter Gegner z.B. bereitete seine klarsten Wirkungstreffer manchmal gut vor. Einmal fintierte er zum Körper, ging dann zum Kopf und traf den Kubaner. Hier würde eine starre Doppeldeckung vermutlich genauso helfen wie entsprechende Beinarbeit oder das richtige Distanzboxen.
Fehlt jedoch die Kondition, die Kraft oder lässt die Konzentration nach, sind „Fäuste oben“ natürlich nicht verkehrt, keine Frage, allerdings liegen die Probleme meiner Meinung nach eher in der Boxtaktik, wie geschildert.