Hand aufs Herz, jeder der sich wie ich in seiner Jugendzeit mit den diversen Actionfilmen der Branche die Nächte um die Ohren geschlagen hat, der wird noch immer hoffen, dass der sympathischen Jean-Claude Van Damme noch einmal einen Treffer landet. Einst war er gemeinsam mit Stars wie Stallone, Schwarzenegger und Bruce Willis auf dem Thron des Genres, doch im Gegensatz zu diesen Vertretern, ist es mit ihm immer weiter bergab gegangen, bis er schließlich aus den Kinos verbannt wurde, und gemeinsam mit Wesley Snipes und Steven Seagal ein Direct-to-DVD Dasein fristete. Nun ist er endlich wieder zurück, aber sicher auf eine Art wie man es nie hätte vorhersagen können.
Jean-Claude Van Damme durchlebt nicht gerade die Zeit seines Lebens. Beruflich muss er sich durch dämliche Action-Schinken quälen, und privat hat er gerade den Sorgerechtsstreit um seine Tochter verloren. Seine Ex-Frau muss nur seine Filme ins Spiel bringen, um seine Qualitäten als Vater zu untergraben. Genervt kehrt er zurück in seine Heimat Brüssel, und will dort eigentlich nur etwas Geld von der Bank holen. Natürlich versuchen gerade in diesem Moment drei Gangster die Bank zu überfallen, und Van Damme landet bei den Geiseln. Doch die Gangster kennen den Star, und zwingen ihn vor der Polizei so zu tun, als wäre er der Bankräuber. Bald schon rücken die Medien und die Van Damme Fans an, um das Schauspiel zu beobachten…
Der Titel JCVD, der sich natürlich auf die Initialen seines Hauptdarstellers bezieht, ist hier wahrlich Programm. „The Muscles from Brussels“, wie Van Damme genannt wird, sind wieder zurück, doch nicht in einer weiteren, lieblosen Direct-to-DVD Produktion, sondern in einem “echten” Film, der nicht die Videotheken, sondern die Filmfestivals erobert. Wer konnte mit so etwas rechnen? Natürlich war Van Damme nie dafür berühmt ein guter Schauspieler zu sein, sondern musste immer nur seine physische Präsenz und sein Charisma einbringen, doch in JCVD darf er endlich zeigen was er kann. Und überraschenderweise kann der gute Mann wirklich verdammt viel.
Regisseur Mabrouk El Mechri erschafft dem Jugendheld zahlreicher Actionfans hier ein filmisches Denkmal, und erreicht vor allem eine wohltuende Balance zwischen einer herrlich bissigen Satire, einer heiteren Komödie, und einem selbstreferenziellen Drama, das gekonnt die Scheinwelt der Filmbranche hinterfragt. Dabei steht ein vom Schicksal gebeutelter Van Damme im Mittelpunkt, der den Panzer und die Unverwundbarkeit seiner Filmhelden ablegen muss, und zu einem richtigen Menschen wird.
Bereits die erste Szene des Films ist so herrlich, dass man einfach jedes negative Vorurteil gegenüber JCVD ablegen muss. In einer krachenden Actionszene hetzt sich unser alternder Star durch das Set und versucht eine ähnlich gute Figur wie früher zu machen. Doch das klappt natürlich nicht, und so ist der erste Baustein im Mosaik Van Damme eingefügt, das uns im Folgenden bei Laune halten wird. Herrlich auch die zahlreichen Anspielungen auf das Direct-to-DVD Leben Van Dammes, wie zum Beispiel die Enttäuschung darüber, dass ihm Steven Seagal eine Rolle weggeschnappt hat.
Das wirklich großartige an JCVD ist jedoch, dass es der Film schafft zwar einerseits ein wundervolles Denkmal für Van Damme zu errichten, aber andererseits auch sein Leben zu hinterfragen, und nicht nur einfach den ohnehin bekannten Star zu zeigen, sondern den Menschen hinter der Maske. Besonders eindringlich ist es, wenn Van Damme schließlich in einem langen Monolog, den er so unglaublich betörend vorträgt, sein ganzen Leben in Frage stellt, und sich der traurigen Angst stellt, dass er die Geiselnahme möglicherweise nicht überleben könnte.
Wer konnte wirklich damit rechnen, dass Van Damme noch in seinen späten Jahren einen solchen Richtungswechsel vollziehen würde? Während seine 80er Jahre Kollegen entdecken, dass man mit der knackigen Action längst vergangener Zeit wieder ein großes Publikum finden kann, versucht sich Van Damme nicht nur nicht an einem Comeback in diese Richtung, er stellt gleich zusätzlich noch sein gesamtes Werk in Frage, und gewährt dem Zuseher einen berührenden, unterhaltsamen und durchgehend überzeugenden Einblick in seine Persönlichkeit. Ganz nebenbei beweist er auch noch, dass tatsächlich ein beträchtliches schauspielerisches Talent in ihm schlummert, das nur noch niemand fördern wollte, weil man mit Van Damme am meisten Geld macht, wenn man ihn auf das bekannte Klischee reduziert. Mabrouk El Mechris Film ist somit in jeder Hinsicht ein kleines Wunder, das ich jedem ans Herz legen möchte.
Fazit:
JCVD ist ein unerwartet starker Film, in dem Jean-Claude Van Damme beweisen kann, dass er nicht nur aus Charisma und Muskeln besteht, sondern dass auch ein wirklich guter Schauspieler in ihm steckt. Mabrouk El Mechris Film gewährt einen Einblick in die Persönlichkeit Van Dammes, ohne dass sich dieser mit dem Panzer eines Filmhelden schützen könnte. JCVD ist dabei ein erfrischend amüsanter, aber auch zugleich berührender Film, in der ein Mann die Chance bekommt sein Leben zu hinterfragen, und gleichzeitig zu zeigen, dass er es immer noch drauf hat. Gespickt mit zahlreichen Referenzen auf die Filmindustrie und wirklich bemerkenswert arrangiert, ergibt JCVD einen absolut überzeugenden Film, den man einfach gesehen haben sollte.
Wertung:
8/10 Punkte
quelle: filmring.at