Zeit der Kannibalen (2014)
Deutsches Kammerspiel-Drama/Satire um drei komplett egomane Unternehmensberater. Kannte ich vorher nicht, lief bis gerade eben auf RBB. Besetzung: David Striesow, Katharina Schüttler und Sebastian Blomberg. Stark gefilmt in immer gleichen Hotelzimmern ein- und derselben Kette an den verschiedensten Orten der Welt, sehr schöne Charakterzeichnungen und -entwicklungen, tolle Dialogregie, echter Showdown am Ende - und vor allem wirklich grandios gespielt. Alle 3 Protagonisten haben die gleiche Präsenz und sind extremer Spiellaune, jede kleine Geste ist perfekt auf den Punkt. Man muss sich immer wieder wundern, wie ein Mann wie Striesow den vielleicht miesesten Tatortkommissar aller Zeiten geben konnte, wenn er doch so viel kann. Mein persönlicher Star des Films ist aber Blomberg, seine Leistung ist noch einen Tacken über den beiden anderen und wirklich großes Kino.
Ich bin schwer beeindruckt von dem Film, kam nichtmal dazu, mir dabei mal ne Kippe anzuzünden, weil er mich wirklich komplett vereinnahmte. Das gibt es bei deutschen Filmen nicht so oft. Für mich, ausgenommen vielleicht "Victoria", einer der beeindruckendsten deutschen Filme, die ich seit Jahren gesehen habe.
9/10 (und ich bin eher jemand, für den ein Film schon wirklich sehr gut sein muss, um eine 8 zu bekommen). Vielleicht rutscht er nach dem Abflachen der Euphorie nach dem "ersten mal" noch auf 8, aber die hat er für mich sicher. Danke dafür ans Ensemble und Regisseur Johannes Naber. Hatte noch nie einen seiner Filme gesehen (gibt auch nur 5) und die anderen interessieren mich thematisch auch nicht weiter. Auch Drehbuchautor Stefan Weigl hat jetzt mit "Soko Wismar" und "DIe Abenteuer des jungen Marco Polo" nicht unbedingt eine Vita, die ihn mich bookmarken lässt. Aber mit "Zeit der Kannibalen" ist ihnen wirklich ein kleines Meisterwerk gelungen. Hut ab.
