Ich kann keine belastbaren Indizien dafür erkennen, dass Jake Pauls bisherige Kämpfe geskriptet waren.
1. Glanzlose Punktsiege gegen den fast 40-jährigen und inaktiven Chavez Jr sowie gegen eine Ü60-Version von Mike Tyson sind absolut keine Überraschung für einen Mann Mitte 20, der sein Leben lang im Kampfsport (zB Ringen) aktiv war und nun schon seit einigen Jahren intensives und sehr diszipliniertes Boxtraining betreibt.
2. Es ist absolut undenkbar, dass der schwere KO gegen Woodley abgesprochen war.
3. Gegen Tommy Fury hat Jake Paul close but clear verloren, weil er einfach nicht an dessen Jab vorbeikam. Wenn die Kämpfe wirklich geskriptet sind, warum konnte man dann einen Tommy Fury, der keinerlei Einfluss im Boxsport hat, nicht dazu bewegen, eine Punktniederlage zu akzeptieren?
4. Gegen Joshua war Paul hauptsächlich auf das Überleben eingestellt: viel laufen, Kinn schützen, regelwidrig tief abducken bzw fallenlassen, wenn es in die Halbdistanz geht. Auch hier ist ein sechsründiger Kampf keinerlei Indiz für eine Absprache. Es ist schlicht und ergreifend schwer, jemanden auszuknocken, dessen Ziel es ist, nicht ausgeknockt zu werden. Zudem hat Paul kein schlechtes Kinn und auch keine allzu schlechte Defensive.
5. Die Manipulation eines professionellen Boxkampfes, wie es der heutige Kampf war, würde massive sportliche Sanktionen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, erst recht, wenn diese - wie oft behauptet - schriftlich im Kampfvertrag niedergeschrieben wäre. Eine geplante Manipulation zieht automatisch auffällige Tippmuster bei den Buchmachern nach sich, was sofort zu einer Untersuchung des Vorfalls führen würde. Zu glaube, man könnte sich dort einfach mit einem einstudierten Theaterstück mal eben schnell die Taschen vollmachen und dann ohne Konsequenzen wieder nach Hause gehen, entspricht nicht der Realität.
Hinter solchen Anschuldigungen steckt oft das Bedürfnis, für eine ungewöhnliche Entwicklung im Boxen eine einfach Erklärung zu haben, als eingestehen zu müssen, dass ein Youtuber mit viel Fleiß, Disziplin und Selbstvertrauen auf unterem Profiniveau ganz solide mithalten kann.