Wenn es um die Leistungen der Springer bei einem bestimmten Wettkampf geht, passt das aber auch gut in den Wettkampfthread - da findet man die Diskussion dann später ja auch leichter wieder, wenn man mal sucht.
Dann gehen wir doch ruhig mal ein bisschen ins Detail:
Karl Geiger hat einen Einzelwettkampf gewonnen und stand im Abschlussspringen auf dem Podest; er hat in der Gesamtwertung den zweiten Platz erreicht. Das ist in jedem Fall eine starke Leistung, noch mehr, da er ja durch den positiven Test vor ein paar Wochen mindestens aus dem Rhythmus gekommen ist und sein Trainingsprogramm wohl auch nicht wie ursprünglich geplant durchziehen konnte. Bei einem zweiten Platz in der Gesamtwertung schwingt eben trotzdem immer eine gewisse Restenttäuschung mit - das hat man bei ihm ja vor allem in Innsbruck auch deutlich gesehen - weil es eben das vierte Mal in den letzten sechs Jahren ist, dass ein DSV-Adler den zweiten Platz belegt. Aber klar, es wäre falsch, Geigers Leistung deshalb als schwach zu bewerten. Starke Leistung.
Markus Eisenbichler wurde vor der Tournee - ob nun berechtigt oder nicht - als einer der Favoriten gehandelt. Aber letzlich waren zu viele schwache Sprünge dabei, um vorn mitspielen zu können. Den ersten in Oberstdorf, der beinahe schon sämtliche Hoffnungen beendet hat, konnte er noch durch einen fulminanten zweiten Sprung ausgleichen. Aber spätestens in Bischofshofen ging der Sprung dann eben komplett daneben. In seiner direkten Art hat er ja dann im Eurosport-Interview selbst gesagt, für den "g'hört ihm eine nei g'hauen" (oder so ähnlich, ganz exakt hab' ich sein bayerisch unter der Maske nicht verstanden). Ich denke, da muss man nicht diskutieren; klar hätte er mehr erwartet und auch mehr draufgehabt. Natürlich darf man auch nicht nur auf die Gesamtplatzierung schauen, weil das von dem fehlenden Sprung in Bischofshofen noch ein bisschen verfälscht wird - aber auch in den ersten drei Wettkämpfen stand er nicht mehr auf dem Podest, das ist ein bisschen zu wenig für den Springer, der trotz der Tourneeergebnisse noch auf Platz 2 der Weltcup-Wertung liegt. Eher mäßige Leistung.
Severin Freund hat im Großen und Ganzen das gezeigt, was er auch im Vorfeld der Tournee im Weltcup gezeigt hat. Vor der Tournee war er in 7 Wettkämpfen viermal im Finale; bei der Tournee hat er es in 2 von 4 Wettkämpfen geschafft und in Bischofshofen sein drittbestes Saisonresultat erzielt. Insofern würde ich sagen, dass das durchaus eine passable Leistung war.
Für Martin Hamann war es die erste Tournee, die er voll durch gesprungen ist. Insofern ist übermäßige Kritik sicher fehl am Platz. Seine Ergebnisse waren eben recht wechselhaft: Zweimal ging es mit den Plätzen 43 und 37 wirklich daneben; in Garmisch und Innsbruck hat er aber mit den Plätzen 11 und 13 gezeigt was er kann und sein bestes Karriereresultat ausgerechnet beim traditionellen Neujahrsspringen eingestellt. Aus meiner Sicht war das durchaus eine sehr ordentliche Leistung, der leider noch nicht konstant bringt.
Pius Paschke ist aus meiner Sicht ein bisschen die Enttäuschung der Tournee. Neben Markus Eisenbichler war er vor der Tournee der einzige deutsche Springer, der bei jedem Wettkampf den zweiten Durchgang erreicht hat. Das Wochenende in Engelberg war das Beste seiner Karriere, er ist als Sechster der Weltcupgesamtwertung zur Tournee gereist. Sicher, das lag zum Teil auch an den österreichischen und polnischen Auslassern im Weltcup; aber dass er dann so untergeht, hätte ich nicht gedacht. Zweimal nicht im Finale, in Bischofshofen nur im Finale, weil sein Gegner Hamann noch schlechter gesprungen ist. Nein, Paschke kann mehr, deshalb war das für mich eine schwache Leistung.
Bei Constantin Schmid lief es ja bereits vor der Tournee schlechter als im letzten Jahr; und bei der Tournee ging es dann zunächst noch weiter bergab. Keine Finalteilnahme in Oberstdorf, Garmisch und Innsbruck - das hat er sich sicher auch selbst anders vorgestellt. Und wir haben ja nicht umsonst zeitweilig darüber diskutiert, ob man nicht Richard Freitag noch eine Chance geben sollte. Im Nachhinein war es - denke ich - gut, dass man es nicht getan hat; denn mit dem 18. Platz gab es für Constantin in Bischofshofen zumindest einen versöhnlichen Abschluss, und ich hoffe, dass er darauf wieder aufbauen kann. In der Gesamtsumme war es aber doch eine eher mäßige Leistung.
Ich finde, das zeigt schon, dass mindestens die Hälfte der deutschen Springer nicht so richtig zufrieden sein dürfte. Ich will ja die Springer auch nicht heruntermachen, sondern ich will damit eher sagen, dass sie mehr können. Da der Schulvergleich auf den letzten Seiten ja etwas populär geworden ist: Wenn ein Schüler eine 2 will, eine 3 draufhat und eine 4 schafft, dann werd' ich auch nicht hingehen und ihn dafür loben, dass es keine 5 geworden ist. Dann fühlt der sich verarscht.
Wo ich nicht zwingend mitgehe, ist die Frage nach dem Formaufbau. Der Formaufbau hat unserem Team immerhin auch Gold, Silber und Bronze bei der Skiflug-WM eingebracht - und ein weiteres Großereignis steht ja in anderthalb Monaten noch an. Abschließend lässt sich diese Frage daher erst gegen Saisonende wirklich klären.