Ich verstehe nicht, dass man entweder/oder haben muss? Letztes Jahr hatten wir Sokratis mit seinen spielerischen und taktischen Nachteilen. Dieses Jahr haben wir Akanji, der einfach nicht so stark im Zweikampf ist, dafür beidfüßig und mit kühlerem Kopf gesegnet. Und.. ich finde es grundsätzlich gut, dass wir spielerisch starke IVs haben.
Aber die Daten zeigen halt, dass unsere IV ziemlich zweikampfschwach ist. Wenn Akanji und Diallo (oder Weigl) starten, dann sind das #45/61 und #60 im Ranking nach Zweikampfstärke. IVs haben generell die höchsten Werte und dann ist das extrem schwach. Geht man davon aus, dass fünf Spieler (4 Verteidiger und ein DMF) für gewonnene Zweikämpfe verantwortlich sind, dann rangieren unsere IVs halt auf Position 45 und 60 von 90!
Schauen wir in die nächste Saison ist Zagadou ist der einzige, der jemals Zweikampfwerte wie Hummels, Boateng oder Süle erreichen wird. So sehr man Sokratis kritisiert hat, hat er immerhin die wichtigen Zweikämpfe gewonnen. Und Toprak kann grundsätzlich auch 65%-70% seiner Zweikämpfe gewinnen, aber Favre lässt dennoch die anderen spielen.
Also: Akanji und Diallo müssen insbesondere an ihrem Zweikampfverhalten arbeiten um internationale Klasse zu werden. Und Zagadou muss damit klarkommen, dass der Gegner ihn momentan noch einfach scouten kann und einen Gameplan erstellt, bei dem Zagadou dann ins Schwimmen gerät (und er wird beim Thema Speed nicht über Hummels-Niveau hinauskommen).
Ich habe hier dennoch mehrmals geschrieben, dass ich die Käufe gut fand und ich auch nicht erwarte, dass sich an der Front irgendwas tut. Aber es ist eine aktuelle Schwachstelle im Kader und das war hier im Forum vorher eigentlich nur bei Diallo ein Thema. Nicht bei Akanji. Daher wollte ich mal darauf hinweisen, dass wir einen fundamentalen Nachteil in der Aufstellung gegenüber Bayern oder anderen guten Clubs haben.
Zweikampfwerte sind aber auch mit Vorsicht zu genießen. Beispiel Mertesacker: Der war in dieser Statistik über viele Jahre führend in Europa weil er (in Kombination mit der Stärke in der Luft) auch ein Zweikampfverweigerer (!) war. Seine Defensivtaktik bestand dann eher aus "Gegner stellen, Tempo rausnehmen, auf Unterstützung der Kollegen warten". Das ist auf keinen Fall als Vorwurf gegenüber Mertesacker gedacht. Er war nunmal nicht sehr schnell oder beweglich und wusste auch, dass er nicht mehr eingreifen kann wenn sein erster Versuch der Balleroberung scheitert. Aber er war in dieser Hinsicht auffallend passiv. Dadurch hat er nur selten gefoult und nur ganz selten gelbe Karten gesehen. Andererseits hat er aber auch den Gegner häufig einige Sekunden Zeit am Ball erlaubt wodurch dann der nächste Pass sauber zum Stürmerkollegen gespielt werden konnte.
Der Gegensatz wäre "Hero oder Kamikaze Verteidigung" (Mir fällt kein besserer Begriff ein). Kyriakos Papadopolous wäre hier ein Musterbeispiel. Sobald Ball und Gegner in der Nähe sind, fegt er wie ein Verrückter in den Zweikampf. Er hatte durch seine Aggressivität und die Power auch eine bärenstarke Quote. Aber er grätschte eben auch häufiger am Ball vorbei oder verschätzte sich. Die gescheiterten Tacklings führen einerseits zu Fouls oder auch zu großen Räumen (und Torchancen) für den gegnerischen Stürmer. Auch sein griechischer Kollege Sokratis fällt wohl eher in diese Kategorie (wenngleich mit mehr individueller Qualität und nicht so extrem umgestüm).
Ich glaube sowohl Mertesacker als auch Papadopolous waren zeitweise führend in der Bundesliga Zweikampfquote und dennoch könnten sie kaum unterschiedlicher sein. Aus meiner Sicht benötigt man sehr viele Details um mit diesen Daten argumentieren zu können. Nicht nur die Quote sondern auch auch die Anzahl der Zweikämpfe. Trennung zwischen Zweikämpfen in der Luft und am Boden. In welchem Bereich auf dem Feld und in welchen Situationen die Zweikämpfe geführt werden. (Strafraumverteidigung im Getümmel oder als letzter Mann beim Konter). Die Anzahl der Zweikämpfe pro Minute. Wie häufig der Spieler ausgedribbelt und überlaufen wird. Wieviel Zeit er seinen Gegenspielern am Ball lässt und in welchen Situationen.
Die Teams können heutzutage natürlich auch auf viele solcher Daten zugreifen wobei man eigentlich dann auch eine qualitative Analyse vornehmen muss. Auch die eigene Defensivtaktik sowie die Überlegungen des Gegners spielen eine Rolle.
Hatte Mascherano bei Barcelona soviele Kopfballduelle weil seine Trainer das forderten? Nein, weil die Gegner diese Schwäche natürlich gezielt ausnutzen wollten.
Bei Barca vs Atletico: Da will Atletico die Kopfballduelle zwischen Costa und Mascherano provozieren und bei der Kopfballverlängerung das Laufduell zwischen Pique und Griezman. Das bedeutet nicht beide Innenverteidiger eines Teams sind über eine Saison hinweg mit den gleichen Aufgaben konfrontiert.
Man sieht das auch bei Leipzig manchmal beim Doppelsturm Poulsen und Werner. Da macht sich das Trainerteam im Vorfeld natürlich Gedanken gegen welche Innenverteidiger welche Stärke gefragt ist. Das ist dann in der Bundesliga wohl auch manchmal so herrlich einfach wie in der Kreisliga.
Was ich eigentlich sagen wollte:
Ich habe dieses Jahr nicht viele Spiele von Dortmund gesehen und kann daher nicht im Detail über die Stärken und Schwächen sprechen. Aber ich finde es schon sehr schwierig wenn man nur anhand der Zweikampfquote argumentiert